Familienunternehmen 26.03.2010, 20:45 Uhr

Die Familie ist in Krisenzeiten Gold wert  

Die Folgen der Finanzkrise machen Automobilzulieferern weiterhin schwer zu schaffen. Kurzarbeit ist an der Tagesordnung. Massive Überkapazitäten und unsichere Absatzprognosen prägen das Geschehen. Dennoch wollen viele Betriebe ihre Mitarbeiter und damit ihr Know-how halten. In solchen Zeiten sind langfristige Firmenstrategien und eine stabile Eigenkapitalbasis oft überlebenswichtig. Beides zeichnet familiengeführte Mittelständler aus. Tatsächlich zeigt ein Blick in solche Unternehmen, dass sie ihrem guten Ruf auch in der Krise gerecht werden. VDI nachrichten, Düsseldorf, 26. 3. 10, jul

Die Lage in der Autozulieferbranche bleibt angespannt. Nach dem Jahrhundertabsturz im letzten Jahr mit Umsatzrückgängen um durchschnittlich 25 % geht es aktuell nur im Kriechgang bergauf. Kurzarbeit bleibt das Mittel der Wahl, um die Personalkosten bei stark gedrosselter Produktion halbwegs im Zaum zu halten. Doch der Glaube an eine schnelle Erholung schwindet.

Anfang März kündigte Getriebespezialist Getrag an, in den nächsten beiden Jahren 700 Stellen zu streichen. Die Gruppe wird ein kleines Werk in Ludwigsburg ganz schließen und die Kapazitäten weiterer Standorte an die gesunkene Nachfrage in Europa anpassen. „Die Produktionszahlen und Entwicklungserlöse werden das Niveau von 2007 auf lange Sicht nicht mehr erreichen“, begründet Mihir Kotecha, der Vorsitzende der Getrag-Geschäftsführung, die Einschnitte. Die Überkapazitäten seien im Rennen um eine gute Marktposition hinderlich bis gefährlich und müssten im Interesse des gesamten Unternehmens reduziert werden.

Der Getriebehersteller ist einer der ersten großen Autozulieferer in Familienbesitz, der sich zu Entlassungen durchringt. Seit Gründung durch Hermann Hagenmeyer im Jahr 1935 ist die damalige Getriebe- und Zahnradfabrik zuletzt unter Leitung von dessen Sohn Tobias zum größten unabhängigen Hersteller von Pkw-Getrieben gewachsen, der an weltweit 24 Standorten 12 850 Mitarbeiter beschäftigt. Entlassungen sind in so einem Umfeld der letzte Schritt. Entsprechend betont Getrag-Personalleiter Martin Günter: „Wir legen sehr großen Wert darauf, zu einer gemeinsamen Lösung mit Betriebsrat und IG Metall zu kommen, die der Situation, aber auch unserer Verantwortung für unsere Mitarbeiter Rechnung trägt.“

„Verantwortungsgefühl für die Mitarbeiter, die ja irgendwie mit zur Familie gehören, zeichnet die Unternehmensführung von Familienunternehmen häufig aus“, erklärt Ferdinand Dudenhöffer, der Anfang Februar auf dem 10. CAR-Symposium in Bochum eine Diskussion über das andere Management solcher Unternehmen initiiert hat. Ohne sie generell glorifizieren zu wollen, sieht der Autoexperte klare Vorteile bei Mittelständlern in Familienhand. „Sie haben sehr kurze Entscheidungswege und können schnell reagieren“, erklärt er, „auf der anderen Seite denken sie langfristiger und agieren aus kaufmännischer Sicht vorsichtiger, um ihre Eigenständigkeit zu wahren.“ Aus diesem Willen heraus hätten sie meist eine hohe Eigenkapitalquote, die gerade in Krisenzeiten besonders wichtig sei.

