Studie Vision Van 08.09.2016, 14:40 Uhr

Dieser Transporter weiß, wer welches Paket bekommt

Das ist die Zukunft der Paketzustellung: Roboter beladen die Regale, Computer errechnen die beste Route, der Fahrer steuert per Joystick. Und Umwege gibt es auch nicht mehr: Empfänger abseits der Route bekommen ihr Paket per Drohne. Das ist die Idee hinter der Studie Vision Van von Daimler. Eigentlich nur ein Transporter. Aber was für einer.

Der Vision Van von Mercedes ist ein Zustellfahrzeug der Zukunft: Seine Regale werden von Robotern optimal passend zu einer vorberechneten Route beladen. Gesteuert wird der E-Van per Joystick. 

Foto: Daimler

Gesteuert wird der Transporter mit einem Joystick. Im Cockpit kann der Fahrer zudem seine Route und alle Waren im Blick behalten.

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Besonders interessant ist die Ladetechnik: Pakete und Warensendungen werden schon im Logistikzentrum in ein Regalsystem verladen, das dann komplett in den Transporter geschoben wird. Das verkürzt die Ladezeit auf fünf Minuten.

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Ein Hubarm im Inneren des Transporters entnimmt an jeder Lieferadresse die Waren und übergibt sie dem Fahrer.

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Der Transporter ist zudem mit zwei Drohnen ausgestattet, die Pakete bis 2 kg an entlegene Orte im Umkreis von 10 km zustellen können. Dies erspart dem Paketzustellung große Umwege und damit Zeit.

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Bislang ist die Paketzustellung vor allem Handarbeit. Daimler macht darauf in seiner Transporter-Studie Vision Van eine Hightech-Angelegenheit. Computer kennen alle Pakete und Adressen, die zugestellt werden müssen, rechnen die beste Route aus und arrangieren die Sendungen im Auto auch noch so, dass sie in der richtigen Reihenfolge stehen. Alle Achtung.

Mit dem Vision Van, den Daimler auf der IAA Nutzfahrzeuge vom 22. bis 29. September in Hannover vorstellt, wagt der Hersteller einen revolutionären Blick auf das Transportwesen von Übermorgen. Die ungewöhnlichste Idee: Die Regale im Transporter sind nicht fest montiert, sondern stehen auf einem Modul, das variabel ein- und ausgeladen werden kann. Und das macht möglich, das Modul vorher von Robotern beladen zu lassen.

Pakete werden vollautomatisch von Robotern verladen

Doch die Anordnung der Pakete wird nicht dem Zufall überlassen. „Neuartige Algorithmen steuern Kommissionierung und Verladung der Packstücke“, so Mercedes. Die Sendungen werden im Logistikzentrum automatisch kommissioniert und in die speziellen Regalsysteme verladen. Ähnlich wie in einer Kantine gibt es verschiedenen große Tabletts, die der Größe der Pakete angepasst werden. Die Roboter schieben so die Packstücke in unterschiedlich große Einschübe, damit kein Raum verloren geht. Das Leichtbausystem besteht aus Karbonregalen sowie Ladungsträgern aus Aluminiumblech.

Und wie kommt das Regalsystem ins Auto? Fahrerlose Förderfahrzeuge schieben die Regale automatisch und in einem Stück in den bereit stehenden Transporter. Das reduziert die Ladezeit, in der der Transporter sonst nur herumsteht, ganz enorm. Heute dauert eine Beladung im Schnitt rund 80 Minuten, so Mercedes. Das Einschieben des mit Sendungen und Paketen beladenen Moduls erfolgt in nur fünf Minuten.

Computer errechnen optimale Reihenfolge der Pakete

Die Software ermöglicht zudem eine optimale Nutzung des Laderaums, berechnet in Abhängigkeit der Empfänger die optimale Route und ordnet die Pakete so, dass das intelligente Laderaummanagement das richtige Paket an jeder Lieferadresse dem Fahrer aushändigt. Dazu entnimmt ein Hubarm im Fahrzeug die Ladungsträger für die Sendungen und übergibt sie an den Zusteller. Maxi­mal benötigt das System für die Übergabe an den Zusteller 30 Sekunden.

„Wir wissen von unseren Kunden, dass die Entnahme der Pakete am Halte­punkt heute mitunter mehrere Minuten dauern kann, weil Sendungen gesucht oder umsortiert werden müssen“, sagt Thomas Moser, Projektleiter Vision Van bei Mercedes-Benz Vans. Der Laderaum ist vollautomatisiert und wird über einen Touchscreen-Display an der Bordwand gesteuert. Hier ist jedes geladene Paket erfasst.

