E-Autos der Zukunft 25.11.2024, 11:00 Uhr

Feststoffbatterien: E-Autos mit über 1.000 km Reichweite und 500.000 km Lebensdauer möglich

Es tut sich was in Sachen Festkörperbatterien für E-Autos: Ganz aktuell hat Volkswagen einen Prototypen getestet, der eine Lebensdauer von 500.000 km hat. Und in China fuhr der Nio ET7 1.044 km ohne Ladestopp. Die Serienproduktion soll im April 2024 beginnen.

E-Autos mit Festkörperbatterie versprechen Reichweiten von 1000 km und mehr

Foto: Panthermedia.net/kaptn

E-Autos mit Festkörperbatterie versprechen Reichweiten von 1000 km und mehr

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Zwei immer wieder aufkommende Kritikpunkte bei E-Autos sind ihre geringe Reichweite und lange Ladezeiten. Mit Feststoffbatterien lassen sich diese Probleme enorm verbessern, so die Hoffnung der Autohersteller. In regelmäßigen Abständen poppen Nachrichten der Autobauer auf, die einen neuen Durchbruch bei Festkörperbatterien melden. Wir möchten Sie mit diesem Beitrag auf dem Laufenden halten.

Was sind Feststoffbatterien?

Feststoffbatterien unterscheiden sich von den derzeit vorwiegend in Autos verwendeten Lithium-Ionen-Batterien (LIB) hauptsächlich hinsichtlich der verwendeten Elektrolyten. Während sie bei den herkömmlichen Batterien flüssig sind, bestehen sie bei Feststoffbatterien vollständig aus festen Materialien.

Dabei kommen sowohl gelartige Substanzen als auch keramische Materialien in Betracht: Erstere sind leichter zu verarbeiten, jedoch weniger stabil, während Letztere eine hohe Stabilität bieten, aber Herausforderungen in der Großserienproduktion mit sich bringen.

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Die Stabilität des Festelektrolyten ermöglicht zudem den Einsatz neuartiger Energiespeichermaterialien wie Silizium oder Lithium-Metall-Legierungen, die eine bis zu zehnmal höhere Leistungsfähigkeit als herkömmliche Grafit-Anoden aufweisen. Dies führt nicht nur zu einer verbesserten Sicherheit und Stabilität, sondern auch zu Reichweiten von über 500 Kilometern – bei gleichem oder sogar geringerem Gewicht.

Das Elektrolyt als zentrale Komponente

Eine der zentralen Komponenten in jeder Batterie ist der Elektrolyt. Er übernimmt den Transport der Ionenen zwischen Anode und Kathode. Im Gegenzug wandern die Elektronen in die Gegenrichtung und sorgen für den Stromfluss. Dieser Stromfluss treibt letztlich den Elektromotor des Fahrzeugs an. Während flüssiges Elektrolyt so leicht und schnell brennt wie das chemisch verwandte Benzin, lässt sich sein festes Gegenstück fast gar nicht in Brand setzen. Vor allem bei Kollisionen von E-Autos könnte das ein Sicherheitsvorteil sein. Lesen Sie hierzu: Brände bei E-Autos – wie werden sie eigentlich gelöscht.

Festkörperbatterien, die sich aktuell in der Entwicklung befinden und in den kommenden Jahren auf den Markt kommen könnten, versprechen Verbesserungen bei mehreren Leistungsparametern. So steigt zum Beispiel die Betriebssicherheit, da die Batterien keine giftigen Flüssigkeiten freisetzen. Sie sollen sich zudem wesentlich schneller laden lassen und eine höhere Reichweite haben.

Herausforderungen bei der Einführung von Feststoffbatterien

Festkörperbatterien gelten als die großen Hoffnungsträger für die Elektromobilität. Eine Einführung ist jedoch mit einigen Herausforderungen verbunden. Hier kommen drei Probleme, die noch zu lösen sind:

Problem #1: Volumenänderung der Anode

Eine der größten Hürden bei Feststoffbatterien ist ihre sogenannte „Atmung“. Lithium-Metall-Anoden können sich während des Lade- und Entladezyklus ausdehnen oder schrumpfen – und das um bis zu zehn Prozent. Dies führt zu Volumenänderungen von mehreren Zentimetern, die in starren Fahrzeugrahmen kaum berücksichtigt werden können. Ingenieurteams stehen vor der Aufgabe, diese Bewegungen durch flexible Konstruktionen oder neue Designs zu kompensieren.

