Elektromobilität: Strukturelle Batterien mit Kohlenstofffasern
Forschern der Chalmers University of Technology in Schweden ist es gelungen, Kohlenstofffasern als Batterieelektroden einzusetzen, die Energie direkt speichern können.
Ob das Thema Elektromobilität langfristig eine Erfolgsgeschichte wird, hängt im Wesentlichen von der Weiterentwicklung der Energiesysteme ab: Die Endverbraucher möchten ihre Fahrzeuge schnell und unkompliziert mit Energie „betanken“ können und anschließend eine möglichst weite Strecke damit fahren. Die Forschung stellt das vor große Herausforderungen: Sie müssen Batterien mit hoher Leistung entwickeln, die trotzdem wenig wiegen, also den Verbrauch durch ihr Eigengewicht nicht zu stark erhöhen. Die Verwendung von Kohlenstofffasern könnte dafür eine Lösung sein.
Karosserie als Teil der Batterie
Leichtbauweise ist vor allem aus der Flugzeugherstellung bekannt, sie wird aber auch für die Hersteller von Fahrzeugen immer wichtiger. Denn je stärker das Thema Energieeffizienz in den Vordergrund rückt, desto größer wird der Ruf nach Karosserien, die wenig wiegen. Schließlich ist der Energieverbrauch eines E-Autos in einem erheblichen Maße davon abhängig, wie viel Gewicht bewegt werden muss. Kohlenstofffasern sind für diese neuen Ansätze entscheidend, weil sie für die gewünschte Steifigkeit des leichten Materials sorgen. Parallel versuchen Wissenschaftler, ihre Eigenschaften für die Energiespeicherung zu nutzen – Die Chalmers University of Technology hat dafür einen wichtigen Schritt gemacht. Die Karosserie könnte dabei selbst zur Batterie werden.
Das Team um Prof. Leif Asp am Institut für Industrie- und Materialwissenschaften hat die Mikrostruktur verschiedener Kohlenstofffasern untersucht, die bereits im Handel sind. Dabei stellten sie fest, dass die Größe und Ausrichtung der Kristalle in den Fasern wesentliche Eigenschaften bestimmen: Sind die Kristalle klein und schlecht ausgerichtet, beispielsweise nicht gleichmäßig in Längsrichtung, ist ihre Steifigkeit gering. Diese Erkenntnis ist nicht unbedingt neu. Gleichzeitig fanden die Wissenschaftler jedoch heraus, dass die elektrochemischen Eigenschaften in diesem Fall besonders hoch sind. Verbundstoffe mit entsprechenden Kohlenstofffasern lassen sich dementsprechend zu strukturellen Batterien umfunktionieren. Umgekehrt sorgen große, stark ausgerichtete Kristalle für eine bessere Steifigkeit, taugen aber nicht für den Einsatz in strukturellen Batterien, weil ihre elektrochemischen Eigenschaften dafür zu niedrig sind.
Erkenntnisse für neue Verbundfaserstoffe
„Wir wissen jetzt also, wie multifunktionale Kohlenstofffasern hergestellt werden sollten, um eine hohe Energiespeicherkapazität zu erreichen und gleichzeitig eine ausreichende Steifigkeit sicherzustellen“, sagt Asp. Denn aus seiner Sicht sei es für viele Anwendungen durchaus möglich, die Steifigkeit zu reduzieren. Im Moment sind vor allem Verbundwerkstoffe auf dem Markt, die auf den Einsatz im Flugzeugbau zugeschnitten sind. Für Fahrzeuge seien die Anforderungen ans Material jedoch geringer.
Das heißt nicht, dass die Erkenntnisse für den Flugzeugbau keine Relevanz hätten. Denn auch dort wird die Frage der Energiespeicherung mittelfristig eine große Rolle spielen. Daher arbeiten die schwedischen Forscher mit Experten aus der Luftfahrtindustrie zusammen. Für ihre Zwecke könnte es nötig sein, die verringerte Steifigkeit beispielsweise durch dickere Kohlefaserverbundstoffe auszugleichen – um so ebenfalls zu einer ausreichenden Speicherkapazität zu gelangen.
Kohlenstofffasern aus nachwachsenden Rohstoffen
Für Ingenieure, die im Fahrzeugbau tätig sind, ist nun Umdenken angesagt, da die verschiedenen Komponenten stärker aufeinander abgestimmt werden müssen: Gewicht des Fahrzeugs, Festigkeit, Steifigkeit und elektrochemische Eigenschaften. Bislang war es zum Teil möglich, Komponenten isoliert zu betrachten.
Asp vermutet zwar, dass die strukturellen Batterien nicht so effizient sein werden, wie die derzeit herkömmlichen Batterien, sie könnten aber erheblich zu einem funktionierenden Energiesystem beitragen. Übrigens sind sie auch sehr sicher, da sie keine flüchtigen Substanzen enthalten. In verschiedenen Forschungsprojekten wird zudem nach Wegen gesucht, Kohlenstofffasern aus nachwachsenden Rohstoffen herzustellen und sie günstiger zu produzieren, sodass eine Entwicklung bezahlbarer und nachhaltiger Energiesysteme denkbar wäre.
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