Effiziente Getriebe für die urbane E-Mobilität
Der Elektroantrieb wird sich seinen Platz im Automobil erobern – aber in welcher Form? Der Getriebespezialist ZF Friedrichshafen präsentiert dazu eine Lösung mit permanenterregtem Asynchronmotor. Er soll zusammen mit zwei Getriebestufen einen kostengünstigen und effizienten Antrieb ermöglichen.
Radnabenmotor, permanenterregte Synchronmotoren, Asynchronmotoren, Range Extender, Elektroantrieb oder Hybridantrieb: Konzepte und Techniken für die Elektromobilität gibt es viele, aber welche ist die beste? Der Automobilzulieferkonzern ZF Friedrichshafen hat einen Elektroantrieb für kleinere Fahrzeuge bis etwa 1250 kg entwickelt, der mit einem hoch drehenden Asynchronmotor (21 000 min-1) arbeitet. Diese Motoren haben bei geringer Drehzahl einen relativ bescheidenen Wirkungsgrad, aber einen großen Vorteil: Sie benötigen keine seltene Erden.
Um den mäßigen Wirkungsgrad des Asynchronmotors zu verbessern, besannen sich die ZF-Ingenieure auf das auch bei Verbrennungsmotoren angewandte Hilfsmittel: Hohe Drehzahlen und ein Getriebe. Dann arbeitet diese E-Maschine, laut Vorentwicklungschef Hans-Jörg Domian, in günstigen Betriebspunkten. Bei hohen Drehzahlen hat sie einen Wirkungsgrad von mehr als 90 % und ist deshalb nur halb so schwer, als wenn die Leistung im üblichen Drehzahlniveau generiert wird. Insgesamt wiegt die komplette Antriebseinheit laut den Unternehmensinformationen nur etwa 45 kg und hat ein besseres Leistungsgewicht als andere Elektroantriebe.
Um die hohen Drehzahlen des Asynchronmotors auf radverträgliche Drehzahlen herunterzutransformieren, ist hinter den Elektromotor zuerst ein Planetenradsatz mit einem Reduktionsfaktor 5 und anschließend noch eine konventionelle Zahnrad-Getriebestufe geschaltet. Insgesamt beträgt die Übersetzung des zweistufigen Getriebes 1:16. Auch die Leistungselektronik und die Steuerungssoftware stammen von den Getriebespezialisten aus Friedrichshafen.
Die gesamte Antriebseinheit ist bei dem Versuchsträger von ZF über der Vorderachse angeordnet. Damit ähnelt dieses Konzept der „elektrischen Hinterachse“ von Bosch, die bereits in den PSA-Dieselhybridfahrzeugen von Citroën und Peugeot im Serieneinsatz ist. Schaeffler hat ebenfalls eine „elektrische Achse“ entwickelt. Bei ihr ist der Elektromotor für den Antrieb – wegen der Platzknappheit ein permanenterregter Synchronmotor – aber in die Achse integriert. Dort sind außerdem noch ein Planetengetriebe, ein zweiter kleiner Elektromotor samt Getriebe für die Momentenverteilung an die Räder und ein Differenzial untergebracht.
Als Dauerleistung für den Asynchronmotor gibt ZF etwa 30 kW an. Für einen kürzeren Zeitraum, so Domian, etwa ein bis zwei Minuten, kann die E-Maschine eine Spitzenleistung von 90 kW zur Verfügung stellen. Das dürfte ausreichen, schließlich spurtete der Versuchsträger auf einer Rennstrecke im spanischen Valencia aus dem Stand in weniger als 10 s auf 100 km/h. Darüber hinaus beschleunigte das Fahrzeug trotz der hohen Motordrehzahlen fast unhörbar.
Versuchsträger für das elektrische Achsmodul war ein umgebauter „Stromos“ des E-Fahrzeug-Herstellers German E-Cars, Grebenstein, dessen Basis wiederum das Kleinwagenmodell „Splash“ von Suzuki ist. In ein bis zwei Jahren, so Domian, könnte das Antriebskonzept bereits in Serie gehen. Ob in einem „reinrassigen“ Elektrofahrzeug oder als zweite angetriebene Achse wie in den Hybrid-Allradfahrzeugen von PSA ist noch nicht beantwortet. Beide Möglichkeiten sind realistisch. JÜRGEN GORONCY
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