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Ambivalent sieht Dudenhöffer dagegen die Verpflichtung gegenüber einer langen Familientradition. „Einerseits folgen solche Unternehmen oft einer klaren Vision ihrer Gründer. Doch auf der anderen Seite kann Tradition auch lähmen, harte Einschnitte verhindern, wo sie notwendig wären und Streitigkeiten können bis aufs Messer eskalieren“, gibt er zu bedenken. Unterm Strich sieht er jedoch klare Vorteile in dem langfristigen, über Generationen hinweg denkenden unternehmerischen Handeln.

Dieses Denken haben Hermann und Ernst Mahle, die Gründer des gleichnamigen Kolbenspezialisten, institutionalisiert, indem sie ihr Unternehmen Mitte der 60er-Jahre in eine gemeinnützige Stiftung einbrachten. In eine ähnliche Konstruktion ist auch Bosch eingebunden. Beide Zulieferer sind von der Krise gezeichnet, schreiben rote Zahlen – und tun alles, um ihre Belegschaft an Bord zu halten. Mahle wird vorerst bis Juni 2010 kurz arbeiten. „Entlassungen hat es nur dort gegeben, wo uns dieses Instrument nicht zur Verfügung steht“, so eine Sprecherin. Und das trotz eines Umsatzrückgangs um beinahe ein Viertel. Statt zu entlassen, setzt das Unternehmen in der krisenbedingten Ruhephase auf Weiterbildung. „Gerade in die Schulung der Mitarbeiter im technischen Bereich haben wir in den letzten Monaten gezielt investiert“, berichtet sie.

Ähnlich ist die Situation beim familiengeführten Beleuchtungsspezialisten Hella, der bereits Licht am Ende des Tunnels sieht. Seit Mitte März arbeiten die Lippstädter nicht mehr kurz und haben sich mit ihrem Betriebsrat darauf verständigt, mindestens bis Frühjahr 2011 auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten. Allerdings steht die Erholung auf wackeligen Beinen. Vorsorglich haben sich beide Seiten darauf verständigt, im Fall einer negativen Auftragsentwicklung zur Kurzarbeit zurückzukehren.

Im Spannungsfeld zwischen Bangen und Hoffen bewegt sich auch der Ditzinger Hersteller von Lasermaschinen, Trumpf. Die Nachfrage nach den Hightech-Schweiß- und Schneidemaschinen schwächelt – auch weil die Autoindustrie Investitionen aufschiebt. Allerdings lässt sich die Eigentümerfamilie davon nicht beirren. Im Gegenteil: Sie investiert trotz Kurzarbeit massiv in die Belegschaft. „Bis Januar 2010 haben allein die Mitarbeiter im Stammhaus Ditzingen 52 000 Stunden Weiterbildung durchlaufen“, erklärt Firmensprecher Claus Zemke. Zwei Drittel der Maßnahmen seien klassische Seminare und Schulungen. Man habe die Zeit der gedrosselten Produktion aber auch dazu genutzt, Spezialisten aus verschiedenen Unternehmensbereichen mit ähnlichen Profilen in Workshops oder auch in Hospitationen zusammenzubringen.

Mit seinen siebenstelligen Investitionen in Qualifikation hat das Familienunternehmen der Belegschaft deutlich signalisiert, dass es trotz Umsatzeinbruch und Kurzarbeit auf sie und ihr Know-how zählt. Damit hat die Unternehmensleitung nicht nur Ruhe reingebracht, sondern auch den Boden für den nächsten Aufschwung bestellt. Denn dann werden sich Qualifizierung, bessere interne Vernetzung und nicht zuletzt auch der gute Umgang mit den Mitarbeitern mit Sicherheit auszahlen.

Ein Beitrag von:

  • Peter Trechow

    Peter Trechow ist Journalist für Umwelt- und Technikthemen. Er schreibt für überregionale Medien unter anderem über neue Entwicklungen in Forschung und Lehre und Unternehmen in der Technikbranche.

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