E-Autos der Zukunft 10.01.2024, 11:00 Uhr

Feststoffbatterien: E-Autos mit über 1.000 km Reichweite und 500.000 km Lebensdauer möglich

Es tut sich was in Sachen Festkörperbatterien für E-Autos: Ganz aktuell hat Volkswagen einen Prototypen getestet, der eine Lebensdauer von 500.000 km hat. Und in China fuhr der Nio ET7 1.044 km ohne Ladestopp. Die Serienproduktion soll im April 2024 beginnen.

E-Autos mit Festkörperbatterie versprechen Reichweiten von 1000 km und mehr

Foto: Panthermedia.net/kaptn

E-Autos mit Festkörperbatterie versprechen Reichweiten von 1000 km und mehr

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Zwei immer wieder aufkommende Kritikpunkte bei E-Autos sind ihre geringe Reichweite und lange Ladezeiten. Mit Feststoffbatterien lassen sich diese Probleme enorm verbessern, so die Hoffnung der Autohersteller. Im April 2024 soll mit dem Nio ET7 ein E-Auto mit Feststoffbatterie serienreif sein. Autobauer wie VW, Nissan, BMW, oder Mercedes Benz wollen ebenfalls Feststoffbatterien an den Start bekommen. Ganz aktuell vermeldet Volkswagen einen Durchbruch. Zusammen mit seinem US-Partner Quantumscape hat der Autokonzern eine Feststoffbatterie entwickelt, die im Labor 1.000 Ladezyklen schaffte. Das entspricht zusammengezählt einer Lebensdauer von etwa 500.000 Kilometern. Toyota hatte im vergangenen Jahr eine Feststoffbatterie mit einer Reichweite von über 1.000 Kilometern vorgestellt.

Was sind Feststoffbatterien?

Feststoffbatterien unterscheiden sich von den derzeit vorwiegend in Autos verwendeten Lithium-Ionen-Batterien (LIB) hauptsächlich hinsichtlich der verwendeten Elektrolyten. Während sie bei den herkömmlichen Batterien flüssig sind, bestehen sie bei Feststoffbatterien vollständig aus festen Materialien. Am vielversprechendsten sind hierbei Oxid-Elektrolyte, Sulfid-Elektrolyte und Polymer-Elektrolyte.

Der chinesische Hersteller SVOLT meldet zum Beispiel ganz aktuell einen weiteren Fortschritt bei Festkörperbatterien mit sulfidbasiertem Elektrolyt. Die Festkörperzellen des Prototypen mit bis zu 20 Ah sollen eine Energiedichte von 350-400 Wh/kg aufweisen und Elektroautos Reichweiten von mehr als 1.000 Kilometern ermöglichen. Mit einem Nageldurchschlagtest wurde zudem nachgewiesen, dass die Feststoffzellen bei Beschädigung nicht in Brand ausbrechen, wie es bei Flüssigelektrolyt-Zellen der Fall ist.

„Die Entwicklung der Feststoffzellentechnologie mit sulfidbasiertem Elektrolyt ist eine große Herausforderung. Wir sind stolz, dass wir als erster Batteriehersteller Prototypen mit bis zu 20 Ah entwickelt haben“, sagte Dr. Dominik Lembke, Director Product Development Europe bei SVOLT.

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Elektro-Busse wie der Mercedes eCitaro fahren bereits mit Festkörperbatterien mit Polymer-Elektrolyt. Zu den Nachteilen von Kunststoffen als Elektrolyt gehören eine geringe Ionenleitfähigkeit, chemische Reaktionen mit den Kathodenmaterialien und eine niedrige Grenzstromdichte. Oxidische und sulfidische Elek­trolyten aber sollen frühestens 2025 starten, denn sie sind deutlich schwieriger herzustellen, vor allem in großen Mengen.

