Alternative Antriebe 19.09.2019, 12:21 Uhr

E-Mobilität: Biomethan schlägt Elektroauto mit Akku

Fraunhofer-Experten sehen Erdgasautos, die mit Methan aus Biogasanlagen betrieben werden, als umweltverträglichste Lösung, wenn es um den Ausstoß von Kohlendioxid geht. Auch von den Kosten her ist der Antrieb attraktiv.

Foto: WELTEC BIOPOWER

Foto: WELTEC BIOPOWER

Elektro-Pkw, die von Batterien mit Strom versorgt und im Jahr 2019 gekauft werden, verursachen bis 2030 mehr Kohlendioxidemissionen als Erdgasfahrzeuge, die mit Biomethan betrieben werden. Einbezogen sind dabei die Veränderungen im deutschen Strommix, die in dieser Zeit erwartet werden, und die hohen Emissionen bei der Herstellung der Batterien. Zu diesem überraschenden Ergebnis kommen Forscher des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) in Karlsruhe in einer Studie mit dem Titel „Klimabilanz, Kosten und Potenziale verschiedener Kraftstoffarten und Antriebssysteme“. Schlechter noch als Batterie-Elektroautos schlagen Elektrofahrzeuge ab, die von Brennstoffzellen mit Strom versorgt werden. Und das gilt nicht nur für Pkw, sondern auch bei schweren Lkw sieht es ähnlich aus.

In der Praxis scheint diese Erkenntnis aber noch lange nicht angekommen zu sein. Zwar existiert bereits eine – wenn auch rudimentäre – Infrastruktur, die schrumpft allerdings seit 2016 kontinuierlich. Derzeit gibt es bundesweit knapp 900 Erdgas-Tankstellen. Zum Vergleich: Die Bundesnetzagentur zählt im Rahmen der Ladesäulenverordnung rund 10.100 Ladestationen für batteriebetriebene Elektroautos (BEV).

Genug Biomethan für 8,8 Millionen Pkw

Grundsätzlich stünde in Deutschland jedoch schon heute genug Biomethan zur Verfügung. Martin Wietschel, stellvertretender Leiter des Competence Centers Energietechnologien und Energiesysteme und Leiter des Geschäftsfelds Energiewirtschaft am ISI, kommt mit seinen Mitarbeitern zu dem Schluss, dass in Deutschland in Biogasanlagen genügend Biomethan hergestellt werden kann, um bis zu 8,8 Millionen Erdgasfahrzeuge zu versorgen. Dazu müsste es allerdings aus der Verstromung und der Wärmeerzeugung herausgenommen werden. Würde zusätzliches Biomethan aus den bisher ungenutzten Rest- und Abfallstoffen produziert, reichte das Gas für noch mehr Pkw und schwere Lkw.

Emissionsminderung liegt bei 60 %

Ein Erdgas-Fahrzeug, 2019 gekauft und stets mit Biomethan betrieben, emittiert bis 2032 rund 60 % weniger Kohlendioxid als ein Dieselfahrzeug gleicher Klasse, das ebenfalls 2019 erworben wurde. Wenn man zusätzlich Gutschriften für Gülle nach der heutigen Gesetzeslage (Erneuerbaren-Richtlinie RED II) berücksichtigte, führt dies sogar zu negativen Treibhausgasemissionen. Es sind über die gesamte Lebensdauer 15 Tonnen CO2-Äquivalent. Elektroautos emittieren direkt und indirekt deutlich mehr. „Die E-Mobilität steht oft positiver da als sie in Wirklichkeit ist“, ärgert sich Jens Albartus, Geschäftsführer des Biogasanlagenherstellers Weltec Biopower aus Vechta.

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Die Fraunhofer-Forscher nutzten in der Studie die Well-to-Wheel-Analyse. Dabei werden sowohl die direkten als auch die indirekten Emissionen über den gesamten Pfad der Bereitstellung eines Energieträgers betrachtet – von der Gewinnung des Rohstoffs bis zum Einbau ins Fahrzeug.

Biomethan ist etwas teurer als Diesel

Von den Kosten her gesehen sind die Biomethanpfade bei Pkw gegenüber dem fossilen Kraftstoff Diesel heute und 2030 nur etwas höher. Anders sieht es bei schweren Lkw aus, weil die Kraftstoffkosten einen deutlich höheren Einfluss haben. Man kann Biomethan auch aus Wind- und Solarstrom sowie aus Wasserkraft und Kohlendioxid herstellen. Dann werde es jedoch deutlich teurer, sagen die ISI-Forscher.

Das liegt daran, dass die Elektrolyseure, die den Rohstoff Wasserstoff liefern, kontinuierlich betrieben werden, um einen günstigen Wirkungsgrad zu erreichen. Da Ökostrom aber nicht immer zu haben ist, müssen sie zeitweise mit dem in Deutschland existierenden Strommix versorgt werden. Das verursache hohe Emissionen. Wäre allerdings sichergestellt, dass ausschließlich Ökostrom eingesetzt wird, wären Erdgasautos, die synthetisches Methan tanken, die Umweltsieger.

Synthetische Treibstoffe könnten Lücken füllen

Trotzdem verteufeln die ISI-Experten diese Art der Kraftstoffherstellung  nicht. Bei Schiffen könne man nur Einzelfällen auf Elektrobetrieb umsteigen, etwa bei Fähren. Hier könnten synthetische Kraftstoffe – flüssig oder gasförmig – zur Umweltentlastung beitragen, ebenso bei Flugzeugen. Hier wäre es natürlich Biokerosin.

Bei schweren Lkw lassen die Autoren auch Brennstoffzellen-Versorgung zu. Das sei „eine sinnvolle Alternative zu batterieelektrischen Fahrzeugen, auch weil sie sich sehr schnell wieder betanken lassen“.

Fazit: Erdgasautos sind am günstigsten

Bei den Kosten haben die reinen Erdgasautos die Nase vorn. Sie sind von allen konventionell und alternativ angetriebenen Fahrzeugen die günstigsten, wen sie mit fossilem Erdgas betrieben werden. Wird zunehmend Biomethan beigemischt, verschlechtert sich die Kostenbilanz.

Die Analyse der Kosten zeigt, dass Batteriefahrzeuge heute im Vergleich zu einem Dieselfahrzeug über die Fahrzeuglebensdauer 8.000 Euro (Mittelklassefahrzeug) beziehungsweise 20.000 Euro (Oberklassenfahrzeug) teurer sind. Im Jahr 2030, wenn die Entwicklung von E-Fahrzeugen vorangeschritten und ihr Preis gesunken ist, liegen sie bei beiden Fahrzeugklassen leicht unter den Dieselfahrzeugen.

 

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Ein Beitrag von:

  • Wolfgang Kempkens

    Wolfgang Kempkens studierte an der RWTH Aachen Elektrotechnik und schloss mit dem Diplom ab. Er arbeitete bei einer Tageszeitung und einem Magazin, ehe er sich als freier Journalist etablierte. Er beschäftigt sich vor allem mit Umwelt-, Energie- und Technikthemen.

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