„Das Stecker-Kabel-Prinzip hat keine Zukunft“
Thomas Nindl, verantwortlich für das Business Development bei Qualcomm Halo, sieht im induktiven Laden von E-Mobilen langfristig die einzig tragfähige Lösung für Hersteller und Fahrer.
Das Rennteam von Lord Drayson hat Grund zum Jubeln. Im Juni schaffte sein Elektro-Rennwagen bei einem zertifizierten Zeitfahren im britischen Yorkshire eine Geschwindigkeit von 328,3 km/h. Damit knackte der elektrisch betriebene Drayson B12 69/EV Le-Mans-Prototyp den bisherigen Rekord von 280 km/h für E-Fahrzeuge unter 1000 kg.
„Wir erhoffen uns von der Rennserie und anderen Pilotversuchen viele neue Erkenntnisse“, erklärt Thomas Nindl von Qualcomm Halo, verantwortlich für das Business Development in Deutschland. Das Unternehmen ist einer der Sponsoren des Formel-E-Flitzers und arbeitet an Lösungen für das induktive Laden von Elektroautos, die das Potenzial für den Massenmarkt haben sollen.
In Deutschland sind rund 60 % der Autobesitzer Laternenparker
„Es wird ein Umdenken geben – langfristig lädt man dort auf, wo man gerade steht. Man wird nicht mehr halten, um zu laden.“ Nindl erklärte beim Elektronik Wireless Power Congress in München Anfang Juli: „Das Stecker-Kabel-Prinzip hat keine Zukunft.“
Nur über induktive Ladeformen könnten beispielsweise die sogenannten Laternenparker adressiert werden, zu denen in Deutschland laut Nindl fast 60 % der Autobesitzer gehören.
Er rechne zwar mit einer gewissen Verbreitung des konduktiven Ladens und auch mit einer Übergangszeit, in der Kabel und kabelloses Laden in Hybrid-Varianten zu sehen sein werden, doch langfristig werde es nur induktives Laden im Markt schaffen.
„Wir sind wöchentlich mit allen großen Herstellern zu diesem Thema im Gespräch, die Resonanz ist sehr positiv“, sagt Nindl. Auch die Energieversorger erkennen langsam das Potenzial, in die Fußstapfen der großen Ölkonzerne zu treten – auch wenn sie heute an den Technologien noch nichts verdienen.
Magnetische Induktion
Qualcomm Halo ist eine Tochter des Chipentwicklungs- und Forschungsunternehmens Qualcomm, der bei vielen noch als der Träger vieler Mobilfunkpatente gilt. Jetzt will das Unternehmen Infrastrukturinvestoren und Konsumenten mit einer sogenannten Doppel-D-Quadratur-Architektur der Spulen überzeugen, die sich für die Leistungsklassen von 3 kW, 5 kW oder 20 kW eignen. Mit der Lösung sind kurzzeitige Ladevorgänge möglich, immer da, wo eine entsprechende Infrastruktur verbaut ist.
Mithilfe resonanter magnetischer Induktion wird Energie zwischen zwei Ladeplatten auf oder unter der Fahrbahnoberfläche sowie an der Unterseite des E-Fahrzeugs übertragen. Der Wirkungsgrad liege laut Nindl bei 90 % bis 97 %.
Die Parkposition über der Primärspule erlaubt Abweichungen von bis zu 15 cm. „Sobald man auf dem Basispad steht und das Fahrzeug abgeschlossen ist, beginnt der Ladevorgang automatisch“, erklärt Nindl.
Zusätzlicher Sicherheitsmechanismus möglich
Eine sogenannte „Wall-Unit“ überträgt dann 220 V bei 85 kHz. Diese kann an der Garagenwand, aber auch im Boden verbaut werden. Schutzmechanismen und Objekterkennungen sorgen dafür, dass etwa Tiere oder Kinder nicht in Gefahr geraten, wenn sie sich während des Ladevorgangs am Auto oder im Luftspalt bewegen. Der Aufenthalt im Auto beim Laden sei mit einem zusätzlicher Sicherheitsmechanismus möglich.
Nicht nur statisches, auch dynamisches Laden während der Fahrt sei in der Zukunft denkbar, meint Nindl. In die Fahrbahnen eingelassene Spulen könnten dies etwa auf Autobahnen möglich machen.
Bevor sich induktive Ladeformen im Massenmarkt durchsetzen können, muss aber noch manche Frage zur Standardisierung geklärt werden. Bei der Übertragungsfrequenz zwischen Primär- und Sekundärspule favorisieren einige Anbieter 140 kHz. Andere, wie Qualcomm Halo, arbeiten dagegen mit 85 kHz. Auch bei den Kommunikationsstandards zwischen Auto und Basisstation sowie bei den Strahlungsgrenzwerten müsse noch Klarheit geschaffen werden, so Nindl.
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