Welche der drei Varianten letztlich das Rennen machen wird, ist allerdings noch nicht abschließend geklärt, Dr. Thomas Schmaltz von Fraunhofer ISI sagt hierzu:

„Es ist derzeit noch nicht absehbar, welches Festkörper-Batteriekonzept am Ende die größte Leistungsfähigkeit besitzen wird, was eine parallele Entwicklung verschiedener Ansätze und damit höhere Investitionen erfordert.“

Eine der zentralen Komponenten in jeder Batterie ist der Elektrolyt. Er übernimmt den Transport der Ionenen zwischen Anode und Kathode. Im Gegenzug wandern die Elektronen in die Gegenrichtung und sorgen für den Stromfluss. Dieser Stromfluss treibt letztlich den Elektromotor des Fahrzeugs an. Während flüssiges Elektrolyt so leicht und schnell brennt wie das chemisch verwandte Benzin, lässt sich sein festes Gegenstück fast gar nicht in Brand setzen. Vor allem bei Kollisionen von E-Autos könnte das ein Sicherheitsvorteil sein. Lesen Sie hierzu: Brände bei E-Autos – wie werden sie eigentlich gelöscht.

Festkörperbatterien, die sich aktuell in der Entwicklung befinden und in den kommenden Jahren auf den Markt kommen könnten, versprechen Verbesserungen bei mehreren Leistungsparametern. So steigt zum Beispiel die Betriebssicherheit, da die Batterien keine giftigen Flüssigkeiten freisetzen. Sie sollen sich zudem wesentlich schneller laden lassen und eine höhere Reichweite haben.

Daran hakt es derzeit noch

Größere Probleme gibt es derzeit vor allem noch bei der Lebensdauer von Festkörperbatterien. Beim Laden im Labor bilden sich oft kleine Lithium-Äste. Diese sogenannten Dendrite sorgen dafür, dass sich die Zellen weniger oft aufladen lassen. Sogar Kurzschlüsse können entstehen. Eventuell haben japanische Wissenschaftler dieses Problem jetzt gelöst, sie haben neuartige Elektroden entwickelt, die ihr Volumen nicht verändern. Damit sollen Festkörperbatterien wesentlich langlebiger werden.

Die Ladefähigkeit bei niedrigen Temperaturen ist ebenfalls noch nicht abschließend geklärt. Genauso wie das superschnelle Laden von Festkörperbatterien, hier fehlt ebenfalls noch der Praxisnachweis. Zwar werben Autohersteller jetzt bereits damit, dass sich Autos mit Festkörperbatterie superschnell aufladen ließen, in der Praxis nachgewiesen wurde es bislang jedoch noch nicht. Und auch beim Preis sind sich die Experten noch nicht sicher, ob er wirklich günstiger als bei LIB sein wird. Immerhin braucht es bei Festkörperbatterien wesentlich mehr Lithium, es sollen zwischen 40 und 100 Prozent mehr im Vergleich zu herkömmlichen Lithium-Ionen-Akkus sein.

Wann kommen Feststoffbatterien für E-Autos?

Das ist schwierig zu sagen, sicher ist, dass die Festkörperbatterie keine Technologie für morgen, sondern eher für übermorgen ist. Nissan hat zum Beispiel angekündigt, im Jahr 2024 mit einer Pilotproduktion zu starten. Vier Jahre später soll dann das erste Serienauto mit Festkörperbatterie auf den Markt kommen. Ähnliche Zeiträume sind bei anderen Autoherstellern zu erwarten.

So sieht es bei VW, Mercedes und BMW aus

VW hat beispielsweise bisher stolze 400 Millionen US-Dollar in des US-Start-up Quantumscape gesteckt. Das Unternehmen arbeitet an Lithium-Metall-Festkörperbatterien, die nach Angaben des Herstellers alle Anforderungen der Automobilindustrie erfüllt: Lange Lebensdauer, Sicherheit, hohe Energiedichte, Schnellladefähigkeit und eine realistische Betriebstemperatur. Parallel dazu testet VW in seinen eigenen Laboren die ersten Batteriezellen des Start-ups. Die Wolfsburger möchten die Feststoffzelle zunächst im Premium-Segment einsetzen, wann das sein wird, ist noch nicht klar. Ganz aktuell hat das Unternehmen einen Durchbruch im Labor verkündet. Im Labor schaffte ein Prototyp 1.000 Ladezyklen, was einer Reichweite von 500.000 Kilometern entspricht.

Auch Mercedes-Benz tüftelt an der Feststoffbatterie-Technik – und zwar zusammen mit dem US-Unternehmen Factorial Energy. In das Unternehmen investiert zudem Stellantis, zu dessen Portfolio Marken wie Fiat, Opel, Peugeot oder Citroën gehören. Auch Hyundai-Kia setzt auf diesen Hersteller. Der Zeitplan von Factorial Energy sieht so aus, dass in zwei Jahren erste Pilotproduktionen anlaufen könnten. Ab 2027 sollen erste Serien aus dem Luxussegment mit Festkörperbatterie ausgestattet werden, ab 2030 ist dann eine Massenproduktion möglich.

