Unkomplizierte Karten 20.02.2017, 09:23 Uhr

Das sind keine U-Bahn-Pläne, sondern Fahrradkarten

Weniger ist mehr: Sollte diese Binsenweisheit ausgerechnet bei Stadtplänen für Radfahrer zutreffen? Üblicherweise ist in solchen Plänen jeder Radstreifen, jede geöffnete Einbahnstraße und Sackgasse verzeichnet. Verwirrt das nur? Der Geograph Michael Graham hat deshalb Karten entwickelt, die wie U-Bahn-Pläne aussehen.

So könnte ein Plan der wichtigsten Fahrradrouten in London aussehen, wenn man sich U-Bahnpläne als Vorbild nimmt. Der amerikanische Geograph und Radfahrer Michael Graham glaubt, dass zu viele Informationen Radfahrer verunsichern.

So könnte ein Plan der wichtigsten Fahrradrouten in London aussehen, wenn man sich U-Bahnpläne als Vorbild nimmt. Der amerikanische Geograph und Radfahrer Michael Graham glaubt, dass zu viele Informationen Radfahrer verunsichern.

Foto: Spider Bike Maps

Wenn man sich die Fahrradpläne von München, Hamburg oder Frankfurt anschaut, kann man wirklich die Orientierung verlieren. In einem Gewirr von Straßen und Sehenswürdigkeiten, Bussen und Bahnen sind auch noch Radwege und Radrouten eingezeichnet. Doch wo sind Hauptachsen? Wo kommt man am schnellsten voran? Wie quere ich die Innenstadt am besten?

Diese Fragen beantworten übliche Fahrradstadtpläne und Radroutenpläne nicht. Und genau das hat auch den amerikanischen Geographen Michael Graham aus Washington gestört. Warum sollten Radkarten nicht ähnlich wie U-Bahn-Pläne einfach strukturiert sein und Orientierung geben? Könnte man nicht die Hauptachsen wie U-Bahn-Linien stark hervorheben als Grundgerüst?

Der Münchner Fahrradstadtplan erfordert schon deutlich mehr Aufmerksamkeit, um einen schnellen Weg durch die Stadt zu finden.

Der Münchner Fahrradstadtplan erfordert schon deutlich mehr Aufmerksamkeit, um einen schnellen Weg durch die Stadt zu finden.

Quelle: Stadt München

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US-Geograph entwickelt Radkarten wie U-Bahn-Pläne

Das geht. Am Beispiel von London und einigen US-Städten wie Washington, Denver und San Francisco hat Graham gezeigt, wie solch ein Radroutenplan aussehen könnte. Die Hauptachsen im Stadtgebiet sind farblich stark hervorgehoben und durch Verbindungsstrecken verknüpft.

Und am Beispiel von San Francisco wird klar, wie nützlich so ein Angebot ist. Wer zum Beispiel von der Golden Gate Bridge im Norden Richtung Zoo im Südwesten fahren will, der meidet am besten das große, undurchdringliche Golfplatzgelände. Und der Highway querdurch ist auch keine Alternative.

Schnelle Orientierung in einer Millionenstadt: Fahrradrouten in San Francisco.

Schnelle Orientierung in einer Millionenstadt: Fahrradrouten in San Francisco.

Quelle: Spider Bike Maps

These: Zu viele Informationen schrecken ab

Der Geograph meint, dass die detaillierten Fahrradkarten vor allem Menschen, die noch nicht aufs Rad umgestiegen sind, aber mit dem Gedanken spielen, von zu vielen Informationen abgeschreckt werden und überfordert sind. Ihnen biete ein einfacher Plan erst einmal schnelle Orientierung.

„Die Karten, die wir haben, sind viel zu detailliert“, sagte er der Zeitschrift Wired. „Menschen werden überwältigt und eingeschüchtert, wenn man sie mit zu viel Information auf einmal konfrontiert.“ Bei seinen Karten kann das nicht passieren.

Michael Graham ist nicht der Einzige, der einfache Fahrradpläne für sinnvoll hält. Die niederländische Stadt Houten, ebenfalls führend in der Fahrradförderung, hat einen Fahrradplan mit vielen markant gekennzeichneten Hauptrouten entwickelt.

Michael Graham ist nicht der Einzige, der einfache Fahrradpläne für sinnvoll hält. Die niederländische Stadt Houten, ebenfalls führend in der Fahrradförderung, hat einen Fahrradplan mit vielen markant gekennzeichneten Hauptrouten entwickelt.

Quelle: Stadt Houten

Gemeinsam mit dem schwedischen Designbüro T-Kartor, das sich auf Kartengrafiken für die verschiedensten zivilen und militärischen Anwendungen spezialisiert hat, entwickelte Graham die neuartigen Radkarten. Wie bei U-Bahnen die Linien farbig markiert sind, gibt es in den Bike Maps markante Routen. Wichtige Ziele und Sehenswürdigkeiten sind in Grahams Spider Bike Maps wie Haltestellen gekennzeichnet. Kreuzungen, an denen die Radfahrer auf eine andere Route abbiegen können, sind wie ein Umsteigebahnhof markiert.

Touristen können sich leichter orientieren

Gerade für Touristen, die sich in einer Stadt noch nicht auskennen, sind die Karten ein gutes Instrument, um sich rasch zu orientieren. Das ist auch deshalb so nützlich, weil viele große Städte in Europa und den USA auf Leihradsysteme setzen, damit Touristen sich auf dem Rad bewegen und die Stadt entdecken können.

Einfach, aber trotzdem keine gute Orientierung: Fahrradrouten in Hamburg.

Einfach, aber trotzdem keine gute Orientierung: Fahrradrouten in Hamburg.

Quelle: Stadt Hamburg

In Frankfurt ist eine Lupe sehr nützlich, wenn man nach Fahrradrouten sucht.

In Frankfurt ist eine Lupe sehr nützlich, wenn man nach Fahrradrouten sucht.

Quelle: Stadt Frankfurt

Allerdings müssten die Städte bei Grahams besonderen Karten mitziehen. Denn die Fahrradachsen und Umsteigebeziehungen müssten auch im Stadtbild erkennbar sein. Und die bisherigen Fahrradstadtpläne, die werden auch nicht überflüssig. Denn jenseits der bunten Hauptachsen kann man sich auf den Karten weiterhin seine privaten Ziele heraussuchen.

Wie schön Radfahren schon jetzt sein kann, zeigt Europas Fahrradhauptstadt Kopenhagen. Die dänische Metropole verwöhnt ihre Radfahrer mit Grünen Wellen, hat gemeinsam mit den Ingenieuren des amerikanischen MIT einen Pedelec-Antrieb zum Nachrüsten entwickelt und lässt Pendler auf Rädern kreuzungsfrei zum Arbeitsplatz in der City rollen.

Der Radschnellweg Snake aus der Vogelperspektive: Kopenhagen will den Radverkehr beschleunigen und plant 26 Superhighways für Radfahrer.

Der Radschnellweg Snake aus der Vogelperspektive: Kopenhagen will den Radverkehr beschleunigen und plant 26 Superhighways für Radfahrer.

Quelle: DISSING+WEITLING architecture/Ursula Bach

 

Ein Beitrag von:

  • Axel Mörer-Funk

    Axel Mörer-Funk ist Gesellschafter der Medienagentur S-Press in Bonn. Nach einem Volontariat beim Bonner Generalanzeiger und dem Besuch der Journalistenschule Hamburg arbeitete er u.a. als freier Journalist für dpa, Bunte und Wirtschaftswoche.

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