Problem #2: Anpassungen bei der Produktion

Die Herstellung von Feststoffbatterien unterscheidet sich stark von der Produktion heutiger Lithium-Ionen-Batterien (LIBs). Nur etwa 40 Prozent der bestehenden Maschinen und Prozesse können weiterverwendet werden. Das bedeutet für Hersteller, dass sie neue Produktionslinien entwickeln und erhebliche Investitionen tätigen müssen.

„Für die Entwicklung einer kleinen Pilotanlage im Megawatt-Bereich sind Kosten von 500 Millionen bis zu einer Milliarde Euro einzuplanen“, heißt es in einem Bericht der Porsche Consulting GmbH. Die geplanten Gigafactories sind dabei größtenteils auf LIBs ausgelegt, was eine Umstellung zusätzlich erschwert.

Problem #3: Lieferketten als kritischer Erfolgsfaktor

Ein weiteres Problem stellt die Materialbeschaffung dar. Die Rohstoffe und Chemikalien, die für Feststoffbatterien benötigt werden, weichen von denen der LIBs ab. Besonders bei Lithium, einem ohnehin stark nachgefragten Rohstoff, ist die langfristige Verfügbarkeit kritisch. Schwankende Preise und Abhängigkeiten von wenigen Ländern erschweren die Planungssicherheit.

Daran hakt es derzeit noch

Größere Probleme gibt es derzeit vor allem noch bei der Lebensdauer von Festkörperbatterien. Beim Laden im Labor bilden sich oft kleine Lithium-Äste. Diese sogenannten Dendrite sorgen dafür, dass sich die Zellen weniger oft aufladen lassen. Sogar Kurzschlüsse können entstehen. Eventuell haben japanische Wissenschaftler dieses Problem jetzt gelöst, sie haben neuartige Elektroden entwickelt, die ihr Volumen nicht verändern. Damit sollen Festkörperbatterien wesentlich langlebiger werden.

Die Ladefähigkeit bei niedrigen Temperaturen ist ebenfalls noch nicht abschließend geklärt. Genauso wie das superschnelle Laden von Festkörperbatterien, hier fehlt ebenfalls noch der Praxisnachweis. Zwar werben Autohersteller jetzt bereits damit, dass sich Autos mit Festkörperbatterie superschnell aufladen ließen, in der Praxis nachgewiesen wurde es bislang jedoch noch nicht. Und auch beim Preis sind sich die Experten noch nicht sicher, ob er wirklich günstiger als bei LIB sein wird. Immerhin braucht es bei Festkörperbatterien wesentlich mehr Lithium, es sollen zwischen 40 und 100 Prozent mehr im Vergleich zu herkömmlichen Lithium-Ionen-Akkus sein.

Wann kommen Feststoffbatterien für E-Autos?

Das ist schwierig zu sagen, sicher ist, dass die Festkörperbatterie keine Technologie für morgen, sondern eher für übermorgen ist. Nissan hat zum Beispiel angekündigt, im Jahr 2024 mit einer Pilotproduktion zu starten. Vier Jahre später soll dann das erste Serienauto mit Festkörperbatterie auf den Markt kommen. Ähnliche Zeiträume sind bei anderen Autoherstellern zu erwarten.

So sieht es bei VW, Mercedes und BMW aus

VW hat beispielsweise bisher stolze 400 Millionen US-Dollar in des US-Start-up Quantumscape gesteckt. Das Unternehmen arbeitet an Lithium-Metall-Festkörperbatterien, die nach Angaben des Herstellers alle Anforderungen der Automobilindustrie erfüllt: Lange Lebensdauer, Sicherheit, hohe Energiedichte, Schnellladefähigkeit und eine realistische Betriebstemperatur. Parallel dazu testet VW in seinen eigenen Laboren die ersten Batteriezellen des Start-ups. Die Wolfsburger möchten die Feststoffzelle zunächst im Premium-Segment einsetzen, wann das sein wird, ist noch nicht klar. Ganz aktuell hat das Unternehmen einen Durchbruch im Labor verkündet. Im Labor schaffte ein Prototyp 1.000 Ladezyklen, was einer Reichweite von 500.000 Kilometern entspricht.

