Emissionsschutz treibt Motorentwicklung voran
Insbesondere neue Grenzwerte für Abgase prägten auf dem 34. Internationalen Wiener Motorensymposium die Vorträge zu den aktuellen technischen Entwicklungen. Zwei Tage lang diskutierten Ende April Fachleute über Kfz-Antriebe. Weiterentwicklungen bei Verbrennungsmotoren standen im Fokus.
Welche Maßnahmen die Hersteller anwenden mussten, um beim Dieselmotor die Abgasgrenzwerte der EU 6 zu unterbieten, war ein großes Thema auf dem Wiener Motorensymposium Ende April. Detaillierte Einblicke dazu gab Jörn Kahrstedt, Leiter der Dieselentwicklung bei VW, am Beispiel des neuen TDI. Das Grundprinzip der Motoren mit 1,6 l bzw. 2 l Hubraum war hinsichtlich der Abgasgrenzwerte nach EU 5 bereits so ausgelegt, dass durch Erweiterung der Ausstattung auch die EU 6 unterboten wird.
Der Grundmotor ist der erste aus dem neuen Mobilbaukasten, der in allen Konzernmodellen angeboten wird. Er hat immer einen Zylinderblock aus Gusseisen und kann sowohl mit als auch ohne Ausgleichswellen geliefert werden. In Wien wurden die beiden 2-l-Motoren mit 110 kW sowie mit 135 kW vorgestellt. Der stärkere Antrieb kommt ab Juni im GTD zum Einsatz.
Zwar haben beide Motoren weiterhin zwei durch Zahnriemen angetriebene Nockenwellen im Zylinderkopf und vier Ventile pro Zylinder, doch sind die Ventilsterne um 90° gedreht. Dadurch betätigt jede Nockenwelle im Wechsel ein Einlass- und ein Auslassventil. Für die EU 6 erhält eine der Nockenwellen einen Stellmotor, der die Nockenwelle um 50° bis 25° von der Mittellage aus nach rechts und links – verdrehen und die Verdichtung von 16,5 : 1 bis auf etwa 14 : 1 absenken kann. Die hohe Verdichtung ist für Kaltstart und Warmlauf nötig. Ist der Motor warm, wird die Verdichtung bei Fahrten mit Teillast abgesenkt.
Für Dieselmotoren ist die Nockenwellenverstellung neu, bei den Ottomotoren gibt es sie schon lange. Damit erreicht VW eine Reduzierung des Schadstoffausstoßes um 30 % bis 40 %.
Bosch hat Einspritztechnik optimiert
VW verwendet die Einspritzausrüstung mit 2000 bar von Bosch mit Magnetventilen, die neu entwickelt wurden. Dazu hat Bosch eine Reihe von Verbesserungen eingeführt, um die Verbrennung positiv zu beeinflussen. So wird die winzige Düsennadel aus drei Teilen geschweißt, um die Verluste durch Leckagen zu minimieren. An- und Absteuern sollen nun schneller möglich sein, was der Genauigkeit der eingespritzten Teilmengen zugute kommt. Zur Überwachung der Verbrennung ist einer der Zylinder außerdem mit einer Drucksensorglühkerze ausgestattet, die den Zylinderdruck für alle vier Zylinder regelt.
Die Herausforderung bei der Abgasnachbehandlung ist die Absenkung der NOx-Emissionen von 180 mg/km auf 80 mg/km für die EU 6. Trotz aller Klimmzüge bei den innermotorischen Maßnahmen sind weitere Veränderungen im Abgassystem notwendig. Dazu hat VW zwei Lösungen. Die eine für leichtere Fahrzeuge arbeitet mit einem NOx-Speicherkatalysator, die andere mit einem SCR-Reaktor.
Dem Speicherkatalysator zur Reduzierung von NOx anstelle des bisherigen Oxidationskatalysators ist der Partikelfilter nachgeschaltet. Das SCR-System ist rund 300 € teurer als das Speichersystem, denn der apparative Aufwand mit Tank für die Harnstofflösung (AbBlue), Rohrleitungen und Dosiersystem ist wesentlich höher. Er ist aber wirkungsvoller, denn damit wird der Kraftstoffverbrauch um mindestens 4 % gesenkt. Bei SCR kehrt der Oxidationskatalysator zurück und der Partikelfilter erhält eine Beschichtung, um zugleich als NOx-Reaktor zu wirken. Die Speichertechnik dagegen erhöht den Verbrauch um etwa 1 %.
