E-Autos im Winter – wo genau liegt das Problem?
Bei kalten Temperaturen sinkt die Reichweite von E-Autos, das ist unbestritten. Aber das ist bei Verbrennern nicht anders, wenn auch nicht so gravierend. Warum das so ist und wie Sie die Reichweite Ihres Elektroautos steigern, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Sobald es draußen kälter wird und die ersten Schneeflocken am Himmel tanzen, sind die Medien voll von Meldungen über E-Autos und ihre enormen Reichweitenverluste, die sie dadurch erleiden. Man könnte fast das Gefühl haben, die Fahrzeuge schaffen es nicht einmal mehr zum Bäcker oder zur Schule, um den Nachwuchs dorthin zu bringen. Das ist aber nicht so, im Alltag bringt dieser Leistungsverlust kaum Einschränkungen. Klar ist, E-Autos fahren im Winter nicht so weit wie im Sommer. Klar ist aber auch, das ist bei Benzinern und Diesel-Autos nicht anders. Das wird jedoch kaum erwähnt. Erfahren Sie in diesem Beitrag, wie Sie mit Ihrem E-Auto gut durch den Winter kommen.
Warum sinkt im Winter die Reichweite von E-Autos?
Es gibt mehrere Gründe, warum im Winter die Reichweite eines E-Autos sinkt. Da ist zunächst einmal die Energie, die aufgewendet werden muss, um den Innenraum des Fahrzeugs auf Wohlfühltemperatur zu bringen. Meist müssen auch die Scheiben enteist werden, das geschieht bei E-Autos in aller Regel elektrisch. Darüber hinaus sind bei Elektrofahrzeugen häufig Sitzheizung und Lenkradheizung verbaut. Das frisst alles Strom aus der Antriebsbatterie.
Die Antriebsbatterie selbst tut sich bei kalten Temperaturen ungleich schwerer, das hat physikalisch- chemische Gründe. Am besten funktioniert der Akku in einem Temperaturbereich zwischen 20 und 40 Grad Celsius. Im Winter ist es eine Herausforderung für die Technik, die Batterie in diesem Temperaturfenster zu halten. Auch das geht dann zu Lasten der Reichweite des E-Autos.
Ein weiteres „Problem“ kommt bei E-Autos dazu: Sie sind ungemein effizient, so dass beim Betrieb kaum Abwärme entsteht. Bei Verbrennern ist das anders, da kann diese Abwärme des Motors zum Heizen des Innenraums genutzt werden. Beim Elektroauto muss die Wärme hingegen immer erst erzeugt werden.
Wieviel höher ist der Verbrauch von E-Autos im Winter?
Messungen, zum Beispiel vom ADAC, haben ergeben, dass der Mehrverbrauch bei E-Autos im Winter zwischen 10 und 30 Prozent liegt. Das sind recht große Unterschiede, die sich aus verschiedenen Gründen so ergeben. Zum einen gilt: Je größer der Akku und je kälter die Außentemperatur, desto mehr Energie wird benötigt. So eine Batterie wiegt in der Regel mehrere hundert Kilo. Es benötigt eine große Menge Strom, um die auf Temperatur zu bekommen.
Wichtig sind aber auch die verbaute Heiztechnik und die vom Autohersteller vorgegebene Heizstrategie für den Akku. Diese wird über eine Software gesteuert – und zwar mit dem Ziel, so wenig Energie wie möglich aufzuwenden. Es muss aber so viel Energie sein, dass der Akku ideal erwärmt wird. Manchmal geht das auch schief, so wie beim VW ID.3. Der ADAC hat herausgefunden, dass dieser beim Kaltstart besonders viel Energie benötigt. Der Energieverbrauch stieg im Winter und Kurzstreckenbetrieb demnach um 99 Prozent. Durch ein Software-Update lassen sich solche Fehler zum Glück beheben.
