Flugverkehr 20.12.2021, 14:48 Uhr

Flugzeuge: Branche steht vor gewaltiger Herausforderung

Die Luftfahrt hat es schwer in Corona-Zeiten, viele Unternehmen sind arg gebeutelt. Doch der Branche steht jetzt eine entscheidende Herausforderung bevor.

Die Luftfahrtbranche ist durch die Corona-Krise stark gebeutelt. Jetzt wartet eine neue Herausforderung: CO2-neutrales Fliegen ist ein erklärtes Ziel. Die neue Bundesregierung will Forschung in dem  fördern. Foto: Peter Sieben

Die Luftfahrtbranche ist durch die Corona-Krise stark gebeutelt. Jetzt wartet eine neue Herausforderung: CO2-neutrales Fliegen ist ein erklärtes Ziel. Die neue Bundesregierung will Forschung in dem fördern.

Foto: Peter Sieben

Auch für die Luftfahrtbranche war das zweite Pandemie-Jahr eine enorme Herausforderung. Zuletzt forderte die neu aufkommende Covid-19-Variante Omikron schnelle Anpassungen an Grenzkontrollen und Reiseanforderungen. Und im ersten Corona-Jahr stand die weltweite Passagier-Luftfahrt monatelang nahezu komplett still. Doch die wahre Herausforderung der Zukunft liegt wohl in der CO2-neutralen Luftfahrt, die erklärtes Ziel ist.

Trend 1: Der nachhaltige Flughafen

Es ist ein politisches Thema: „Fliegen muss CO2-neutral werden”, das bekräftigte Thomas Jarzombek (CDU), Koordinator der Groko-Bundesregierung gegenüber ingenieur.de. „Es ist klar, dass das Fliegen einen Beitrag zum Klimaschutz leisten muss. Fliegen muss klimaneutral werden, wie alle anderen Industrien auch. Dafür investieren wir im Rahmen unseres Luftfahrtforschungsprogramm 200 Millionen Euro in die Entwicklung alternativer Antriebe.” Die Entwicklung von von klimafreundlichem Flugzeugen gehe nach Jarzombek „schneller als der Ausbau neuer Zugstrecken“. Hybrid-elektrische Flugzeuge, die mit Wasserstoff und Batterie fliegen, sollen “den Weg für eine neue Mobilität ebnen, indem wir inländische und innereuropäische Flüge mit Regionalflugzeugen ersetzen können, die CO2-frei sind. Weitere Aussagen des Koordinators sehen Sie in diesem Video:

Für die neue Bundesregierung gilt das wohl genauso. Besonders konkrete Pläne gibt es dort zwar noch nicht, aber im Ampel-Koalitionsvertrag heißt es: “Wir unterstützen die Erforschung und den Markthochlauf von synthetischen Kraftstoffen, die klimaneutrales Fliegen ermöglichen.”

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Was bringt 2022 für die Branche? Laut Sebastian Fabre, CEO von Sita for Aircraft, zentrale Trends, welche die Luftfahrt nachhaltig verändern werden. Ein Punkt zählt zu der wichtigsten Umgestaltung.

Bei Sita, einem IT-Dienstleister der Luftfahrtbranche, sieht man den nachhaltigen Flughafen als einen der großen Trends 2022. Die Pandemie hat auch gezeigt: Flexibilität und betriebliche Effizienz ist aufgrund von schwankenden Passagierzahlen oder sich schnell ändernden Einreisebestimmungen unerlässlich. Durch Effizienz könnten Flughäfen zudem deutliche Nachhaltigkeitsgewinne erzielen. Laut dem internationalen Dachverband Airports Council International haben sich 235 Flughäfen in Europa verpflichtet, ihre Emissionen bis 2059 auf Null zu reduzieren. Lösungen werden in der Reduzierung von lokalen Emissionen sowie Optimierungen im infrastrukturbezogenen Energieverbrauch gesehen, so Sebastian Fabre. Dazu gehören der Ausbau von Grünflächen sowie die Nutzung von natürlichem Licht und erneuerbaren Energien.

Den Wunsch nach einer Revolution in der Luftfahrt erkennt auch Andreas Pinkwart (FDP), NRW-Wirtschaftsminister: “Man will schneller energieeffizienter sein und schneller auf klimaneutrale Kraftstoffe umsteigen. Es gibt den Wunsch, die Luftfahrt zu revolutionieren.”

Trend 2: Automatisierung in der Luftfahrt

2022 werden die Abläufe am Flughafen weiter automatisiert, so die Prognose von Sita. Die Nachfrage nach berührungsarmen und effizienten Abläufen nehme zu. Kürzere Abfertigungszeiten, standardisierte und digitalisierte Gesundheitsprüfungen und sicheres Reisen werden von Fluggästen erwartet. Ohne die passende IT-Infrastruktur können diese Anforderungen kaum umgesetzt werden, sodass sich die Luftfahrt weiter automatisieren wird.

