E-Flieger Airbus E-Fan und Duvals Cri-Cri haben Ärmelkanal überflogen
Der Jubel war groß, als Testpilot Didier Esteyne heute Mittag um 11 Uhr im Airbus E-Fan im französischen Calais landete. Zum ersten Mal hatte ein Mensch in einem Elektroflugzeug den Ärmelkanal überquert. Zum ersten Mal? Zuvor ist der französische Pilot Hugues Duval mit seinem zweimotorigen Elektroflugzeug Cri-Cri am Donnerstag über den Kanal geflogen.
Planmäßig und bei ruhigem, sonnigem Wetter war Airbus-Pilot Esteyne heute Vormittag auf dem Flugplatz in Lydd an der Südküste Englands gestartet. Etwa 37 min später landete er sein einsitziges Elektroflugzeug Airbus E-Fan 1.0 im 74 km entfernten Calais auf der anderen Seite des Ärmelkanals. In einer Flughöhe von 1000 m hatte er damit als erster Mensch in einem Elektroflugzeug den Kanal überquert – eine Weltpremiere, für die Airbus schon im Vorfeld kräftig die Werbetrommel gerührt hatte.
Der zweimotorige E-Fan 1.0 ist Prototyp und Demonstrationsobjekt einer neuen Generation von E-Flugzeugen, die Airbus und seine Partner in naher Zukunft und zunächst als Zwei- und Viersitzer in Serie produzieren wollen.
Doch inzwischen ist fraglich, ob die Airbus wirklich der erste Elektroflieger war, der den Ärmelkanal überflogen hat. Der Aero Club Frankreich gratuliert nämlich offiziell auf seiner Webseite dem französischen Piloten Hugues Duval zum Weltrekord. Duval flog am Donnerstagabend in nur 17 min mit seinem elektrischen Kleinflugzeug Cri-Cri (Grille) von Calais nach Dover geflogen sein.
Er drehte eine Runde über Dover und flog sofort wieder retour und landete nach eigenen Angaben auf seiner Facebook-Seite wieder um 19:40 Uhr in Calais. Duval, Pilot der Air France, hatte sein Kleinflugzeug 2011 auf der Pariser Flugschau in Le Bourget vorgestellt und mit 283 km/h einen Geschwindigkeitsrekord für Elektroflugzeuge aufgestellt. Er ist Mitglied im Flugclub Yankee Delta und betreibt Formationsflüge. Auch der Verein Yankee Delta gratuliert seinem Mitglied Duval zum Rekord.
„Wir gratulieren Hugues Duval zu seinem Flug in einer ,Cri Cri’! Er spielt in einer anderen Liga“, teilte Airbus inzwischen mit und reagierte damit auf Duvals kühnen Flug. „Alle diese Flüge sind ein wichtiger Beitrag zu unserem gemeinsamen Ziel, elektrisches und hybrides Fliegen voranzubringen. Aber natürlich sind wir jetzt vor allem stolz auf unseren Testpiloten Didier Esteyne.“
Auch slowenischer Flugzeughersteller plante Weltpremiere
Doch Duval ist nicht der einzige, der Airbus zuvorkommen wollte. Ein Elektroflugzeug hat auch der slowenische Flugzeughersteller Pipistrel gebaut. Sein zweisitziges Modell Alpha Electro ist vor allem für Schulungsflüge gedacht. Nun plante Pipistrel nach eigenen Angaben bereits seit Oktober vergangenen Jahres ebenfalls einen Elektroflug über den Ärmelkanal, in Kooperation mit seinem französischen Händler Finesse Max. Der geplante Termin: 7. Juli, drei Tage vor der groß angekündigten Weltpremiere von Airbus. Die damit keine mehr gewesen wäre.
Doch es kam nicht dazu. Am 5. Juli erhielt Pipistrel-Chef Ivo Boscarol einen Brief aus der Electric-Aircraft-Abteilung der Siemens AG. Darin verbieten ihm die beiden unterzeichnenden Chefs Dr. Anton Frank, Leiter des e-Aircraft-Teams, und Tim Grage, in seinem Elektroflugzeug übers Meer zu fliegen.
Denn im Alpha Electro steckt ein 80 kW-Motor von Siemens. Und der sei, so stellen die Siemens-Chefs klar, für einen Flug über Wasser weder gemacht, noch getestet oder zugelassen. Schon aus Flugsicherheitsgründen erlaube Siemens daher niemandem, mit diesem Motor übers Wasser zu fliegen. Außerdem sei Pipistrel eine Weitergabe des Siemens-Motors an Dritte vertraglich nicht gestattet. Der Unternehmer wird aufgefordert, den Motor unverzüglich zurückzugeben.
Siemens-Motor soll nicht übers Wasser fliegen
„Wir bedauern dieses Vorgehen von Siemens, das unseren Flug über den Kanal verhindert hat, zutiefst“, nimmt Boscarol auf der Homepage von Pipistrel auf Englisch Stellung, zumal der Siemens-Motor den Flug ja erst ermöglicht und Siemens insofern davon profitiert hätte. Davon, dass man mit dem Motor nicht übers Wasser fliegen darf, sei in der langjährigen und guten Zusammenarbeit mit Siemens nie die Rede gewesen. Leider habe das Interesse des Kapitals einmal mehr gesiegt, bedauert Boscarol, „wir haben den Wettkampf auf Kosten des FairPlay verloren.“
Siemens arbeitet auf dem Gebiet des E-Fliegens auch mit Airbus zusammen. Am E-Fan sei man aber nur insoweit beteiligt, als das man den Elektromotor, mit dem der Airbus jetzt den Kanal überquerte, zusammen mit einem weiteren Partner validiert hätte, erklärt Florian Martini, Siemens-Sprecher für Forschung & Innovation, gegenüber Ingenieur.de.
Kein Teil im E-Fan stamme aus dem Hause Siemens. „Wir haben von dem Vorhaben von Pipistrel nur zufällig von den Flugsicherheitsbehörden erfahren“, erklärt Martini. Als Lieferant des Motors für diesen Flug hätte der Partner, mit dem man immer eine „gute Zusammenarbeit“ gehabt habe, Siemens jedoch in das Projekt einbinden müssen. Das elektrische Fliegen sei noch jung und es gebe bislang noch keine technischen Standards die Sicherheit betreffend. „Deshalb muss enorm darauf geachtet werden“, bekräftigt Martini noch einmal das Argument, dass die Eignung des Motors nicht für den Flug übers Meer nicht überprüft wurde.
Nach Informationen der Zeitung „Die Welt“ hatte Pipistrel überdies gar nicht die Genehmigung der französischen Flugaufsichtsbehörde DGAC (Direction générale de l’aviation civile) für den Flug über den Kanal. Pipistrel Chef Boscarol behauptet in seiner Stellungnahme dagegen, alle Genehmigungen hätten vorgelegen.
Hugues Duval ist dagegen ohne Genehmigung geflogen. Er benötige für solch einen Flug keine Genehmigung, so Duval.
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