Steuerung des Transporters per Joystick

Aber auch bei der eigentlichen Fahrzeugtechnik stellt Mercedes interessante Ideen vor. Mercedes hat sich gegen autonome Fahrtechnik entschieden, die mit den Anforderungen an einen Zusteller in einer Fußgängerzone wohl auch überfordert wäre. Stattdessen wird der Elektro-Van wie eine Playstation oder ein Flugzeug per Joystick vom Fahrer gesteuert – kein Lenkrad, keine Pedale, kein Schaltknüppel. So kann sich der Fahrer an seinem Arbeitsplatz völlig frei bewegen. Zudem kann der Fahrersitz weit nach vorne postiert werden, um mehr Ladefläche zu generieren.

Fast konventionell ist der elektrische Antrieb, der auch die Zustellung ermöglichen soll, wenn Innenstädte in Zukunft für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor gesperrt sind. Der Motor im Vision Van leistet 75 kW. Damit kommt er auf 120 km/h. Da er überwiegend im Stadtgebiet unterwegs sein soll, ist seine Geschwindigkeit auf 80 km/h gedeckelt. Mit seinen Akkus schafft er bis zu 270 km Reichweite.

Für den Elektroantrieb spricht aber nicht nur der Einsatz in Innenstädten, das häufige An- und Abfahren und die Möglichkeit der Citysperrungen für Verbrenner. Zugleich ermöglicht der leise Elektromotor auch die Spätzustellung in Wohngebieten. Für das Versprechen mancher Internetversender, die bestellte Ware noch am selben Tag zu liefern, ist das eine wichtige Option.

„Intelligent, sauber und immer online“

„Intelligent, sauber und immer online“, fasst Volker Mornhinweg, der bei Daimler für die Vans verantwortlich ist, die Eigenschaften des Transporters von Übermorgen zusammen. Der schlaue Van ist über das Internet ständig mit der Zentrale in Verbindung. So können Kunden ganz genau bestimmen, wann die Paketsendung bei ihnen ankommen soll. Insgesamt mach der Vision Van die Paketzustellung um bis zu 50 Prozent effektiver.

Der Clou ist das von Daimler kokett Boden-Luft-Bündnis genannte Drohnen-System. Auf dem Dach des Vans sind zwei elektrisch angetriebene Drohnen des amerikanischen Herstellers Matternet platziert, die Frachten bis zu 2 kg in einem Radius von 10 km ausliefern können. Das intelligente Bordsystem weiß, wann welches Paket ausgeliefert werden muss.

Es belädt die Drohne selbständig mit dem richtigen Paket und einer jeweils frisch im Auto aufgeladenen Batterie. „Das vereinfacht das Geschäft für den Transporteur und verringert die Lieferzeit für den Endkunden rapide“, so Volker Mornhinweg. Die Drohnen sollen entlegene Zustellorte ansteuern und damit dem Fahrzeug lange Umwege ersparen.

Dashboard als Kommunikationszentrale

Am Armaturenbrett bekommt der Fahrer die Informationen zum aktuellen Drohnenflug angezeigt. Auch die Routenplanung hat er über das Dashboard immer im Blick. Selbst der Fahrzeugboden im Vision Van dient der Kommunikation. Dank eines speziellen Effekts scheinen LED-Anzeigen im Edelstahlboden, die dem Fahrer signalisieren, ob sich Fußgänger oder Fahrradfahrer nähern.

Mit Lichtanzeigen an Heck und Front warnt der Vision Van andere Verkehrsteilnehmer wie Autofahrer und Radfahrer, wenn das Fahrzeug anhält oder der Zusteller aussteigt. Auch wenn eine Drohne abhebt, warnen die Lichter.

Ob die Deutsche Post ein Kunde für den Vision Van wird, ist fraglich. Denn der größte deutsche Logistiker ist selbst unter die Fahrzeughersteller gegangenen und produziert jetzt seine E-Transporter selbst.

Eine spektakuläre Studie hatten die Mercedes-Ingenieure übrigens erst vor zwei Wochen mit dem Vision Mercedes-Maybach 6 vorgestellt: Ein Traum in rot, fast sechs Meter lang, mit Flügeltüren und edelsten Materialien. Und ein Stromer.

 

Ein Beitrag von:

  • Axel Mörer-Funk

    Axel Mörer-Funk ist Gesellschafter der Medienagentur S-Press in Bonn. Nach einem Volontariat beim Bonner Generalanzeiger und dem Besuch der Journalistenschule Hamburg arbeitete er u.a. als freier Journalist für dpa, Bunte und Wirtschaftswoche.

  • Detlef Stoller

    Detlef Stoller ist Diplom-Photoingenieur. Er ist Fachjournalist für Umweltfragen und schreibt für verschiedene Printmagazine, Online-Medien und TV-Formate.

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