Die Trinkflasche, die sich selbst mit Wasser füllt
Der österreichische Student Kristof Retezár hat eine Trinkflasche entwickelt, die sich selbst mit Wasser füllt. Dafür machte er sich das Prinzip der Kondensation zunutze, womit er Wasser aus der Luft filtert. Gedacht ist das System namens Fontus zunächst für Radfahrer. Es könnte aber auch Menschen in Gebieten mit Wasserknappheit helfen.
Im ersten Moment klingt das schon ein wenig nach Hokuspokus oder dem Märchen „Tischlein, deck dich!“, bei dem die Köstlichkeiten nicht weniger werden: eine Wasserflasche, die sich selbst wieder auffüllt. Und doch ist sie Realität. Der österreichische Industriedesign-Student Kristof Retezár von der Universität für angewandte Kunst in Wien entwickelte gemeinsam mit dem Elektrotechnikstudenten Bojan Masirevic genau solch ein Konstrukt. Rund einen halben Liter pro Stunde schafft das System namens Fontus, benannt nach dem römischen Brunnen-Gott. Genug, um zum Beispiel einen durstigen Radfahrer mit Flüssigkeit zu versorgen.
Wasserspeicher füllt sich Tropfen für Tropfen
Um das Wasser aus der Luft zu extrahieren, setzt Retezár auf das Prinzip der Kondensation. In einem Kubikmeter Luft sind bei für Mitteleuropa normalen klimatischen Bedingungen um die 17 Gramm Wasser enthalten. Wird die Luft abgekühlt, kondensiert das Wasser zu kleinen Tropfen. Wenn diese aufgefangen werden, füllt sich der Wasserspeicher Tropfen für Tropfen.
Damit das ganze Verfahren alltagstauglich wurde und in kurzer Zeit relevante Mengen Wasser zusammenkamen, entwickelten die Studenten das Fontus-System; ein kleines, kompaktes Fahrradzubehör. Dieses wird am Rahmen angebracht und erntet während der Fahrt das Wasser. Herzstück des Ganzen ist ein kleines Peltier-Element, das als Kühlelement in Kühlschränken, aber auch in Computern vorkommt. Auf zwei Halbleitern basierend, ist der elektrothermische Wandler in der Lage, bei Temperaturdifferenz einen Stromfluss zu erzeugen oder umgekehrt bei Stromdurchfluss eine Temperaturdifferenz. Genau das kommt bei Fontus zum Tragen.
Luftfeuchtigkeit schlägt sich nieder
Damit die Luft das Wasser abgibt, wird die Oberseite des Elements abgekühlt, und die Unterseite heizt auf. Wenn der Fahrtwind eindringt, kühlt er auch die Unterseite ab, und gleichzeitig schlägt sich dort die Luftfeuchtigkeit nieder. Die Tropfen werden gesammelt und durch einen Schlauch direkt in die Trinkflasche geleitet. Das muss gar kein spezielles Modell sein: Retezár und Masirevic haben das System so angelegt, dass sich jede handelsübliche Halbliter-PET-Flasche dafür eignet.
Den für den gesamten Prozess notwendigen Strom bezieht Fontus über integrierte Solarzellen oder, bei schlechtem Wetter, über einen Akku. Am besten funktioniert Fontus mit möglichst heißer, feuchter Luft – klar, denn darin ist am meisten Wasser gespeichert und der Temperatursturz ist besonders hoch.
Experiment im eigenen Badezimmer
Die Experimente, die nötig waren, um die idealen Bedingungen, Materialien und Kühlungssysteme herauszufinden, hat Kristof Retezár in seinem Badezimmer durchgeführt. Dort hatte er verschiedene Klimabedingungen simuliert, indem er Temperatur und Luftfeuchtigkeit veränderte. Nach mehr als 30 Versuchen hatte er schließlich einen nennenswerten Tropfenfluss erreicht. Nach Fertigstellung des Innensystems konnte er sich dann mit einer Hülle beschäftigen, die kompakt und leicht montierbar ist, die Wasserflasche integriert und zudem Platz für die Solarzellen bietet.
Hilfe für durstleidende Menschen
Während der Wasserernter, mit dem der Österreicher auch für den diesjährigen James Dyson Award nominiert war, für Fahrradfahrer in Europa eher eine nützliche Spielerei ist, kann das System in einem größeren Maßstab zur Süßwassergewinnung in Gebieten beitragen, in denen Wasserknappheit herrscht.
Rund zwei Milliarden Menschen leben in solchen Gegenden. Vielen von ihnen könnte die Wassergewinnung aus der Luft das Leben retten oder zumindest deutlich vereinfachen. Und Wasser gebe es in der Luft genug, so Kristof Retezár: Die Erdatmosphäre enthalte etwa 13.000 Kubikkilometer Süßwasser, rechnet er vor – das sind 1,3 x 1016 oder dreizehn Billiarden Liter.
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