Auch Mercedes-Benz tüftelt an der Feststoffbatterie-Technik – und zwar zusammen mit dem US-Unternehmen Factorial Energy. In das Unternehmen investiert zudem Stellantis, zu dessen Portfolio Marken wie Fiat, Opel, Peugeot oder Citroën gehören. Auch Hyundai-Kia setzt auf diesen Hersteller. Der Zeitplan von Factorial Energy sieht so aus, dass in zwei Jahren erste Pilotproduktionen anlaufen könnten. Ab 2027 sollen erste Serien aus dem Luxussegment mit Festkörperbatterie ausgestattet werden, ab 2030 ist dann eine Massenproduktion möglich.

Zum Jahresende 2022 vertiefte BMW seine Partnerschaft mit dem US-Unternehmen Solid Power. Das umfasst eine Forschungs- und Entwicklungslizenz für den Autokonzern für das Design und Fertigungs-Know-how von Festkörperzellen. Gemeinsam mit Ford hat BMW rund 100 Millionen Euro in Solid Power gepumpt, berichtet das Handelsblatt. Der bayrische Autobauer hat für Ende des Jahrzehnts eine Festkörper-Batterie für die Serienfertigung angekündigt. Ein erstes Demonstrator-Fahrzeug mit dieser Technologie soll „deutlich vor 2025“ auf der Straße sein.

Qkera will mit neuer Technologie punkten

Im November 2024 poppte die Meldung auf, dass eine Ausgründung der TU München eine neue Technologie für Festkörperbatterien entwickelt hat. Das Start-up Qkera hat Elektrolyt-Komponenten entwickelt, die Batterien ermöglichen, deren Energiedichte das Team auf 30 bis 50 % höher als bei herkömmlichen Akkus beziffert. Die Komponenten zeichnen sich außerdem dadurch aus, dass sie besonders dünn und stabil sind. Genauso wichtig: Das Team hat ein Herstellungsverfahren entwickelt, das niedrige Produktionskosten ermöglicht. Nicht nur in Autos, auch in Smartphones und Laptops könnte die Technologie zum Einsatz kommen.

Qkeras Elektrolyte bestehen aus einer Lithium-Ionen-leitenden Oxid-Keramik. „Es ist im Endeffekt fast das gleiche Material, aus dem auch eine Kaffeetasse besteht“, erklärt Jennifer Rupp, Professorin für Festkörperelektrolyte an der TUM und Co-Gründerin von Qkera. Das bringt auch Vorteile bei Sicherheit und Nachhaltigkeit. Keramik ist praktisch nicht entflammbar, und die Batterien kommen ohne Seltene Erden aus, die oft in Krisengebieten abgebaut werden. „Unsere Technologie ermöglicht beispielsweise auch leistungsstarke Batterien mit Lithium-Eisen-Phosphat-Kathoden, die eigentlich weniger Leistung aufweisen als Kobalt-haltige Alternativen – und das Material ist in Europa abbaubar“, erklärt Dr. Andreas Weis, Co-Gründer und Chief Technology Officer bei Qkera.

Sind die Zeiten mit Batterien aus Asien vorbei?

Bislang gibt es in Europa keine ernsthaften Anbieter von Feststoffbatterien. Immerhin ist aber der deutsche Chemieriese BASF führend bei der Herstellung von Kathodenmaterial. Allerdings könnte es mit der asiatischen Vorherschaft bald vorbei sein. „Die Zeiten, in denen wir Batterien aus Asien importiert haben, neigen sich dem Ende zu“, sagte Prologium-Europachef Gilles Normand gegenüber dem Handelblatt. Prologium hat immerhin seinen Haupsitz in Taiwan, also in Asien.

Allerdings will das Unternehmen seine Technologie nicht in Asien skalieren, sondern in Frankreich. Im nordfranzösischen Dunkerque entsteht in den nächsten Jahren eine Fabrik für Feststoffbatterien. Diese sollen ab 2027 Akkus mit einer Reichweite von über 1.000 Kilometern liefern und sich in zwölf Minuten laden lassen. Rund 5,2 Milliarden Euro investiert Prologium in seinen europäischen Standort. Gegenüber dem Handelsblatt betonte Normand, dass das Unternehmen mit seiner Feststoffbatterie zurückschlagen können – gemeinsam mit Europa und gegen die bislang übermächtigen Zellherstellern aus China.

