Erstmals Hochseeschiff ferngesteuert in der Nordsee unterwegs
Mehr als 8.000 Kilometer trennten den Kapitän von seinem Schiff: Vor der schottischen Küste ist am 21. August das bisher erste unbemannte große Hochseeschiff in der Nordsee unterwegs gewesen. Gesteuert per Joystick von einer Landstation in Kalifornien.
Es war ein gemeinsames Abenteuer der finnischen Schiffstechnik-Gruppe Wärtsila und des amerikanischen Offshore-Ölservice-Konzerns Gulfmark: Für die Testfahrt stellten die Amerikaner das Schiff „Highland Chieftain“ zur Verfügung, die Technik für den unbemannten Verkehr kam von den Finnen.
Highland Chieftain ist ein Offshore-Versorgungsschiff
Das 80 Meter lange Schiff dient normalerweise der Versorgung von Ölbohr- und Förderplattformen und verkehrt in bisweilen sehr stürmischen Gewässern. Keine Spazierfahrten also, sondern die Schiffstechnik muss besonderen Herausforderungen gewachsen sein. Deshalb ist die Highland Chieftain schon für den Normalbetrieb mit speziellen Navigations-, Automations- und sogenannten Dynamic-Positions-Einrichtungen versehen. Letztere haben die Aufgabe, das Schiff unter schwierigen Bedingungen an einem bestimmten Standort zu halten, damit der Entladebetrieb auch während hoher Wellen und starker Stürme nicht eingestellt werden muss. Und zugleich die Sicherheit des Schiffs sowie der Förderplattform gewährleistet ist.
Auf diese aufgeführten Systeme stützte sich der ferngesteuerte Betrieb der Highland Chieftain. Sie ermöglichten vielfältige Manöver während der Testfahrt. Autonom gefahren wurde mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten in einem Fahrwasser, das für den normalen Verkehr nicht abgesperrt worden war.
Datenübertragung per Satellit
Wie Wärtsila berichtet, wurden die Daten von und zu der Highland Chieftain zur Steuerstation in Kalifornien ohne jegliche Bodenstationen übertragen, sondern mit Standard-Bandbreite über den Satelliten-Link des Schiffes abgewickelt. In San Diego wurde die Highland Chieftain per Joystick manövriert. Nur 30 Stunden wurden benötigt, um das Schiff für den unbemannten Testbetrieb fit zu machen – einschließlich dem Einbau und Testen sämtlicher zusätzlicher Geräte.
Auf dem Weg zur intelligenten Schifffahrt
Wärtsila steuert längerfristig mehr an, als den voll automatisierten Betrieb einzelner Schiffe. Andrea Morgante, verantwortlich für den Digital-Bereich von Wärtsila Marine Solutions, betont als Ziel die „intelligente Schifffahrt”, die ausdrücklich auch die weitestgehende Automatisierung der Häfen einschließt. Letzteres bedeutet zum Beispiel, dass die einlaufenden autonomen Schiffe am Kai auch ohne menschliche Hilfe vor Ort anlegen. Als bislang noch größtes Hindernis auf diesem Weg bezeichnet Morgante die Entwicklung besonders leistungsstarker und betriebssicherer Systeme für die Fernüberwachung und Fernsteuerung aller Einrichtungen an Bord.
Dabei werden Bandbreiten-Engpässe und Cyber-Sicherheitsprobleme als starke Hindernisse gewertet. Ungeachtet dieser Schwierigkeiten geht Wärtsila aber davon aus, dass der Weg eindeutig zu einer digitalisierten Schifffahrt hin führt. Roger Holm, Präsident von Wärtsila Marine Solutions, sieht den Hauptnutzen dieser Voll-Digitalisierung im „effizienteren Umgang mit den Ressourcen“, einem besonders positiven Klimaschutzbeitrag und einer insgesamt deutlich verbesserten Sicherheit der Hochseeschifffahrt.
Holms Einschätzung kommt nicht von ungefähr: So haben Rolls-Royce und das finnische Forschungszentrum VTT Ende 2016 angekündigt, gemeinsam ferngesteuerte und autonom geführte Schiffe zu entwickeln und ab 2020 zu erproben. Mehr dazu finden Sie hier.
Und in Norwegen soll 2020 die Birkeland in See stechen – ein Containerschiff, das elektrisch und autonom fährt. Der Düngemittelhersteller Yara entwickelt das selbstfahrende Elektroschiff gemeinsam mit Kongsberg, einem Anbieter für Schiffs- und Offshoreelektronik.
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