Französische Bahn entwickelt Autopilot für Hochgeschwindigkeitszüge
In Frankreich sollen die schnellen TGV-Züge bald so aufgerüstet werden, dass sie weitgehend autonom fahren können. Lokführer sollen nur noch im Notfall eingreifen. 2019 beginnen die ersten Tests, 2023 sollen die autonomen TGV im regulären Fahrplan auftauchen.
TGV ist die Abkürzung für „train à grande vitesse“, also ein Zug mit hoher Geschwindigkeit. Bis zu 320 km/h erreicht der französische Hochgeschwindigkeitszug auf offener Strecke und hat sich in den vergangenen 35 Jahren zu einer Art Nationalsymbol Frankreichs entwickelt.
Jetzt soll der TGV nach dem Willen der Eisenbahngesellschaft SNCF zukunftsfähig gemacht werden und das bedeutet in der Mobilitätsbranche derzeit vor allem autonomes Fahren der Fahrzeuge.
Größere Präzision beim Rangieren und Sicherheitsabstand
Die ersten Testreihen sollen ab 2019 mit Güterzügen gestartet werden, gefolgt von Regionalzügen 2021. In den Jahren danach sollen die ersten autonom fahrenden Hochgeschwindigkeitszüge zwischen Paris und dem Süden Frankreichs verkehren.
Die sogenannten „Drohnen-Züge“ (auch wenn sie nicht fliegen können), werden mit zahlreichen Sensoren ausgestattet, deren Daten die wesentlichen Entscheidungen im Fahrverhalten des Zuges beeinflussen. Das heißt, der Zug wird selbstständig beschleunigen, bremsen und die Geschwindigkeit halten. Das bedeutet wiederum mehr Präzision. Die ist vor allem bei Rangiermanövern in den Bahnhöfen gefragt, so dass der Zugverbund schneller zusammengestellt werden kann.
Aber auch auf offener Strecke, wo sich mehrere Züge eine Trasse teilen, hat präziseres Fahren große Auswirkungen. So hofft die Bahngesellschaft SNCF, dass der Sicherheitsabstand, der zwischen Zügen auf derselben Strecke liegen muss, von 180 auf 108 Sekunden gedrückt werden kann. Durch diese Zeitersparnis von über einer Minute könnten sich auf bestimmten Strecken bis zu 25 % mehr Zeitfenster öffnen, in denen Züge fahren können. Von der größeren Verkehrsdichte erhofft sich die SNCF einen Zuwachs an Passagieren und damit an Einnahmen.
Keine Hinderniserkennung auf offener Strecke
Gänzlich ohne Lokführer kann der autonome TGV aber nach derzeitigem technischem Stand nicht auskommen. Der Fahrer muss nach wie vor das Öffnen und Schließen der Türen überwachen, denn hier sind – unberechenbare – Menschen beteiligt. Auch auf offener Strecke lauern Gefahren, die eventuell ein menschliches Eingreifen nötig machen.
„Wenn U-Bahnen automatisiert fahren, hat man ein Sensorengitter an den Haltestellen und danach fährt der Zug in einen Tunnel“, sagte Matthieu Chabanel, der stellvertretende Direktor des SNCF gegenüber „FranceInfo“. „Aber draußen sind wir in einer offenen Umgebung mit Bäumen, Tieren und Menschen, die den Zug in seiner freien Fahrt stören könnten. Dafür brauchen wir einen Fahrer, der in gefährlichen Situationen handelt.“
Aktuell gebe es noch keine Hinderniserkennung auf offener Strecke, sagt Luc Laroche, Projektmanager der SNCF für autonomes Fahren. Der Grad der Automatisierung werde aber immer größer werden, desto länger die Prototypen getestet würden, sagte Laroche gegenüber „gopressmobility“. Dort hieß es auch, dass die SNCF für ihr Projekt mit der Deutschen Bahn, Forschungsinstitutionen wie Railenium und Spezialisten im Schienenverkehr und Automatisierung wie Alstom, Bombardier und Siemens zusammen arbeitet.
Siemens hat schon viele Erfahrungen mit autonom fahrenden Zügen. In Nürnberg fährt die einzige U-Bahn Deutschlands ohne Lokführer, ebenso in Singapur.
Weltweit fahren bereits in Dutzenden Städten fahrerlose U-Bahnen, vor allem in Europa, Nordamerika und Asien.
Auch die Deutsche Bahn experimentiert schon mit fahrerlosen Zügen, glaubt aber, dass solche Züge erst in 10 bis 20 Jahren einsatzfähig sind.
Der TGV bekommt ab Juli einen neuen Namen
Übrigens wird dem TGV, abgesehen von seiner geplanten Automatisierung, eine weitere Neuerung bevorstehen. Wie Ende Mai bekannt wurde, soll der „train à grande vitesse“ in InOui umbenannt werden. Ab 2. Juli 2017 wird die Umstellung schrittweise erfolgen. Bis Ende des Jahres werden 30 %, bis Ende 2018 etwa 80 % aller Züge mit neuem Logo fahren. Hintergrund ist die geplante Liberalisierung des Hochgeschwindigkeitsnetzes, für die die staatliche SNCF ab 2021 ihr Monopol verliert.
Deshalb will die SNCF ihren Marktauftritt als Transportunternehmen vereinheitlichen und ihre Marken Ouigo, Ouibus und OuiCar wiederkennbar machen. Bei den Franzosen kommt die Umbenennung derweil weniger gut an. Nimmt man die sozialen Medien wie Twitter als Stimmungsbarometer, ist der neue Name – abgesehen von den üblichem Ärger über Verspätung und Überfüllung der Züge – vor allem Anlass für Unverständnis und Spott.
Autonomer Zug auf virtuellen Schienen
Eine Bahn, die auf virtuellen Schienen direkt auf einer Asphaltfahrbahn fährt, entwickeln derzeit chinesische Ingenieure. Der Zug soll ebenfalls autonom ohne Lokführer durch den Straßenverkehr fahren.
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