Forschungsflugzeug Falcon stellt Biotreibstoff auf die Probe
Die Falcon des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) ist derzeit auf der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) in Berlin zu bestaunen. Noch vor einer Woche war das Forschungsflugzeug in Kalifornien unterwegs. Dort untersucht das DLR gemeinsam mit der NASA, wie sich durch den Einsatz von Biotreibstoff die Kohlendioxidbilanz des Luftverkehrs verbessern lässt.
Sie ist seit dem Frühjahr 2010 ein Star und äußerst populär: Die Falcon 20-E des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Damals führte das Forschungsflugzeug Messungen in der trüben Aschewolke des isländischen Vulkan Eyjafjallajökull über Deutschland durch. Der zweistrahlige Jet basiert auf einem Geschäftsreiseflugzeug der französischen Firma Dassault und fliegt in Höhen von bis zu 12.800 Metern.
Zum Auftakt der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) ist der Star auf dem Messegelände in Berlin gelandet. Als weltweiter ILA-Botschafter trägt die Falcon das Logo der Messe. Die Falcon kam direkt von den gemeinsamen Forschungsflügen mit der US-amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA zu den Perspektiven der Biotreibstoffe in Kalifornien. Ausgangsort dieser Testflüge ist das Armstrong Flight Research Center der NASA am Standort Palmdale.
Forschungsprojekt testet Biotreibstoff-Kerosin-Gemisch
Vom 7. bis zum 16. Mai dauerte die aktuelle Messkampagne, die das DLR gemeinsam mit der NASA und dem kanadischen National Research Center (NCR) durchführte. Es wurden die Emissionen von Biotreibstoff-Kerosin-Gemischen sowie dessen Auswirkungen auf die Bildung und Eigenschaften von Kondensstreifen vermessen.
Die von der NASA geleitete Flugkampagne umfasste mehr als einhundert beteiligte Wissenschaftler und Techniker. Vier Forschungsflugzeuge waren dafür im Einsatz. Ziel der Kampagne ist es, durch den Einsatz der Biotreibstoffe den Kohlendioxidabdruck der Luftfahrt zu senken sowie mögliche ungünstige Klimaeinflüsse von Partikelemissionen und Kondensstreifen zu reduzieren.
„Wir freuen uns über die erfolgreiche gemeinsame Forschungsmission mit der NASA“, sagt der DLR-Luftfahrtvorstand Prof. Rolf Henke. „Die Wissenschaftler, Techniker und Piloten haben bei den Forschungsflügen in Kalifornien sehr eng und vertrauensvoll zusammengearbeitet. Das ist eine sehr gute Basis, um gemeinsame Projekte in der Luftfahrtforschung auszubauen und neue Forschungsfragen gemeinsam international anzugehen.“
Messungen in Abgasstrahlen und Kondensstreifen von Flugzeugen erforderten viel Erfahrung und eine erprobte Messausrüstung, sagt der DLR-Missionsleiter Dr. Hans Schlager vom Institut für Physik der Atmosphäre. „Diese Expertise hat das DLR in den vergangenen Jahren bei Messungen im Nachlauf von Flugzeugen aufgebaut.“ Die aktuellen Forschungsflüge fanden im Rahmen des Projekts ACCESS-II statt, das Kürzel steht für Alternative Fuel Effects on Contrails and Cruise Emissions.
Schon auf der ILA 2012 hatten NASA und DLR zwei Abkommen über die Zusammenarbeit im Bereich Air Traffic Management verabschiedet. Beide Partner forschen seitdem gemeinsam an neuen Lösungen für Flughäfen, um die Effizienz bei Starts, Landungen und Bodenoperationen zu steigern.
Die Access-Flugversuche sind nun ein weiterer Schritt hin zu gemeinsamer Forschungsarbeit zwischen NASA und DLR. Die vier beteiligten Forschungsflugzeuge flogen dabei in typischen Reiseflughöhen zwischen neun und zwölf Kilometern in Formation. Angeführt wurde die Formation von der vierstrahligen DC-8 der NASA. Hinter der DC-8 flogen die Wissenschaftler an Bord der DLR-Falcon und der NASA-Falcon und machten Messungen über die Abgaszusammensetzung in einer Entfernung von 100 Metern bis 20 Kilometern.
Zusätzlich untersuchte eine T-33 des NRC die Dynamik der DC-8-Wirbelschleppe. „Unsere Falcon ist ein außergewöhnlich robustes Forschungsflugzeug und ideal für Messungen im Abgasstrahl und in Kondensstreifen“, berichtet DLR-Testpilot Philipp Weber. „In der Flugzeug-Wirbelschleppe können starke Strukturbelastungen auftreten, für die nicht jedes Flugzeug gebaut ist.“ Zudem gibt es für die Falcon zahlreiche In-situ-Spurengas- und Aerosol-Messinstrumente, die für die harschen Bedingungen im Nachlauf eines Flugzeuges ausgelegt sind.
Biotreibstoff lässt sich aus Öl der Camelinapflanze gewinnen
Während der Forschungsflüge wurden die vier CMFM56-Triebwerke der DC-8 abwechselnd mit regulärem JP8-Flugtreibstoff, einem Flugturbinenkraftstoff für Düsenflugzeuge und einer Eins-zu-Eins-Mischung aus JP-8 und dem Biotreibstoff HEFA betrieben; dieses Kürzel steht für Hydroprocessed Esthers and Fatty Acids. Der Biotreibstoff Hefa wird aus dem Öl der Camelinapflanze, besser unter Leindotter bekannt, gewonnen.
Die DLR-Forscher konzentrierten sich bei ihren Messungen der Biotreibstoffabgase auf die Emissionen der Rußpartikeln- und Schwefelverbindungen sowie die Größe und Form der Eiskristalle in den Kondensstreifen. Erste Auswertungen der Messungen haben gezeigt, dass beim Einsatz der Biotreibstoffe die Partikelemissionen, und insbesondere die Rußemissionen, gegenüber dem herkömmlichen Kerosin im Abgas stark reduziert sind. Zudem sind die gas- und partikelförmigen Emissionen von Schwefelverbindungen deutlich verringert.
„Im Anschluss an die ILA rüsten wir die Instrumentierung der Falcon am Standort Oberpfaffenhofen um, bevor das Forschungsflugzeug zur Mission DEEPWAVE nach Neuseeland aufbricht“, sagt Prof. Markus Rapp, Direktor des DLR-Instituts für Physik der Atmosphäre. „Dort wird die Falcon in einer fünfwöchigen Flugkampagne im Juni und Juli 2014 entlang der Neuseeländischen Alpen atmosphärische Schwerewellen untersuchen.“ Deepwave steht dabei für Deep Propagating Gravity Wave Experiment.
Schwerewellen beeinflussen das Wettergeschehen wie auch langfristige klimarelevante Atmosphärenprozesse. In Neuseeland sind es vor allem die direkt an den Pazifik grenzenden Berge, die atmosphärische Wellen bis tief in die mittlere Atmosphäre in etwa 100 Kilometer Höhe hinein auslösen.
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