Der rollende Tunnelbus war eine Betrugsmaschine
Ein Tunnelbus, ein rollender Katamaran, der Ausweg aus dem Verkehrskollaps, all das hätte der Transit Elevated Bus, kurz TEB, sein können – bis herauskam, dass er vor allem ein großer Schwindel war.
Er sollte die Personenbeförderung in den Großstädten Chinas beflügeln, indem er sich als zweite Ebene über den bereits rollenden (oder eben meist stehenden) Verkehr geschoben hätte. Gute 2 Meter über der Straße hätte eine Gondel bis zu 300 Personen über die restlichen Autos hinweg transportieren sollen. Dafür wären nur die Gondel selbst und Schienen auf beiden Seiten der Fahrbahn nötig gewesen, auf denen die Gondel sich fortbewegt hätte. Der TEB hat uns alle fasziniert als er 2016 auf der „International High Tech Expo“ in Peking vorgestellt wurde und nur wenige Monate später seinen ersten öffentlichen Test in der nordchinesischen Hafenstadt Qinhuangdao vollführte. Doch heute sieht das alles ganz anders aus.
Erster Test des TEB hatte Probleme offenbart
Bereits nach der ersten öffentlichen Testfahrt des TEB 2016 wurden Fragen laut. Chinesische Medien wiesen darauf hin, dass das Gefährt dem Prototypen aus dem Jahr 2010 zum Verwechseln ähnlich sehe, eine Weiterentwicklung sei nicht zu erkennen. Und was die zahlreichen Medienvertreter in Qinhuangdao zu sehen bekamen, war kläglich.
Der TEB fuhr auf einer schnurgeraden Strecke von 300 Metern, ohne Halt an einer Ampel machen oder eine Kurve fahren zu müssen. An beiden Aufgaben, so unkten Kritiker, wäre der Koloss direkt gescheitert. Ob er die angestrebte Geschwindigkeit von 60 Kilometern pro Stunde jemals erreichen würde, blieb trotz der schnurgeraden Teststrecke fraglich. Und zu guter Letzt wurde offenbar, dass die Tunnelhöhe von 2,1 Metern deutlich zu niedrig sein würde für viele Autos, die Höhe von rund 4,5 Metern dagegen zu hoch für viele Brücken, unter denen er selbst hätte hindurchfahren sollen. Ohne Frage: Bei der Präsentation eines Prototypen kann so etwas vorkommen, der Name sagt ja bereits, dass es sich dabei nicht um ein marktreifes Produkt handelt. Aus heutiger Sicht muss man aber sagen, hätten die Alarmglocken weit früher läuten können.
Vorwurf: Illegale Kreditbeschaffung und Betrug
Wer sich damals am TEB beteiligte, wurde von den chinesischen Behörden bereits aufgefordert, sich zu melden. Denn das Geld floss wohl nie in die Weiterentwicklung der Technik. Bereits im vergangenen Jahr wurde der Chef von TEB Technology Development, Bai Zhiming und viele seiner Mitarbeiter festgenommen. Die chinesische Polizei wirft ihm vor, über seine Firma Huaying Kailai Asset Management illegal Kapital beschafft zu haben.
Tatsächlich hatte Bai weltweit Kapitalgeber gesucht. Für eine Investition von mindestens 130.000 Euro sollten sie eine Rendite von über 10% erhalten. Viele Geldgeber investierten in den Riesenbus – in dem Wissen, dass Chinas Metropolen dem Verkehrschaos kaum mehr anders entgehen konnten als mit einem neuartigen Projekt wie diesem. Und in der Annahme, dass das Geld in die Weiterentwicklung des Busses investiert würde. Vor diesem Hintergrund bescherten sie Bai und seinen Kollegen zwischen 500 Millionen und einer Milliarde Euro Kapital.
Der aktuelle Stand des TEB-Projekts
Mittlerweile besteht kaum noch Hoffnung, dass der Transit Elevated Bus jemals Realität wird. Die Bewilligung für die Teststrecke ist längst ausgelaufen, die Hintermänner laufen ohnehin nirgendwo mehr hin – viele sitzen im Gefängnis. Das Vorführmodell von Qinhuangdao wurde von den Behörden beschlagnahmt, die Schienen der Teststrecke zurückgebaut. Sie behinderten den Verkehr in der Hafenstadt.
Im Rahmen unserer Serie „Was wurde eigentlich aus…?“ beleuchten wir, wie es besonders spektakulären Produkten und Neuheiten, die wir auf ingenieur.de vorgestellt haben, ergangen ist. Bisher haben wir uns bereits folgenden Themen gewidmet:
–der Mini-Drohne Zano, die ihrem Besitzer selbstständig folgen sollte
–der Stahlbrücke, die über eine Amsterdamer Gracht gedruckt werden sollte
–dem Motorradhelm Skully, der das Biken sicherer machen sollte
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