E-Mobilität: Batterien für die letzte Meile
Ob Deutsche Post, Amazon oder Zalando, wer Waren an Privatkunden liefert, hat gut zu tun. Damit die Auslieferung effizient, emissionsarm und geräuschlos vonstattengeht, setzen die Großen der Branche auf batteriebetriebene Lieferfahrzeuge.
Die letzte Meile ist für viele Unternehmen ein wesentlicher Faktor ihrer Logistikkette. Insbesondere beim Versand von Waren müssen täglich Millionen von Kunden angefahren werden, um die bestellten Lieferungen an die Haustür zu bringen. In Deutschland sind es allein etwa 12 Millionen Zustellungen pro Tag. Da verwundert es nicht, dass stetig nach neuen Beförderungskonzepten gesucht wird. Einige Unternehmen wie die Deutsche Post, Amazon und Zalando orientieren sich dabei an energieeffizienten Modellen und wollen künftig vermehrt auf E-Mobilität setzen.
Versandhäuser kooperieren mit Mercedes-Benz
Bereits seit Mitte des letzten Jahres arbeiten der Versandhändler Amazon und Mercedes-Benz Hand in Hand, um die Zustellung innerhalb von Großstädten deutlich umweltschonender zu gestalten. Mit an Bord sind neben der RWE-Tochtergesellschaft Innogy auch die Fahrzeugwerke der Lueg AG. Gemeinsam sorgt die Kooperation seit Ende 2018 dafür, dass Amazon insgesamt 100 eVitos von Mercedes-Benz auf der letzten Meile testet. Die Transporter sind mit einer Batteriekapazität von 41,4 Kilowattstunden (kWh) ausgestattet, sodass sie im regulären Straßenverkehr innerorts bis zu 150 Kilometer zurücklegen können.
Parallel zur Fahrzeugflotte haben die Unternehmen ein sogenanntes BaseCamp in Amazons Logistikzentrum in Bochum aufgebaut, das von der Lueg AG betribeen wird. Hier werden die Fahrzeuge mithilfe von modernen Scannern binnen 30 Sekunden auf mögliche Fehler und Beschädigungen untersucht. Die dabei entstehenden Bilder werden über ein internes Netzwerk auf eine Plattform geladen. Sofern Schäden zu erkennen sind, übernehmen die Lueg-Fahrzeugwerke die Reparaturarbeiten.
Wie Amazon hat sich nun auch Zalando dazu entschieden, elektrisch betriebene Lieferfahrzeuge auf der letzten Meile einzusetzen. Das Unternehmen greift dabei ebenfalls auf den eVito zurück, da er mit einer Reichweite von 150 Kilometern bei einer Ladezeit von nur 6 Stunden wie geschaffen für den täglichen Einsatz innerorts ist. Getestet wird derzeit noch, mit welchen Höchstgeschwindigkeiten die Fahrzeuge durch die Stadt manövriert werden sollen. Da sich die Höchstgeschwindigkeit des eVito konfigurieren lässt, ergibt eine Begrenzung auf maximal 80 km/h durchaus Sinn. Eine höhere Geschwindigkeit ist im Bereich von Städten nicht zulässig, während eine Begrenzung zeitgleich die Reichweite vergrößert, respektive Energie spart.
Mercedes als Vorreiter der elektrischen Citylogistik
Dass Mercedes-Benz sowohl bei Amazon als auch bei Zalando als Kooperationspartner aktiv ist, kommt nicht von ungefähr. Erst kürzlich hat Mercedes-Benz in Ludwigsfelde 34 Spezialaufbauten präsentiert, die auf der gesamten Transporterflotte der Marke montiert werden können. Darunter befindet sich auch der sogenannte Polarfuchs. Dabei handelt es sich um einen Aufbau mit integrierter Kühlanlage. Mithilfe dieser Anlage soll es künftig möglich sein, gekühlte Lebensmittel ganz ohne Emissionen auszuliefern. Entscheidender Vorteil des Polarfuchses ist, dass die Kühlanlage direkt an das Fahrzeugbordnetz geklemmt wurde. Somit entfallen sämtliche Zusatzbatterien.
DHL Streetscooter vor dem Aus?
Allerdings ist es noch gar nicht so lange her als die deutschen Automobilhersteller der Sache noch sehr skeptisch gegenüberstanden. Als die Post-Tochter DHL vor fünf Jahren auf batteriebetriebene Zustellfahrzeuge umstellen wollte, übernahm sie zunächst einen Elektroauto-Hersteller und ging dann selbst unter die Fahrzeugbauer. Die Post baut ihre Elektrotransporter lieber selbst, titelten wir noch vor zwei Jahren. Mittlerweile fährt sie nicht nur selbst rund 9.000 Stück der elektrischen Lieferwagen, sondern verkauft sie auch an andere Zusteller. Doch die Erfolgsgeschichte des Quereinsteigers in die Automobilproduktion könnte bald ein Ende finden. Nachdem der letzte Streetscooter-Gründer im Oktober ausgestiegen ist, gab die Post bekannt, der Streetscooter stehe auf dem (wirtschaftlichen) Prüfstand. Hauptprobleme des Streetscooter sind seine lange Ladezeit bei überschaubarer Reichweite.
Darum fokussiert sich die Logistik auf die E-Mobilität
Bisher wurden die meisten Bestellungen mit herkömmlichen Transportern ausgeliefert, die durch Benzin- oder Dieselmotoren betrieben werden. Insbesondere innerorts ergeben sich daraus zunehmend Probleme, die mit den batteriebetriebenen Lieferfahrzeugen behoben werden sollen. Da Emissionen fast gänzlich entfallen, sind die getesteten Konzepte deutlich umweltschonender als die bisherigen Zustellungsformen. Darüber hinaus können die Unternehmen durch den Einsatz von E-Fahrzeugen sicherstellen, dass Änderungen an Emissionswerten oder gar Fahrverbote in Innenstädten nicht zu Problemen im innerbetrieblichen Ablauf führen. Zugute kommen die neuen Antriebe auch den Anwohnern. Sie werden weniger durch den Fahrzeuglärm belästigt und sind geringeren Mengen an Abgasen ausgesetzt. Zwar stehen die letzten beiden Aspekte nicht unbedingt im Fokus der Unternehmen, allerdings sind sie nicht von der Hand zu weisende Nebenprodukte der Umstellungen.
In der öffentlichen Wahrnehmung ist noch nicht so recht angekommen, wie sehr sich große Unternehmen und Dienstleister derzeit darum bemühen, energieeffizienter zu arbeiten. Tatsächlich sind die Bemühungen jedoch immens. Kein Wunder, denn einerseits sorgen die regelmäßigen Änderungen mit Blick auf die Umweltzonen und Fahrverbote innerorts dafür, dass große Unternehmen ihre bisherigen Flotten regelmäßig überarbeiten mussten. Andererseits besteht die Möglichkeit, an innovativen Konzepten zu arbeiten, die nicht nur umweltschonend und nachhaltig sind, sondern auch der Unternehmensstruktur zugutekommen. So zeigt das Beispiel des BaseCamps von Amazon in Bochum, dass der Einsatz von Scannern den Wartungsaufwand deutlich minimieren kann. In der Praxis bedeutet dies, dass die E-Mobilität auf der letzten Meile nicht nur ein Experiment ist, sondern in Zukunft eine vielversprechende Alternative zu bisherigen Lösungen darstellt, die in einigen Jahren darin gipfeln könnte, dass die Zustellung größtenteils durch autonome E-Fahrzeuge erfolgt.
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