Start-up-Porträt 25.01.2013, 12:45 Uhr

Dienstfahrrad statt Dienstwagen

Die Gründer der LeaseRad GmbH haben es sich zur Aufgabe gemacht, Fahrräder und Pedelecs als Geschäftsfahrzeuge zu etablieren. Rückenwind bekamen die Freiburger unlängst aus dem Finanzministerium: Seit letzten Herbst genießen Drahtesel dieselben Steuerprivilegien wie Dienstwagen. Neue Wege geht das Start-up auch bei der Finanzierung. Gerade hat es seine zweite Finanzierungsrunde auf der Crowd-Funding-Plattform Seedmatch abgeschlossen.

Die LeaseRad GmbH will Fahrräder und Pedelecs als Geschäftsfahrzeuge etablieren.

Die LeaseRad GmbH will Fahrräder und Pedelecs als Geschäftsfahrzeuge etablieren.

Foto: dpa

Ulrich Predigers Gründungsidee entsprang einer Dreierkiste: Er. Das Auto. Und sein Fahrrad. Er arbeitete in einem Medizintechnikunternehmen, das ihm das Auto bereitstellte. Doch statt den steuerbegünstigten Dienstwagen zu nutzen, stieg er jeden Morgen auf sein Privatrad.

„Irgendwas läuft hier falsch“, dachte der gelernte Feinmechaniker und studierte Ökonom. Er kam ins Grübeln, wie es richtig laufen müsste und entwickelte Lösungen, die er seit Ende 2008 im eigenen Unternehmen verfolgt. Zentraler Ansatz: Fahrradleasing für Arbeitnehmer. Wie bei Dienstwagen sollten deren Arbeitgeber die Leasingraten als steuerlich begünstigte Lohnerhöhung vom Bruttogehalt abziehen.

Doch diese Idee umzusetzen, war aufwändiger als gedacht. Denn um dienstliche Drahtesel zu etablieren, musste zunächst der Amtsschimmel überzeugt werden. Das gelang einem Bündnis von Verbänden, Abgeordneten und Unternehmern nach zig Anläufen in Finanzbehörden auf Lokal-, Landes- und Bundesebene erst 2012. „Seit November gibt es einen bundesweiten Erlass, der Dienstfahrräder steuerlich mit Dienstautos gleichstellt“, berichtet der Gründer. Die Erleichterung ist ihm anzuhören. Denn jetzt kann seine LeaseRad GmbH durchstarten.

Das Start-up kooperiert mit 500 der bundesweit 3000 Fahrradfachhändlern und einer Bank als Refinanzierungspartner. Beide Seiten zahlen ihm bei Vertragsabschlüssen Provision. Die Abwicklung ist im Prinzip einfach. Stimmt ein Arbeitgeber dem Fahrradleasing zu, dann können seine Mitarbeiter zum Fachhändler ihrer Wahl gehen und sich ein Fahrrad, Pedelec oder E-Bike in der Preisklasse ab 1500 € aufwärts aussuchen. Dafür wird dann ein dreijähriger Leasingvertrag samt Versicherung gegen Diebstahl und teure Schäden abgeschlossen. „Nach Ablauf des Vertrags können die Kunden wahlweise ihr nächstes Rad leasen oder das alte übernehmen“, so Prediger.

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Um das Ganze für Arbeitgeber so einfach wie möglich zu gestalten, übernimmt LeaseRad die komplette Abwicklung zwischen Händlern, Bank und der Personalbuchhaltung der Kunden. „Das ist durchaus komplex“, berichtet der Gründer. Denn im Fahrradhandel regieren vielerorts noch Fax und Telefon. Das Start-up ist dann die Schnittstelle zu den Software-Landschaften der Firmenkunden. Um diesen möglichst viel Freiraum zu gewähren, handhabt Predigers Team auch die Kostenverteilung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer flexibel. Stimmt ein Arbeitgeber dem Fahrradleasing nur unter Murren zu, können Mitarbeiter die Raten komplett von ihrem Bruttogehalt abstottern. Nutzt er aber die Möglichkeit, seine Angestellten zu motivieren und ihr Gehalt aufzubessern, kann er sich in gewünschter Höhe an den Raten beteiligen.

Günstig ist das Fahrradleasing in jedem Fall. Einerseits muss der Mitarbeiter die Anschaffung nicht vorfinanzieren. Andererseits machen sich die Steuervorteile bezahlt. Wer bei 3000 € Bruttolohn und Steuerklasse 1 ein Pedelec für 2500 € least, hat monatlich circa 50 € weniger auf dem Konto, bekommt das Rad aber um 36 % günstiger als beim Privatkauf. Beteiligt sich der Arbeitgeber mit 25 € an den Leasingraten, liegt die Ersparnis sogar bei 50 %.

Diese Zahlen und der Erlass der Finanzbehörden nähren Predigers Zuversicht. Auf sechs feste und vier freie Mitarbeiter ist LeaseRad bereits gewachsen. Mehrere Dax-Konzerne und viele Mittelständler zählen zu den Kunden. Teils haben sie ganze Fahrradflotten geleast. Demnächst werden die ersten Leasingräder zurücklaufen. Auch damit hat das Unternehmen Pläne. „Wir wollen einen Gebrauchtmarkt für hochwertige, von uns aufbereitete Fahrräder und Pedelecs mit einjähriger Gewährleistung etablieren“, sagt er.

Dafür und für den Ausbau ihrer Vertriebsstrukturen haben die Freiburger 2012 gleich zweimal frisches Beteiligungskapital aufgenommen. Auch hier gehen sie neue Wege. Beide Runden – 100 000 € im August und weitere 220 000 € im Dezember – liefen über das Crowdfunding-Portal Seedmatch. „Wir wussten im August, dass die 100 000 € knapp bemessen sind“, sagt Prediger. Doch damals war das die Obergrenze für stille Beteiligungen des Schwarms bei einer höheren Summe hätte die Prospekt-Pflicht gegriffen. Die zweite Runde wurde durch ein neues Modell möglich: sogenannte partiarische Nachrangdarlehen, bei denen diese Pflicht entfällt.

Prediger ist rundum zufrieden mit der Finanzierung. „Der zeitliche Aufwand war für uns nicht größer als bei einer Bankfinanzierung“, berichtet er. Und das, obwohl das Start-up seine Präsentation bei Seedmatch, das Beantworten sämtlicher Fragen aus der Crowd wie auch das Aufsetzen der Verträge in Eigenregie erledigt hat. Seedmatch-Anwälte haben Letztere geprüft. „Ich fand den ganzen Prozess sehr angenehm, weil wir mit unseren Investoren jederzeit auf Augenhöhe kommuniziert haben“, sagt er. Und letztlich hat sein Unternehmen nicht nur Geld bekommen, sondern ein weit gefächertes Netzwerk von 260 Investoren, die nun im eigenen Interesse für das Fahrradleasing werben. „Sie wissen, dass jeder neue Kunde auch den Wert ihrer eigenen Beteiligung steigert“, sagt Prediger.   PETER TRECHOW

 

Ein Beitrag von:

  • Peter Trechow

    Peter Trechow ist Journalist für Umwelt- und Technikthemen. Er schreibt für überregionale Medien unter anderem über neue Entwicklungen in Forschung und Lehre und Unternehmen in der Technikbranche.

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