Das sind 5 spektakuläre Fakten zum neuen Gotthardtunnel
In einem Jahr ist es so weit: Am 11. Dezember 2016 nimmt der Schweizer Gotthardtunnel seinen Betrieb auf. Der längste Eisenbahntunnel der Welt ist 57 km lang und bildet eine neue Nord-Süd-Achse durch die Alpen. Und ein Blick ins Innere verrät: Er ist das Ergebnis ingenieurstechnischer Meisterleistungen. Das zeigen fünf besonders faszinierende Technikfakten.
17 Jahre ist es her, dass die Ingenieure in der Schweiz die erste Ladung Sprengstoff gezündet haben, um den gewaltigsten Eisbahntunnel der Welt zu bauen. Und in genau einem Jahr, am 11. Dezember 2016, wird der Tunnel mit dem Fahrplanwechsel der Schweizer Bahn seinen Regelbetrieb aufnehmen. Im Gegensatz zum historischen Gotthardtunnel haben die Ingenieure der Neuzeit in Talhöhe das Gotthardmassiv durchbohrt. Damit wollten sie einen Tunnel ohne Steigungen ermöglichen.
Die Folge ist allerdings, dass der Tunnel wegen seiner tiefen Lage durch 57 km Gestein gebaut werden musste. Beim historischen Gotthardtunnel genügten dagegen 15 km. Der neue Gotthard ist ein technisches Meisterwerk. Und verfügt über eine Menge Technik-Highlights.
1. Gigantische Tunnelbohrmaschinen kommen aus Deutschland
Wer oder was hat sich im Gotthardtunnel eigentlich durch die Alpen gefressen? Das haben 400 m lange Tunnelbohrer des deutschen Herstellers Herrenknecht erledigt. Die 4700-PS-starken Maschinen Herrenknecht S-210 und S-211, von den Ingenieuren liebevoll Sissi und Heidi genannt, haben seit 2003 Millionen Tonnen Gestein aus dem Berg gebrochen.
Vier Tunnelbohrmaschinen waren gleichzeitig im Einsatz, um Zeit zu sparen. Sie bohrten 85 Kilometer der Hauptröhren.
Die gigantischen Bohrköpfe wiegen 225 t, haben einen Durchmesser von 9,43 m und drehten sich mit 6 U/min – so schafften die Arbeiter 38 m pro Tag.
2. Durchbruch mit nur wenigen Millimetern Abweichung
Die Tunnelbohrer begannen 2003, sich durch das massive Gestein des Gotthard zu bohren. Der Durchbruch gelang der Bohrmaschine Sissi am 15. Oktober 2010 in der Oströhre – genau um 14.17 Uhr. Das Bild der Arbeiter ging damals um die Welt.
Der Durchbruch ist ein Paradebeispiel für die Präzision der Tunnelbauer und ihrer Maschinen: Beide Tunnelbohrmaschinen waren von der Sollachse horizontal nur um 4 mm und vertikal um 8 mm abgewichen. Eine ingenieurstechnische Meisterleistung.
Allerdings waren auch die Vermessungstechniker des ersten Gotthardtunnels auch nicht ohne: Sie arbeiteten 1872 bei der Vermessung des Berges mit Spiegeln. Die Röhren wichen beim Durchbruch nur 33 cm seitlich und 5 cm in der Höhe voneinander ab. Bohrkopf Sissi, dem der Durchbruch gelang, hat es inzwischen bis ins Museum geschafft. Sissi steht inzwischen im Verkehrsmuseum der Schweiz in Luzern.
3. Lasersystem hat den gesamten Tunnel in 1,5 Jahren vermessen
Eine der Anforderungen an die Ingenieure lautete: Die Abdichtung muss den Tunnel 100 Jahre lang zuverlässig vor Wassereinbrüchen schützen. Deshalb mussten die Techniker die Tunnelwand alle 2 cm vermessen. Für die insgesamt 8,2 Milliarden Messpunkte hätte das mit herkömmlicher Messtechnik allerdings 275 Jahre gedauert. Geschafft haben es die Vermessungstechniker allerdings in nur 1,5 Jahren.
Wie? Mit einem Laserscanner des Unternehmens Amberg Technologies. Der Scanner verglich an jedem Messpunkt Soll- und Istwert. Die Tunnelbauer konnten dann sofort die Menge an Beton für die Wandschalung optimieren.
4. Gigantischer Sog macht Lüftungsanlage überflüssig
Der Tunnel unter den Alpen ist so perfekt konstruiert, dass Züge mit einer Geschwindigkeit von bis zu 250 km/h hindurchrasen können. Dabei entsteht ein so gewaltiger Sog, dass im Tunnel keine zusätzliche Lüftungsanlage aktiv sein muss. Von außen wird genug Luft angesaugt.
Allerdings stellte der Sog die Ingenieure auch vor eine große Herausforderung: Denn zu Beginn gingen in Teströhren durch die Druckstöße regelmäßig daumenstarke Schrauben, Stahlbänder und Türen zu Bruch. Mittlerweile sind sie aber robust genug.
5. Ausgeklügeltes Notfallsystem für den Brandfall
Ein Brand in dem 57 km langen Tunnel wäre ein GAU. Doch die Schweizerische Bundesbahn (SBB) als Betreiber hat vorgesorgt: Sie haben die Röhren nach zwei Drittel der Strecke um einen 2 m breiten Behelfsbahnsteig erweitert, von dem Hilfsstollen zu einer Parallelröhre führen. Der Clou: Diese mit Türen abgeriegelte Röhre steht unter Überdruck, sodass kein Rauch eindringen kann. Passagiere sollen dort auf Hilfe warten.
Und was passiert, wenn der Zug liegenbleibt und den Notbahnsteig nicht erreicht? Dann müssen die Fahrgäste in Querschläge flüchten, die alle 320 m ins Bergmassiv hineingeschlagen sind. Die 40 m langen Räume haben Frischluftzufuhr und lassen sich mit feuerfesten Türen verschließen. Und natürlich ist der gesamte Tunnel vollgestopft mit Sensoren und insgesamt 2600 km Datenkabeln, damit die Zentrale stets den Überblick hat.
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