Das Wetter bestimmt den Preis an der Ladesäule
An einer Station in Oberbayern ist Strom am billigsten, wenn die Sonne scheint. Denn dann produziert der benachbarte Solarpark am günstigsten. Von diesem Modell profitieren Autofahrer, Stromproduzenten und das gesamte Netz.
Die Preise an Tankstellen folgen selten nachvollziehbaren Regeln. Es gibt sogar Sprit-Astrologen, die dazu raten, spät abends zu tanken, weil Benzin und Diesel dann billiger sein sollen, oder mittags. An Ladestationen für Elektroautos sind unterschiedliche Preis künftig logisch erklärbar: Sie werden wetterabhängig. Wenn der Wind kräftig weht und/oder die Sonne vom wolkenlosen Himmel strahlt fließt billiger Strom in die Batterien. Nachts und bei Windstile muss man dann kräftig draufzahlen.
„Preis nach Sonnenstand“
Einen Vorgeschmack bekommen E-Auto-Besitzer bereits an einer Vispiron-Ladestation im oberbayerischen Egling. „Preis nach Sonnenstand“ steht unter den Leuchtziffern mit den aktuellen Kilowattstunden-Tarifen. Und das ist nachvollziehbar, denn gleich in der Nachbarschaft befindet sich auf einer Fläche von 6,6 Hektar ein Solarpark, der bei maximaler Sonneneinstrahlung 6,2 Megawatt leistet.
Vom späten Vormittag mit zum späten Nachmittag produziert er oft so viel Strom, dass die Dorfbewohner ihn gar nicht verbrauchen können und auch die angeschlossene Pufferbatterie mit einer Leistung von fünf Megawatt nichts mehr aufnehmen kann. Dann würde der Strom normalerweise zu einem lächerlichen Preis ins Stromnetz eingespeist oder ginge ganz verloren, weil das Netz überlastet ist. Da kommen E-Fahrzeuge gerade recht. Die bringen, auch wenn der Strom besonders günstig abgegeben wird, immer noch weit mehr als am Markt zu holen ist.
Wetterabhängige Preise werden zum großen Thema
Bislang sind variablen Preismodelle an den Ladesäulen zwar noch die Ausnahme, doch dass sie in ganz Europa kommen werden, gilt in der Branche als ausgemachte Sache: „Das wird noch ein sehr großes Thema“, sagt Markus Emmert, Vorstand des Bundesverbandes eMobilität in Berlin.
Es gibt nur Gewinner
Für die Münchner Vispiron-Gruppe, die Dienstleistungen rund um erneuerbare Energien anbietet, sind die Lockangebote für E-Auto-Besitzer betriebswirtschaftlich höchst sinnvoll. Für die Volkswirtschaft allerdings auch. Je mehr Strom im Einzugsgebiet von Wind- und Solarparks verbraucht wird, desto geringer sind die laufenden Kosten fürs Stromnetz, das zudem nicht so stark ausgebaut werden muss wie bei großen Entfernungen zwischen Erzeuger und Verbraucher.
Vor allem die Photovoltaik drückt dem Strompreis ein markantes Profil auf: Im Großhandel schwankt der Preis pro Kilowattstunde bei sommerlichem Wetter im Laufe des Tages oft um zehn Cent pro Kilowattstunde und mehr. Am billigsten ist der Strom zwischen 12 und 15 Uhr, am teuersten morgens und abends. Gibt man diese Schwankungen an die Kunden weiter und passen diese daraufhin ihre Ladezeitpunkte an, hilft dies, das Netz zu stabilisieren. Der dritte Profiteur variabler Tarife ist also das Stromsystem.
Manchmal bringt das Grünstrom-Abo nichts
Elektroautos können ihren Teil dazu beitragen, dass das Netz stabil bleibt und die fossile Stromerzeugung reduziert wird, die Energiewende also vorankommt. Wer die Batterien seines Fahrzeugs an windarmen Abenden und in windarmen Nächten auflädt, tankt zu mindestens 80 % Strom aus Kohle- und Erdgaskraftwerken, auch wenn er ein Grünstrom-Abo hat.
Umgekehrt werden, wenn bei starkem Wind und viel Sonne zu wenig Strom verbraucht wird, ganze Anlagen abgeschaltet. Das könnte durch massiven Aufbau von teuren Batterien geändert werden, die den Strompreis jedoch deutlich erhöhen.
Technisch machbar, praktisch nicht
Besser wäre es, wenn die Verbraucher in die Lage versetzt würden, Strom dann zu verbrauchen, wenn er massenhaft produziert wird. Dazu müssten sie allerdings die entsprechenden Informationen via Internet bekommen, was technisch seit weit mehr als zehn Jahren möglich ist. Parallel dazu müsste der Strompreis ans Wetter angepasst werden, was technisch ebenso unproblematisch wäre. Dann würden die meisten privaten, gewerblichen und industriellen Verbraucher Strom vor allem in Überflusszeiten verbrauchen.
Das ginge sogar automatisch. Eine intelligente Anbindung etwa von Waschmaschinen in Privathaushalten würde diese genau dann starten, wenn Strom im Überfluss produziert wird und entsprechend billig ist. Doch nicht zuletzt Deutschland tut sich schwer, die notwendigen Techniken einzuführen.
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