Der Kerosinverbrauch wird minimiert
Mit einem Modellflugzeug, dessen Komponenten wie Flügel und Motoren austauschbar sind und neu platziert werden können, ermitteln Forscher der TU Braunschweig Einsparpotenziale.
Der Forschungsflugplatz in Würselen-Merzbrück bei Aachen soll den Durchbruch bei der Elektrofliegerei bringen. Forscher der Technischen und der Fachhochschule Aachen arbeiten dort künftig an der Zukunft der Luftfahrt. Doch ob es jemals Mittelstrecken-, geschweige denn Langstreckenflugzeuge mit 100 Plätzen und mehr gibt, ist keineswegs ausgemacht.
Die Flügel zeigen nach vorn
Die Alternative könnten, zumindest für eine Übergangszeit, Flugzeuge sein, die noch weniger Kerosin verbrauchen als die, die heute in die Luft gehen, oder gar synthetischen Sprit tanken, der umweltneutral ist, was die CO2-Emissionen angeht. Mit einem Modellflugzeug, das eine Spannweite von drei Metern hat, dank Faserverbundwerkstoffen nur 18 Kilogramm wiegt und, wenn der Größenvergleich fehlt, wie ein ausgewachsenes Mittelstreckenflugzeug aussieht, soll das Sparpotenzial ermittelt werden. Experten werden allerdings erkennen, dass an der Maschine, die in Peine bei Braunschweig jetzt ihre ersten Flüge absolviert hat, etwas anders ist als an Verkehrsflugzeugen. Die Flügel sind nicht wie üblich nach hinten gestreckt, sondern nach vorn.
Wandlungsfähig wie ein Zauberkünstler
Das gilt jedenfalls für die aktuelle Version, denn das Flugzeugmodell: CLIME ist wandlungsfähig wie ein Zauberkünstler. Die Flügel beispielsweise können entfernt und durch anders geformte ersetzt werden. Und die Motoren sind mal am Heck befestigt, mal sitzen sie auf den Flügeln. Unzählige Kombinationen sind denkbar und werden auch getestet.
Gleichgewicht wiederhergestellt
Bei den Erstflügen befanden sich zwei Triebwerke hinter den Flügeln und oberhalb davon, ein weiteres am Heck. „Durch diese Anordnung der Triebwerke gerät allerdings der Schwerpunkt des Flugzeugs aus dem Gleichgewicht“, sagt Christoph Bode vom Institut für Flugantriebe und Strömungsmaschinen der Technischen Universität Braunschweig. „Das wird durch die Vorwärtspfeilung der Flügel wieder aufgehoben.“
Hemmende Grenzschicht wird abgesaugt
Mehr Nachhaltigkeit beim Fliegen erreicht man zum Beispiel durch einen geringeren Treibstoffverbrauch. Das lässt sich durch Reduzierung des Luftwiderstands erreichen. „Ein vielversprechender Mechanismus zur Luftwiderstandsreduktion ist der boundary layer ingestion effect, kurz BLI“, so Bode. „Der Luftwiderstand wird vor allem durch die Umströmung der Flugzeugoberflächen und durch die Entstehung einer Grenzschicht generiert. Mit dem Heckantrieb schaffen wir es, diese Grenzschicht abzusaugen.“
Adaptive Flügel sollen es bringen
„Bei der Erprobung des Basisvehikels hat sich gezeigt, dass die Auslegung der vorwärtsgepfeilten Flügel funktioniert“, sagt Jens Friedrichs, Professor für Flugantriebe an der TU Braunschweig. „CLIME lässt sich gut fliegen. Die Vorhersagen der Flugmechanik haben sich erfüllt. Wir haben deutlich mehr Antriebsleistung vorgesehen als eigentlich nötig wäre.“ Das bedeute mehr Sicherheit bei kritischen Manövern und ermögliche den Einsatz von neuartigen Komponenten, die den Flugwiderstand weiter verringern.
Die Luftfahrtexperten denken beispielsweise an adaptive Flügel, die ihre Form je nach Flugsituation ändern. Das geht weit über die heutigen Landeklappen hinaus, die den Auftrieb bei Start und Landung durch Vergrößerung der Flügel erhöhen. Adaptive Flügel sorgen für einen geringeren Widerstand und damit für einen geringeren Spritverbrauch.
Daten lassen sich auf große Maschinen übertragen
„Durch die fortschreitende Miniaturisierung von Avionik- und Messsystemen sowie der immer besseren Verfügbarkeit von Modellbaukomponenten in Verbindung mit modernsten Fertigungstechnologien von Flugzeugstrukturen kann heute Luftfahrtforschung auch mit Hilfe von Modellflugzeugen betrieben werden“, sagt Peter Hecker, Vizepräsident für Forschung an der TU Braunschweig. Die hier ermittelten Daten könnten problemlos auf normalgroße Flugzeuge umgerechnet werden. Das spare eine Menge Geld im Vergleich zum Einsatz von bemannten Forschungsflugzeugen – auf den die Wissenschaftler in Braunschweig allerdings auch nicht verzichten wollen.
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