Der verschollen geglaubte Ur-Porsche P1 rollt aus der Scheune ins Museum
Ferdinand Porsche hat im Jahre 1931 ein Konstruktionsunternehmen gegründet, aus dem die heutige Porsche AG hervorging. 33 Jahre zuvor hat der geniale Konstrukteur den P1 gebaut. Ein Elektrofahrzeug mit staunenswerten technischen Innovationen. Am kommenden Freitag wird dieses Auto zum fünften Geburtstag des Porsche-Museums in Stuttgart stolz einer staunenden Öffentlichkeit präsentiert.
Es klingt schier unglaublich: Jahrelang rottete die erste Konstruktion der Sportwagenlegende Ferdinand Porsche in einer Scheune in Österreich vor sich hin. Rostspuren sind deutlich zu sehen am „Egger-Lohner-Elektromobil Modell C 2 Phaeton“ – kurz P1 genannt – aus dem Jahre 1898, das seit 1902 verschollen war und im Herbst in einer nicht genannten Scheune in Österreich wiedergefunden wurde. Der erste Porsche der Welt ist wieder da.
Am 26. Juni vor 116 Jahren kutschierte der 24-jährige Ferdinand Porsche erstmals seinen elektrisch angetriebenen P1 durch die Straßen Wiens. Das innovative Elektromobil war eines der ersten zugelassenen Fahrzeuge Österreichs. Jetzt bekommt dieses Schmuckstück einen Ehrenplatz im Stuttgarter Porsche-Museum und ist das zentrale Exponat der am kommenden Freitag, 31. Januar 2014, beginnenden Ausstellung.
Der P1 wird am Freitag von Ferdinand Porsches Enkel Wolfgang Porsche von seiner Hülle befreit. An den ersten beiden Februartagen kann der P1 im Rahmen der Feierlichkeiten zum fünften Geburtstag des Porsche-Museums in Stuttgart-Zuffenhausen kostenfrei besichtigt werden.
Sportlich: Der P1 schaffte 35 km/h
Ein Phaeton ist eine kleine meistens zweiachsige Herrenkutsche, die vom Herrn oder der Dame selbst gefahren wird. Für die damals noch fast autofreien Verhältnisse rollte der elektrisch betriebene P1 ordentlich schnell durch Wiens Gassen. Die Leistung des sehr kompakten und nur 130 Kilogramm schweren Elektroantriebs betrug 3 Pferdestärken. Durch Überlastung schaffte der Motor sogar 5 PS.
Für die damaligen Verhältnisse „raste“ Porsche mit 35 km/h durch Wien. Viele Zeitgenossen werden wohl staunend am Straßenrand gestanden haben, wenn der stolze Porsche derart geschwind an ihnen vorbeirollte auf seiner Herrenkutsche. Dabei war die Fahrt vergleichsweise komfortabel. Denn Porsche die Kutsche hatte nicht nur Blattfedern, sondern auch schon Luftreifen, die die schlimmsten Stöße abmildern konnten. Der Motor war auch nicht einfach an die Karosserie geschraubt, sondern über drei Stoßdämpfer verbunden.
Der Name Phaeton entstammt der griechischen Mythologie. Phaeton war der Sohn des Sonnengottes Helios. Der ungezogene Phaeton lenkte dessen Sonnenwagen gegen den Rat des Vaters über den Himmel. Dabei geriet dem Sohn der Wagen außer Kontrolle und löste eine Katastrophe universalen Ausmaßes mit verbrannter Erde aus.
Geschwindigkeit in 12 Stufen regelbar
Der Phaeton hatte schon eine Menge raffinierte Technik zu bieten. Ferdinand Porsche konnte die Fahrgeschwindigkeit mittels eines „Controllers“ genannten Reglers in 12 Stufen einstellen. Er hatte sechs Vorwärts- und zwei Rückwärtsgänge sowie vier elektrische Bremsstufen zur Verfügung. Der Fahrer konnte neben einer mechanischen Bremse auch eine elektrische Bremse aktivieren, indem er den Lenkkranz drückte und so den Stromfluss unterbrach. So brachte man den 1350 Kilogramm schweren Phaeton rasch zum Stehen.
Es ging somit alles kontrolliert zu, anno 1898 in Wien. Der P1 war dabei eine Quelle technischer Innovationen. Ferdinand Porsche hatte eine Wechselkarosse konstruiert, die es ihm ermöglichte, den Wagen sowohl im Sommer als auch im Winter zu benutzen. Der Erfinder war im Übrigen so überzeugt von seinem Phaeton, dass er das Kürzel „P1“, was für Porsche Nummer 1 stand, in alle wichtigen Bauteile des Fahrzeugs hämmerte.
Schon vor 116 Jahren eine Reichweite von 80 Kilometern
Der P1 war ein Elektroautomobil. Wenn man bedenkt, dass heute Ingenieure aller großen Hersteller auf Automessen stolz eine sensationelle Reichweite der Elektroautos der neuesten Generation von 150 Kilometer verkünden, lässt die Reichweite des P1 aufhorchen. Der P1 schaffte vor 116 Jahren bereits stolze 80 Kilometer. Diese Reichweite verdankte das Gefährt dem rund eine halbe Tonne schweren „Tudor“-Akkumulator mit seinen 44 Zellen und 120 Amperestunden, was für drei bis fünf Betriebsstunden ausreichte.
Im ersten Rennen hatte Porsche einen Vorsprung von 18 Minuten
Seine Leistungsfähigkeit stellte der P1 im September 1899 unter Beweis, als er im Rahmen der Internationalen Motorwagen-Ausstellung erstmals öffentlich gezeigt wurde. Unter den 120 Ausstellern waren 19 Hersteller von Elektromobilen. Sportlich ging es dann am 28. September zu, als es auf eine 40 Kilometer lange „Preiswettfahrt für Elektromobile“ von Berlin nach Zehlendorf und zurück ging. Ferdinand Porsche rauschte mit drei Passagieren an Bord und einem satten Vorsprung von 18 Minuten über die Ziellinie und kassierte die goldene Sieger-Medaille. Mehr als die Hälfte der Teilnehmer kamen wegen technischer Probleme erst gar nicht im Ziel an.
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