Blick nach Asien

Wenn die Pressemitteilungen des chinesischen Auto-Start-ups Nio stimmen, rollt bereits ab 2024 das erste E-Auto mit Festkörperbatterie auf deutschen Straßen. Es hört auf den Namen ET7 und soll Tesla Konkurrenz machen. Ende Dezember 2023 schaffte der ET7 mit der neuen 150-kWh-Festkörperbatterie eine Reichweite von 1.044 km ohne Ladestopp. Allerdings wird die Batterie sehr teuer sein. Laut Nio-Präsident Qin Lihong soll der Akku alleine so wie kosten wie ein Nio ET5. Dieser kostet mit 75-kWh-Batterie rund 38.000 Euro.

Ein Durchbruch bei Festkörperakkus ist scheinbar Toyota gelungen. Im Juli 2023 kündigten die Japaner an, dass sie bereits 2027 oder 2028 mit einer Festkörperbatterie in Serie gehen wollen, die eine Reichweite von 1.200 Kilometern besitzt und die sich zudem in zehn Minuten laden lässt. Hier kommen wir dann in Bereiche, die vielleicht auch die größten Diesel-Anhänger zum Nachdenken anregen. Laut Keiji Kaita, dem Präsidenten des Forschungs- und Entwicklungszentrums für CO2-Neutralität, hat sein Team eine Methode gefunden, um die Stabilitätsprobleme bei Festkörperakkus zu lösen. Genauere technische Details hat das Unternehmen bei der Vorstellung des Prototypen nicht veröffentlicht.

Chery präsentiert Kombi-Konzept mit Feststoffbatterie und 1500 km Reichweite

Zum Auftakt der Guangzhou Auto Show 2024 in China stellte Chery am 15. November ein innovatives Kombi-Konzept vor, das als Vorreiter für ein neues, technologisch fortschrittliches Elektroauto der Fulwin-Serie dient. Das Fahrzeug basiert auf einer modernen 800-Volt-Plattform und ist mit einer Feststoffbatterie ausgestattet, die eine Reichweite von bis zu 1500 Kilometern haben soll.

Für dynamische Fahrleistungen sorgt ein Elektromotor mit 30.000 Umdrehungen pro Minute, der den Wagen in nur drei Sekunden von 0 auf 100 km/h beschleunigt und eine Höchstgeschwindigkeit von 260 km/h ermöglicht.

SAIC plant Massenproduktion von Festkörperbatterien ab 2026

Der chinesische Automobilriese SAIC hat am 25. November 2024 angekündigt, im Jahr 2026 mit der Massenproduktion der zweiten Generation von Festkörperbatterien (SSB) zu starten. Diese Batterien sollen eine Energiedichte von 400 Wh/kg und eine Volumenenergiedichte von 820 Wh/l bieten.

Mit einer Kapazität von 75 Ah zeichnen sie sich durch verschiedene Sicherheitsmerkmale aus: Sie verfügen über einen Durchgehensschutz und sollen selbst bei Beschädigungen oder extremen Temperaturen von bis zu 200 Grad Celsius nicht brandgefährlich sein. Zudem sollen sie bei niedrigen Temperaturen 90 % ihrer Leistung behalten. SAIC ist übrigens ein wichtiger Partner des VW-Konzerns in China.

CATL: Produktion von Feststoffbatterien mit 500 Wh/kg für E-Autos startet

CATL, der weltweit führende Hersteller von Batterien für Elektroautos und Energiespeichersysteme, gab Anfang November 2024 bekannt, mit der Mustervalidierung von 20-Ah-Festkörperbatteriezellen auf Basis seiner Sulfid-Technologie zu beginnen. Obwohl CATL sich ursprünglich skeptisch über eine schnelle Kommerzialisierung von Feststoffbatterien äußerte und auf die hohen Produktionskosten hinwies, hat das Unternehmen nun seinen Zeitplan angepasst.

Statt der ursprünglich prognostizierten Marktreife vor 2030 rechnet CATL nun damit, Feststoffbatterien bereits ab 2027 in Premium-Elektrofahrzeugen einzusetzen. Ab diesem Zeitpunkt plant der Hersteller, eigene Batteriezellen mit All-Solid-Elektrolyt anzubieten.

Und was macht Tesla? Elon Musk setzt bislang – zumindest offiziell – lieber auf bessere Lithium-Ionen-Akkus mit flüssigen Elektrolyten – etwa die von CATL. Allerdings bemerkte Martin Eberhard, Mitbegründer und Vorsitzender von Tesla kürzlich, dass die Festkörperelektrolyt-Technologie von ProLogium die aufregendste neue Entwicklung sei, die er in diesem Bereich gesehen habe.

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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