Dieser Ventilator ist so stark wie vier Formel-1-Autos
Was passiert, wenn es im längsten Eisenbahntunnel der Welt, dem Gotthard-Basistunnel, brennt? Dann springen Ventilatoren an, die so stark sind wie vier Formel-1-Autos. Sie haben 3263 PS.
Wie verhindern, dass der 57 km lange Gotthard-Basistunnel im Brandfall zur Todesfalle wird? Die Planer haben in Faido und Sedrun, ungefähr bei km 18 und 36, zwei Nothaltestellen gebaut. Dort können Zugpassagiere bei einem Feuer in sichere Bereiche flüchten, in die vier Zuluftventilatoren mit je 1,5 MW Antriebsleistung pro Sekunde jeweils 275 m3 Frischluft blasen.
Noch stärker sind die vier Abluftventilatoren, die bis zu 400 °C heiße Gase aus der Nothaltestelle absaugen. Zum Vergleich: 2,4 MW entspricht 3263 PS, das heißt, ein Abluftventilator hat die Antriebsleistung von vier Formel-1-Boliden. Hinter der Entwicklung steckt das 603 Mitarbeiter große Unternehmen TLT Turbo aus Zweibrücken.
Vorbeirasende Züge: Ventilatoren stellen sich automatisch auf Druckverhältnisse ein
Im Normalbetrieb erwarten Experten im Tunnel Temperaturen von 45 °C. Das Problem: Für den Bahnverkehr sind maximal 40 °C zulässig. Deswegen kommen im Tunnel auch 24 sogenannte Strahlventilatoren zum Einsatz, die die gesamte Luftsäule in der Tunnelröhre in Bewegung versetzen.
Die Ingenieure mussten dabei den besonderen aerodynamischen Bedingungen im Zugtunnel Rechnung tragen. Da Züge bis zu 250 km/h schnell werden, bestand die Gefahr, dass Druckstöße die Geräte beschädigen. Die Ingenieure haben deswegen eine sogenannte Pumpgrenzvorwarneinrichtung integriert, die Druckverhältnisse im Tunnel zehn Mal pro Sekunde misst. Verändert sich bei einem vorbeirasenden Zug der Druck, verstellen die Ventilatoren automatisch die Anstellwinkel der Laufschaufeln. Das verhindert, dass die Ventilatorlaufräder wegen zu hoher Beschleunigung einen Schaden davontragen.
„Anders als sonst bei Tunnelaufträgen kamen hier keine standardisierten Ventilatoren, bei denen es sich praktisch um Katalogware handelt, zum Einsatz, sondern es wurden Prototypen entwickelt, getestet, eingebaut und in Betrieb genommen“, sagt Andreas Kuhn, Projektleiter beim Gotthard-Basistunnel-Projekt.
Gotthard-Basistunnel soll am 11. Dezember den Betrieb aufnehmen
Die feierliche Einweihung des Gotthard-Basistunnels war am 1. Juni 2016, der Betrieb soll am 11. Dezember starten. Dann wird sich die Fahrtzeit zwischen Zürich und Mailand um eine Stunde verkürzen – auf zwei Stunden und 40 Minuten. Auch der Güterverkehr soll effizienter werden. Da der Streckenverlauf keine nennenswerte Steigungen hat, können Güterzüge auf das zeitaufwendige Ankoppeln einer zusätzlichen Lok verzichten.
Was sich die Ingenieure für den längsten Eisenbahntunnel der Welt noch ausgedacht haben, können Sie hier nachlesen.
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