E-Roller von Kumpan: Im Look der 1950er-Jahre 150 Kilometer weit schnurren
Drei Brüder bauen die reichweitenstärksten E-Roller auf dem Markt, verbinden moderne umweltfreundliche Technik mit dem Design der 1950er-Jahre – und wollen Benzinroller völlig von den Straßen verdrängen: Dafür haben sie 2009 die Firma Kumpan electric in Remagen nahe Bonn gegründet. Ein Ex-Tesla-Manager unterstützt das Unternehmen jetzt bei seinem Vorhaben.
Für Daniel, Patrik und Philipp Tykesson sind die E-Roller mehr als einfache Fortbewegungsmittel, sie sind Weggefährten oder eben – in Anlehnung an den Namen des Start-ups – Kumpane. Bislang umfasst das Angebot der Manufaktur drei stromernde Weggefährten.
Da wären das jüngste Modell, der Tretroller 1950 mit Straßenzulassung, bei dem die Beinarbeit durch einen Elektroantrieb unterstützt wird, sowie die beiden E-Roller 1953 und 1954L.
Viertes Modell in Arbeit
Noch führt der Elektroroller hierzulande ein Nischendasein: Auf Deutschlands Straßen sind lediglich rund 20.000 Elektroroller unterwegs. Ganz anders im Reich der Mitte: In China schnurren etwa 200 Millionen von ihnen durch die Städte und über Land. Mit Blick auf Europa erklärt das Start-up: „Hier warten 1,2 Millionen motorisierte Zweiräder darauf, durch Kumpane ersetzt zu werden.“ Es gibt also viel zu tun für die Firma Kumpan electric, die sich in Remagen ausgerechnet in der Dieselstraße 28 angesiedelt hat.
Und so arbeitet Kumpan electric gerade am vierten Modell, dem E-Roller 1954Ri. Mit prominenter Unterstützung: Für dieses Projekt konnten die Geschwister den ehemaligen Tesla-Manager Peter Carlsson mit ins Boot holen. Er investiert Zeit und Geld in das junge Unternehmen. So beteiligt sich Carlsson, der bei Tesla für die Lieferkette verantwortlich war, nicht nur an einer insgesamt siebenstelligen Finanzierung, sondern steht den Brüdern auch beratend zur Seite, hat ihnen zum Beispiel bei der Auswahl von Zulieferern und einzelnen Vertragsbestandteilen geholfen.
Warum er das macht? Der Schwede Carlsson hat sich vorgenommen, die Elektromobilität in Europa voranzutreiben. Dafür hat er selbst das Start-up Northvolt gegründet, mit dem er die erste Gigafabrik für Batteriefertigung nach Europa bringen will. Ab 2020 soll in Skandinavien produziert werden.
Tesla hat unterdessen in Nevada bereits in seiner zu knapp einem Drittel fertig gebauten Gigafactory mit der Batterieproduktion begonnen. Bis die angestrebten 500.000 Akkus für Elektrofahrzeuge jährlich produziert werden können, wird es aber auch 2020. Kooperationspartner bei den Batterien ist Panasonic. 2016 hatte Tesla-Chef Elon Musk angekündigt, auch in Europa eine gigantische Batteriefabrik bauen zu wollen.
Reichweite von 150 Kilometern
Zurück ins Rheinland: Die Kumpan-Roller erinnern nicht nur vom Design her an die klassischen Vespa-Roller, auch preislich liegen die Anschaffungskosten relativ nah beieinander. So kostet der Einsitzer Kumpan 1953 inklusive einem Akku 3.849 Euro, der Zweisitzer Kumpan 1954 liegt bei 3.999 Euro. Zu diesem Preis lässt sich allerdings nicht das besondere Kumpan-Wechselakku-System ausnutzen, bei dem bis zu drei Akkus parallel eingesetzt werden können und der E-Roller bis zu 150 Kilometer weit kommt. Mit der Grundausstattung, also einem Akku, reicht es nur für etwa 50 Kilometer. Ein Zusatzakku kostet jeweils 999 Euro extra.
Von LG stammen die Lithium-Ionen-Zellen mit einem Energiegehalt von 1479 Wattstunden, einer Kapazität von 29 Amperestunden und einer Spannung von 50,7 Volt, die Kumpan einsetzt und „Kraftpakete“ nennt. Von Kumpan entwickelt wurde das Batterie-Management-System (BMS). Es kontrolliert und beschützt die Speicher-Zellen und schließt Risiken wie Überhitzung und Explosion aus. Sind drei Akkus parallel geschaltet, gleicht es unterschiedliche Ladeniveaus intelligent aus.
Die Kraftpakete können direkt im Roller oder auch separat an einer gewöhnlichen Haushaltssteckdose aufgeladen werden, wobei die Batterie laut Kumpan für bis zu 1.000 Ladezyklen ausgelegt ist. „Damit wäre sie sogar geeignet für eine Fahrt rund um die Erdkugel“, schreibt das Unternehmen auf seiner Homepage. Die Akkus wiegen zehn Kilo und lassen sich per Tragegurt einfach über die Schulter hängend transportieren. Bis sie wieder voll sind dauert es etwa vier Stunden.
Mit dem Boost-Betrieb mal eben beschleunigen
Die Kumpan-Elektroroller 1953 und 1954L erreichen eine Geschwindigkeit von gut 45 km/h. Der Fahrer kann zum entspannten Rollern die Tempomat-Funktion nutzen, dann halten die Zweiräder ihre Geschwindigkeit konstant. Der bürstenlose Nabenmotor bietet eine maximale Leistung von 2500 Watt im sogenannten Boost-Betrieb. Diese lässt sich für etwa zehn Sekunden per Knopfdruck aus dem Motor rauskitzeln, etwa um ein anderes Fahrzeug zu überholen. Im Dauerbetrieb versorgt der Motor den Fahrer mit einer Leistung von 2000 Watt.
Das kleinste und jüngste Kumpan-Modell, der Elektrotretroller 1950, schafft immerhin bis zu 25 km/h. Der Tretroller wird durch die Muskelkraft des Fahrers beschleunigt. Nach dem Antreten unterstützt ein 250-Watt-Elektromotor den Fahrer. Dieser steuert je nach Modell mit seiner Kraft oder dem Gasgriff.
Die Reichweite des E-Tretrollers liegt bei 40 Kilometern. Der leere Akku kann an jeder haushaltsüblichen Steckdose innerhalb von 2,5 Stunden direkt am Fahrzeug wieder aufgeladen werden. Das Ladegerät ist laut Kumpan so kompakt gebaut, dass es in jede Handtasche oder jeden Cityrucksack passt.
Jährlich 10.000 E-Roller produzieren
Seit 2015 expandiert Kumpan electric mit seinem Konzept sowohl innerhalb Europas als auch weltweit. Mehrere tausend Kumpan-Elektroroller wurden bereits ausgeliefert. Mit der neuen Finanzierung sollen jetzt die Produktionskapazitäten deutlich hochgefahren werden: Ziel ist es, künftig jährlich 10.000 elektrische Kleinfahrzeuge herzustellen.
Zurückgekehrt als E-Version ist übrigens auch der DDR-Kultroller Schwalbe – im originalen Retro-Look, ausgerüstet mit einem elektrischen Motor von Bosch. Die ganze Geschichte finden Sie hier.
Und auch Segway ist auf den E-Tretroller gekommen. Mehr dazu können Sie auf dieser Seite nachlesen.
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