Formel-1-Renner der Zukunft soll Gedanken lesen können
Eine Karosserie, die nach Unfällen wieder ihre alte Form zurückgewinnt, eine Oberfläche voller Solarzellen, ein Cockpit wie im Jet, und eine Kommunikation zwischen Fahrer und Auto über Gehirnströme: So stellt sich McLaren das Formel-1-Fahrzeug der Zukunft vor.
Nach einer Saison ohne große Spannung und mit Gerüchten über einen Ausstieg des ewigen Formel-1-Chefs Bernie Ecclestone braucht die Rennserie wohl eine neue Perspektive. Einen mutigen Blick in die Zukunft wirft da ausgerechnet ein Rennstall, der seit Jahren nur noch hinterherfährt: McLaren. Nach ihrer Rückkehr zum Motorenlieferanten Honda mussten die Briten in dieser Saison sogar Teams wie Toro Rosso und Force India in der Gesamtwertung an sich vorbeiziehen lassen. Und der letzte WM-Titel liegt sogar schon 17 Jahre zurück.
Nun präsentiert McLaren eine Studie namens MP4-X, die zeigen soll, wie das Formel-1-Auto der Zukunft aussehen könnte. Äußerlich heißt das vor allem: Radkästen und ein geschlossenes Cockpit, das vor allem die Sicherheit der Fahrer erhöhen soll. Die Umgebung des Piloten kann so aber auch zur virtuellen Realität werden, mit einem 360-Grad-Rundumblick und automatischem Warnsystem vor Kollisionen.
Leitstand erhält Vitaldaten des Fahrers
Die revolutionärste Idee der Renningenieure steckt aber im Helm. Dort könnten Sensoren angebracht werden, die die Hirnströme des Fahrers messen und so zum Beispiel feststellen, ob er müde wird, oder sogar, welche Absichten er gerade im Sinn hat. In ferner Zukunft stellen sich die McLaren-Entwickler sogar eine reine Gedankensteuerung des Wagens vor: Das Auto liest die Gedanken des Fahrers und reagiert entsprechend.
Ob das jemals Wirklichkeit wird, scheint fraglich. Realistischer aber ist wohl die Option, dass der Leitstand die Vitalwerte des Piloten so überwacht und dann noch mehr Daten zur Verfügung hat als bisher.
Außenhaut verfügt über „Negativ-Starre“
Doch McLaren will viel mehr: Zu den Ideen der Briten gehören auch solche technischen Tricks, die durchaus schon möglich waren, bisher in der Formel 1 aber verboten sind. Verboten auch deshalb, um den Anteil der Fahrerleistung nicht noch weiter zu reduzieren. Ein Beispiel dafür ist das Thema Reifendruck, der nicht nur automatisch überwacht, sondern auch vom Leitstand aus gesteuert werden könnte. Auch der Abtrieb und damit die Spurtreue des Fahrzeugs insgesamt ließe sich permanent und computergesteuert an die aktuellen Bedingungen anpassen.
Ein Highlight ist das Material, das McLaren für den Renner verwenden will: Neuartige Strukturen, die die Eigenschaft der „Negativ-Starre“ haben. Sie haben die Fähigkeit, sich an ihre ursprüngliche Gestalt zu erinnern und diese nach Einwirkung von außen auch wieder anzunehmen. Woraus diese Außenhaut genau besteht, verraten die Entwickler allerdings nicht.
Auch an die Sponsoren ist gedacht
„Wir wollen die Intelligenz des Autos erhöhen“, sagt Tim Stafford aus der Abteilung „Applied Technologies“ des Rennstalls. Dazu gehöre dann auch ein System, das die „strukturelle Verfassung“ des Autos überwacht und so Informationen darüber liefert, was beispielsweise bei einem Unfall genau passiert ist.
Auch heute schon ist ein Formel-1-Auto vollgestopft mit Sensoren, um den Ingenieuren der FIA-Unfallforschung Daten zu liefern, um beispielsweise tödliche Unfälle wie die des Rennfahrers Jules Bianchi beim Grand Prix in Japan 2014 genau analysieren zu können. Bei schweren Unfällen kann die FIA den Unfallhergang, die Aufprallgeschwindigkeiten und Kräfte, die auf den Fahrer wirken, genau rekonstruieren. Das liegt daran, dass alle Piloten im Ohr einen Sensor tragen, der im Fall eines Crashs die Verzögerung am Kopf misst.
Eine ähnliche Funktion soll nach Vorstellung der McLaren-Ingenieure auch der Rennanzug der Zukunft haben, der äußeren Druck registriert und damit aussagen kann, wo beispielsweise der Körper des Fahrers gequetscht wurde.
Nicht nur Sicherheit und Performance werden über die Zukunft der Formel 1 entscheiden. Am Ende hängt die teuerste Rennserie der Welt vor allem vom Geld der Sponsoren ab. Und deshalb hat McLaren in der Studie auch ans Geld gedacht, die ollen Aufkleber abgeschafft und durch eine flexibel steuerbare Werbefläche ersetzt, wie man sie schon von Stadionbanden kennt.
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