Zum Jahresende 2022 vertiefte BMW seine Partnerschaft mit dem US-Unternehmen Solid Power. Das umfasst eine Forschungs- und Entwicklungslizenz für den Autokonzern für das Design und Fertigungs-Know-how von Festkörperzellen. Gemeinsam mit Ford hat BMW rund 100 Millionen Euro in Solid Power gepumpt, berichtet das Handelsblatt. Der bayrische Autobauer hat für Ende des Jahrzehnts eine Festkörper-Batterie für die Serienfertigung angekündigt. Ein erstes Demonstrator-Fahrzeug mit dieser Technologie soll „deutlich vor 2025“ auf der Straße sein.

Sind die Zeiten mit Batterien aus Asien vorbei?

Bislang gibt es in Europa keine ernsthaften Anbieter von Feststoffbatterien. Immerhin ist aber der deutsche Chemieriese BASF führend bei der Herstellung von Kathodenmaterial. Allerdings könnte es mit der asiatischen Vorherschaft bald vorbei sein. „Die Zeiten, in denen wir Batterien aus Asien importiert haben, neigen sich dem Ende zu“, sagte Prologium-Europachef Gilles Normand gegenüber dem Handelblatt. Prologium hat immerhin seinen Haupsitz in Taiwan, also in Asien.

Allerdings will das Unternehmen seine Technologie nicht in Asien skalieren, sondern in Frankreich. Im nordfranzösischen Dunkerque entsteht in den nächsten Jahren eine Fabrik für Feststoffbatterien. Diese sollen ab 2027 Akkus mit einer Reichweite von über 1.000 Kilometern liefern und sich in zwölf Minuten laden lassen. Rund 5,2 Milliarden Euro investiert Prologium in seinen europäischen Standort. Gegenüber dem Handelsblatt betonte Normand, dass das Unternehmen mit seiner Feststoffbatterie zurückschlagen können – gemeinsam mit Europa und gegen die bislang übermächtigen Zellherstellern aus China.

Blick nach Asien

Wenn die Pressemitteilungen des chinesischen Auto-Start-ups Nio stimmen, rollt bereits ab 2024 das erste E-Auto mit Festkörperbatterie auf deutschen Straßen. Es hört auf den Namen ET7 und soll Tesla Konkurrenz machen. Ende Dezember 2023 schaffte der ET7 mit der neuen 150-kWh-Festkörperbatterie eine Reichweite von 1.044 km ohne Ladestopp. Allerdings wird die Batterie sehr teuer sein. Laut Nio-Präsident Qin Lihong soll der Akku alleine so wie kosten wie ein Nio ET5. Dieser kostet mit 75-kWh-Batterie rund 38.000 Euro. Im April 2024 soll die Serienproduktion beginnen.

Ein Durchbruch bei Festkörperakkus ist scheinbar Toyota gelungen. Im Juli 2023 kündigten die Japaner an, dass sie bereits 2027 oder 2028 mit einer Festkörperbatterie in Serie gehen wollen, die eine Reichweite von 1.200 Kilometern besitzt und die sich zudem in zehn Minuten laden lässt. Hier kommen wir dann in Bereiche, die vielleicht auch die größten Diesel-Anhänger zum Nachdenken anregen. Laut Keiji Kaita, dem Präsidenten des Forschungs- und Entwicklungszentrums für CO2-Neutralität, hat sein Team eine Methode gefunden, um die Stabilitätsprobleme bei Festkörperakkus zu lösen. Genauere technische Details hat das Unternehmen bei der Vorstellung des Prototypen nicht veröffentlicht.

Und was macht Tesla? Elon Musk setzt bislang – zumindest offiziell – lieber auf bessere Lithium-Ionen-Akkus mit flüssigen Elektrolyten – etwa die von CATL. Allerdings bemerkte Martin Eberhard, Mitbegründer und Vorsitzender von Tesla kürzlich, dass die Festkörperelektrolyt-Technologie von ProLogium die aufregendste neue Entwicklung sei, die er in diesem Bereich gesehen habe.

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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