Dampf lässt Benziner sparsamer laufen
Eine Effizienzsteigerung bis 15 % bzw. 1,5 l/100 km ist realisierbar.
Wissenschaftler und Ingenieure im Forschungs- und Innovationszentrum (FIZ) von BMW an der Schleißheimer Straße in München arbeiten an einer „Dampfmaschine“. Sie ist kein Museumsstück aus alten Zeiten, sondern ein Hightech-Antrieb für Automotore der Zukunft. Zumindest ist das die Idee, die hinter ihrer Entwicklung steckt: Die „Turbosteamer“ genannte Entwicklung soll als Hilfsantrieb den Verbrennungsmotor unterstützen. Die Energie dafür bezieht er aus der Abwärme des Motors, die heute ungenutzt verpufft.
Die Idee hat Pfiff: Die Verbrennungskraftmaschinen heutiger Autos setzen bekanntlich nur einen geringen Anteil des zugeführten Kraftstoffs in Vortrieb um, der Wirkungsgrad vom Ottomotor beträgt etwa 35 % und der des Diesel 45 %.
Der Bestpunkt z. B. beim Benziner ist in der Regel erreicht, wenn der Motor mit voll geöffneter Drosselklappe und Drehzahlen im Bereich des höchsten Drehmomentes arbeitet. Der Rest der im Kraftstoff enthaltenen Energie geht überwiegend als Abwärme im Abgas und Kühlwasser verloren – jeweils etwa 30 %. Deshalb arbeitet ein moderner Ottomotor mit einem Wirkungsgrad von rund 35 %, aber „über 50 % sind möglich“, erklärte Prof. Dr.-Ing. habil. Raymond Freymann, Geschäftsführer der BMW Forschung und Technik GmbH, eine 100 %ige Tochter der BMW AG, die seit 2003 die Forschungsthemen der BMW Group verantwortet.
Die Forscher bei BMW wollen die Motorabwärme nutzen – und das funktioniert im Prinzip so: Wärmetauscher im Abgasstrang und im Kühlkreislauf nehmen die Energie auf und leiten sie zu einer Expansionsmaschine. Die setzt die Wärme in Drehmoment um und gibt sie an die Kurbelwelle des Verbrennungsmotors weiter.
Auf dem Prüfstand brachte nach fünfjähriger Arbeit die Kombination des neuartigen Assistenzantriebes mit einem 1,8-l-Vierzylindermotor (85 kW) bis zu 15 % weniger Verbrauch oder 10 kW mehr Leistung. Gleichzeitig seien bis zu 20 Nm mehr Drehmoment gemessen worden.
Der größte Hauptenergielieferant ist der Hochtemperaturkreis, der die Abstrahlwärme der Abgasanlage als Energiequelle nutzt. Dazu ist der Bereich nach dem Kat sowie der Schalldämpfer komplett von Wärmeüberträgern ummantelt, in den eine Hochdruckpumpe Wasser presst. Bei voll belastetem Motor und entsprechenden Abgastemperaturen erhitzt sich das Wasser im Dampferzeuger anschließend auf bis zu 550 oC.
Der Dampf strömt direkt in die Expansionsmaschine, die im Prinzip einem umgekehrten Klimakompressor entspricht. Statt Drehung über Hubkolben in Kompression zu übersetzen, wandelt sie den unter Druck stehenden Dampf in Rotation um. Durch diese Arbeit kühlt sich der Dampf auf unter 200 oC ab.
Die Restwärme geht zum größten Teil in einem nachgeschalteten Wärmetauscher an den zweiten Energielieferanten, den Niedertemperatur-Kreislauf. „In diesem Kreis zirkuliert Ethanol, angetrieben durch eine Pumpe, die knapp 3 bar Druck aufbaut. Restwärme des Hochtemperaturkreises und die Kühlwasserwärme erhitzen gemeinsam das Ethanol auf rund 105 oC“, erklärte Freymann.
Das Ethanol ströme dann ebenfalls zum Abgaswärmetauscher, allerdings zu dessen „kaltem“ Ende. Die Restwärme der verbrannten Gase reiche dennoch aus, um den Alkohol auf 150 oC zu erhitzen. Eine zweite Expansionsmaschine setze auch diese Energie in Drehmoment um. Mehr als 80 % der im Abgas enthaltenen Wärmeenergie können laut Freymann mit Hilfe des Turbosteamers zurückgewonnen werden.
Von einer Serieneinführung ist das Projekt freilich noch weit entfernt – „vielleicht zehn Jahre“, so Freymann. Immerhin habe das Forscherteam schon nachgewiesen, dass das komplette System ohne größere Umbauten in eine Limousine der 3er-Baureihe passt.
„Das Grenzpotenzial“, so die Forscher, „liegt bei Konstantfahrt von 120 km/h bei minus 20 % Kraftstoffverbrauch.“ Selbst bei einem Pkw, der heute auf 100 km durchschnittlich 7 l verbraucht, betrage die Einsparung dann rund 1,5 l Benzin. Das System lasse sich aber auch auf den Stadtverkehr optimieren. – Das ist fast schon Konkurrenz zum Hybridantrieb. Mit dem hatte vor zehn Jahren auch niemand gerechnet. P. WEIDENHAMMER/WOP
Wärmeenergie im Abgas kann zu mehr als 80 % zurückgewonnen werden
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