Gegenüber dem Ottomotor hat der Diesel „kalte“ Abgase. Da alle Abgasnachbehandlungssysteme grundsätzlich auf relativ hohe Temperaturen angewiesen sind, hatten die VW-Ingenieure schon bei den EU-5-Motoren das System direkt hinter dem Abgasturbolader auf der Rückseite des Motors konzentriert. Damit ist es der Abkühlung durch Fahrtwind, Regen und Schnee entzogen. Zur Unterstützung durch die Verbrennung wird auch bei den EU-6-Dieseln die doppelte Abgasrückführung verwendet, eine „heiße“ Hochdruckrückführung und eine „kalte“ mit Niederdruck. Wegen des hohen Aufwandes zur Überwachung und Regelung des Abgassystems wurde ein völlig neues Steuergerät entwickelt.
Opel setzt auf Motorblöcke aus Aluminium
Auch Opel stellte in Wien eine neue Dieselfamilie mit 1,6 l Hubraum vor, deren stärkste Variante 100 kW leistet und ein Drehmoment von 320 Nm entwickelt. Im Gegensatz zu VW verwendet Opel einen Zylinderblock aus Aluminium. Beim Abgassystem gibt es ebenso wie bei VW zwei Lösungen. Aus Aluminium besteht auch der Zylinderblock eines neuen Honda-Diesels mit 1,6 l Hubraum, der 88 kW leistet und ein maximales Drehmoment von 300 Nm erreicht.
Ganz anders ein neuer Vierzylinder-Diesel von Deutz mit 3,62 l Hubraum für Leistungen zwischen 50 kW und 90 kW sowie Drehmomenten zwischen 290 Nm und 480 Nm. Diese Motoren werden für eine Vielzahl von Arbeitsmaschinen bis hin zu Traktoren angeboten. Wegen des niedrigen Drehzahlniveaus bis maximal 2600 min-1 arbeiten die Motoren mit nur zwei Ventilen pro Zylinder, die von der unten liegenden Nockenwelle über Stößelstangen und Kipphebel angetrieben werden.
Mit dem Übergang von der Saugrohr- zur Direkteinspritzung emittiert auch der Ottomotor Rußpartikel. In Wien berichtete Gerhard Doll von Mercedes über den jüngsten V6 Doppelturbo- benziner mit 3 l Hubraum, der mit Direkteinspritzung arbeitet. Die von Bosch entwickelten Piezoinjektoren mit nach außen öffnenden Düsen lassen bis zu acht Einzeleinspritzungen pro Arbeitsspiel zu, so dass die Partikelemissionen deutlich unter die neu eingeführten Grenzwerte fallen. Der Motor leistet 245 kW und entwickelt ein maximales Drehmoment von 480 Nm. Der Einspritzdruck beträgt 200 bar.
Höherer Einspritzdruck bis 350 bar senkt Partikelbildung
Mit dem gleichen Druck arbeitet die Twin-Power-Turbotechnik für Ottomotoren von BMW. Allerdings verwendet BMW Mehrlochdüsen mit lasergebohrten Spritzlöchern. In München stellten die Ingenieure fest, dass eine Steigerung des Einspritzdrucks bis 350 bar die Partikelbildung erheblich reduziert. Wie alle anderen Hersteller beschäftigen sich auch Continental und Delphi mit dem Problem der Partikelbildung und bieten ebenfalls Lösungen an.
Durch den Trend zum Downsizing kommen Ottomotoren heute nicht mehr ohne Abgasturbolader und Ladeluftkühler aus. Betrachtet man dazu den Anstieg der Einspritzdrücke und alle weiteren Komponenten, nähert sich der Ottomotor bei den Herstellkosten allmählich dem Dieselmotor, allerdings ohne dessen Verbrauchsvorteil einholen zu können.
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