Trend 3: Blockchain wird zu einer Schlüsseltechnologie

Blockchain verbinden viele wohl nur mit Kryptohandel und wahnwitzig anmutenden digitalen Kunst-Transaktionen (wie etwa dem dem Kauf eines JPEG, das für 69 Millionen US-Dollar versteigert wurde). Blockchain hat wegen seiner einzigartigen Fähigkeit, Informationen unmittelbar, sicher und vertraulich zwischen Interessengruppen an Flughäfen, bei Regierungen und Fluggesellschaften auszutauschen, für die Luftverkehrsbranche ein immenses Potenzial. Zum Beispiel läuft die Nachverfolgung von Ersatzteilen für Flugzeuge immer noch weitestgehend manuell ab. Ein einheitlicher Überblick, um Hunderte von Millionen von Datensätzen der Transaktionen zu verfolgen, fehlt, was das Risiko und die Kosten noch weiter erhöht, so Fabre. Eine Blockchain könnte genau das abbilden und für Transparenz zwischen Fluggesellschaften, Leasinggebern und Erstausrüstern (OEMs) sorgen.

Luftfahrt: So sieht das New Normal aus

Noch vor wenigen Monaten hatten Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Forschung und Politik auf einer Konferenz des Bundesverbandes der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI e.V.) in Kooperation mit dem Bundeswirtschaftsministerium und dem Land NRW erörtert, wie das Fliegen von Morgen aussehen kann. In einem Punkt waren sich alle Akteure einig. Markus Fischer, Programmdirektor Luftfahrt beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) macht klar: “Es wird nicht die eine Antriebsart geben. Je nach Flugzeugklasse sind unterschiedliche Technologien sinnvoll.”

Beim 15. Tag der Luft- und Raumfahrtregionen in Aachen diskutierten Forschende, Wirtschaftsvertreterinnen - und Vertreter und Politikerinnen und Politiker über die Zukunft des Fliegens. Die Aussteller auf dem Flugplatz Aachen-Merzbrück und im Veranstaltungszentrum "Das Liebig" schlugen einen großen Bogen vom Fliegen von gestern über heute bis Morgen.

Foto: Peter Sieben

Dieser Segelflieger hat eine unterstützende Batterie an Bord.

Foto: Peter Sieben

Besucher konnten auch zahlreiche historische Flugzeuge wie diese North American T-6 bewundern.

Foto: Peter Sieben

Unsere Reporterinnen und Reporter waren vor Ort, um über die neuesten Entwicklungen zu berichten.

Foto: Peter Sieben

NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) und Markus Fischer, Programmdirektor Luftfahrt beim DLR.

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Auch Thomas Jarzombek, Koordinator für Luft- und Raumfahrt der Bundesregierung, war vor Ort.

Foto: Peter Sieben

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Markus Fischer vom Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrum.

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Beim 15. Tag der Luft- und Raumfahrtregionen diskutierten Forschende, Wirtschaftsvertreter und Politiker in Aachen über die Zukunft des Fliegens.

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Foto: Sarah Janczura

CDU-Politiker Thomas Jarzombek im Gespräch mit ingenieur.de

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Ein Vorteil des typischen Aachener Regenwetters: Solche Maschinen sehen fast noch hübscher aus.

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Der Helix Verstellpropeller passt sich automatisch an die jeweiligen Flugbedingungen an - das macht das Fliegen effizienter.

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In Segelflugzeugen greift eine neuartige Heimkehrhilfe.

Foto: Peter Sieben

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Die Flugwissenschaftlichen Vereinigung Aachen auf dem 15. Tag der Deutschen Luft- und Raumfahrtregionen.

Foto: Peter Sieben

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Die Drohne Urban Ray soll künftig unter anderem medizinische Proben transportieren.

Foto: Peter Sieben

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Der DLR-Experte hat darüber hinaus eine klare Forderung an die neue Bundesregierung: “Unsere Botschaft ist: Wir können klimaneutrales Fliegen am schnellsten erreichen, wenn wir Technologien fördern und Modelle für die gesamte Luftfahrtbranche entwickeln, mit denen sie umgehen kann. Das heißt, wir wären schlecht beraten, wenn wir durch ein nicht gut durchdachtes Steuersystem die Fortschritte dieser Technologien zunichte machen. Unsere Forderung ist, dass wir die neuen Technologien möglichst schnell in die Anwendung bringen können. Dafür muss es den Betreibern möglich sein, Gewinne zu erwirtschaften.” Alle Aussagen von Markus Fischer gibt es hier:

Flugzeuge: Wasserstoff mit Brennstoffzellen oder Batterie

Neue Antriebe werden die kommenden Jahre in der Luftfahrt prägen. Forschende arbeiten in erster Linie an zwei verschiedenen Antrieben für Elektro-Flugzeuge: Per Batterie oder per Wasserstoffantrieb mit Brennstoffzellen. Batterien haben noch einen klaren Nachteil: Die Reichweite ist stark begrenzt und die Akkus für ein Flugzeug schwer. Bis es zur Normalität wird, in Flugzeuge mit elektrischem Antrieb zu steigen, dürfte noch viel Zeit vergehen – erst recht, was längere Flugstrecken betrifft.

Ein Beitrag von:

  • Peter Sieben

    Peter Sieben schreibt über Forschung, Politik und Karrierethemen. Nach einem Volontariat bei der Funke Mediengruppe war er mehrere Jahre als Redakteur und Politik-Reporter in verschiedenen Ressorts von Tageszeitungen und Online-Medien unterwegs.

  • Sarah Janczura

    Sarah Janczura

    Sarah Janczura schreibt zu den Themen Technik, Forschung und Karriere. Nach einem Volontariat mit dem Schwerpunkt Social Media war sie als Online-Redakteurin in einer Digitalagentur unterwegs. Aktuell arbeitet sie als Referentin für Presse und Kommunikation beim VDI e.V.

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