Mit dem Einbau einer Wärmepumpe lässt sich die Reichweite im Winter erhöhen. Wie aktuelle Tests des ADAC jedoch zeigen, ist das allein noch keine Garantie, dass die E-Autos wirklich effizient unterwegs sind. Viel wichtiger ist es, das gesamte Heizungspaket gut aufeinander abzustimmen. Generell lässt sich jedoch sagen: Selbst, wenn ein E-Auto wie der VW ID.4 rund 30 Prozent seiner Reichweite im Winter einbüßt, so kommt er immer noch 280 Kilometer weit. Das ist wesentlich mehr als ein deutsches Durchschnittsfahrzeug täglich zurücklegt. Pro Tag legen Autos in Deutschland im Schnitt etwa 35 Kilometer zurück.
Tipps für mehr Reichweite im Winter
Gänzlich vermeiden lassen sich Reichweitenverluste im Winter aus genannten Gründen nicht, sie lassen sich jedoch minimieren. So empfiehlt es sich zum Beispiel, das Auto vorzuheizen, solange es noch an der Wallbox oder Ladestation lädt. Das sorgt nicht nur für mehr Reichweite, Sie sparen sich außerdem das Kratzen der Scheiben und Sie steigen in ein warmes Auto. Perfekt ist es, wenn Sie Ihr Fahrzeug in einer Garage abstellen und so ein extremes Abkühlen des Akkus vermeiden können.
Wenn Sie die Sitzheizung statt der Innenraumheizung nutzen, erhöhen Sie ebenfalls die Reichweite Ihres E-Autos im Winter. Heizgebläse haben eine Maximalleistung von über fünf Kilowatt, bei der Sitzheizung beträgt sie hingegen lediglich einige hundert Watt. Da die Wärme direkt Ihren Körper erwärmt, kann die Innenraumtemperatur zudem gesenkt werden, ohne dass dabei Behaglichkeit verloren geht. Das ist so ähnlich wie bei einer Infrarotheizung.
Falls Ihr E-Auto eine Sparfunktion in der Heizung hat, sollten Sie diese nutzen, wenn Sie allein unterwegs sind. Dann wird vorwiegend nur der Fahrerplatz beheizt. Generell sollten Sie kurze Fahrten mit langen Standzeiten dazwischen vermeiden. Gerade dann wird besonders viel Energie benötigt und die Reichweite sinkt. Energie lässt sich zudem im Fahrmodus „Eco“ sparen, das reduziert oder verhindert auch ein Durchdrehen der Räder.
Bedenken Sie außerdem, dass eine ausgekühlte Batterie die Ladeleistung merklich begrenzt. Daher ist es sinnvoll, den Akku aufzuladen, solange dieser noch warm ist. Laden Sie Ihr E-Auto daher bevorzugt eher abends nach der Fahrt als morgens vor der Fahrt. Noch ein letzter Tipp zum Abschluss: Halten Sie die Türen und Fenster nicht länger offen als notwendig, damit die Wärme nicht verloren geht.
E-Autos im Winter bei Stau ein Problem?
Es hält sich hartnäckig das Vorurteil, dass bei einem Stau der Akku eines E-Autos schnell leer sei und man fürchten müsse, zu erfrieren. Der ADAC hat dies getestet: Der Automobilverband hat einen Renault Zoe und einen VW e-up mit einer Innenraumtemperatur von 22 Grad (was schon recht hoch ist, in der Regel sollten auch knapp unter 20 Grad ausreichen) und eingeschalteter Sitzheizung im aktiven Betriebsmodus abgestellt. Bedingungen, wie wir sie in einem Stau vorfinden.
Die Außenlufttemperatur betrug zwischen -9 und -14 Grad Celsius, es war also bitterkalt. In den meisten Regionen Deutschlands erreichen wir diese Temperaturen nur an wenigen Tagen im Jahr, wenn überhaupt. Nach 12 Stunden waren beim Renault Zoe rund 70 Prozent, beim VW e-up rund 80 Prozent der Akkuladung verbraucht. Die meisten Staus sollten sich innerhalb dieser Zeit wieder aufgelöst haben. Klar ist aber natürlich, wer mit einem Akkustand von 10 Prozent in einen Stau gerät, wird eventuell Probleme bekommen, dass der Akku leerläuft bzw. frieren müssen, wenn er den Motor ausstellt.
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