Gefahrensituationen im Straßenverkehr mit SimRa präventiv erkennen
Im Rahmen der Citizen-Science-Initiative der TU Berlin wurde ein Projekt ins Leben gerufen, das mit Hilfe der App SimRa Daten zu Gefahrensituationen auf Berlins Straßen sammeln soll und speziell auf Radfahrer abzielt. Diese werden anschließend analysiert, um mit diversen Partnern nachhaltige und sichere Veränderungen im Verkehrsnetz zu erzielen.
Radfahren entlastet nicht nur die Umwelt, sondern fördert gleichzeitig die eigene Gesundheit. Mittlerweile sind immer mehr Autofahrer bereit, den täglichen Arbeitsweg auf dem Drahtesel zurückzulegen. Unfallstatistiken werden hier jedoch meist nur notdürftig erfasst. Außerdem beziehen sich die erhobenen Daten oft bloß auf die tatsächlich geschehenen Unfälle und umfassen lediglich Statistiken zu den involvierten Pkw und den jeweiligen Insassen. Unfälle mit oder unter Fahrradfahrern werden bei diesen Datenerhebungen nur mangelhaft festgehalten. Daher finden sich auch keine aussagekräftigen Daten zur Sicherheit diverser Verkehrswege. Um sich dieses Problems anzunehmen und auch für Radenthusiasten den täglichen Arbeitsweg sicherer zu gestalten, ruft die Technische Universität zu Berlin nun das Projekt „SimRa“ ins Leben.
Mehr Sicherheit für Radfahrer per App
Der Aufbau von SimRa erscheint vergleichsweise einfach. Die App sammelt mit Hilfe von GPS und Beschleunigungssensoren genaue Werte zum Fahrverhalten einzelner Nutzer. Dabei werden Bewegungs- und Erschütterungsdaten aufgezeichnet – natürlich datenschutzkompatibel betreut. Diese tragen allerdings im Großen dazu bei, umfassende Statistiken zum Thema Radsicherheit im Straßenverkehr erstellen zu können. Hierbei werden nicht nur die jeweiligen Routen auf einer Karte aufgezeichnet, es werden auch Fahrt- und Tageszeiten sowie plötzliches Beschleunigen, Abbremsen oder sogar ein Sturz vermerkt. Im Anschluss wird der Radfahrer um Mithilfe gebeten: Er wird dazu aufgefordert, die gesammelten Daten auf den Server der Entwickler hochzuladen, um anschließendes Auswerten zu ermöglichen. Diese bewusst gewählte Funktion trägt unter anderem dazu bei, dass der Nutzer jederzeit Kontrolle über seine Daten hat, welche bei erfolgtem Hochladen zudem nur als Pseudonym gespeichert werden. Auf diese Weise lässt sich eine Reihe an Gefahrenstellen definieren, vor denen im Ernstfall gewarnt werden kann. Ein großer Unterschied und Vorteil zu normalen Statistiken besteht also darin, dass nicht nur direkte Unfälle einbezogen und dokumentiert werden, sondern auch jene, bei denen es nur beinahe zu einem Crash gekommen wäre. Das Hauptziel der App soll sein, besonders die Ämter sowie die Stadt und interessierte Bürger direkt mit einzubeziehen, um gemeinsam das Straßennetz für Radfahrer zu verbessern und sicherer zu gestalten. Es sollen Gefahrenstellen und unzureichende Ampelschaltungen erkannt und verbessert werden. Dementsprechend soll auf mittelfristige Distanz nicht nur das Straßennetz im Allgemeinen attraktiver für Fahrradnutzer gemacht, sondern ebenso generell verbessert werden.
Erste Ergebnisse bereits ausgewertet
Im Rahmen dieses Projekts haben Studierende der TU Berlin im Juli 2019 bereits ihre ersten, stichhaltigen Ergebnisse analysiert, ausgewertet und präsentiert, um die Nutzbarkeit von Simra zu demonstrieren sowie die Möglichkeiten der Verkehrssicherheits-App unter Beweis zu stellen. Hierzu verwendeten die Entwickler eine animierte Karte von Berlin, die unter anderem zeigte, an welchen Kreuzungen Fahrradfahrer am längsten warten mussten, zu welchen Tageszeiten die Rush-Hour der Drahtesel beginnt und welche Hauptverkehrsrouten in der Regel gewählt werden. Bei dieser ersten großen Demonstration von Simra wurden verschiedene Gefahrenherde eindeutig identifiziert und falsche Ergebnisse, wie zum Beispiel Erschütterungen durch Kopfsteinpflaster oder Bordsteinkanten, ausgeschlossen. Google Streetview wurde hierbei zur genaueren Analyse herbeigezogen. Daten wie diese sollen künftig dazu genutzt werden, um die Situation auf den Straßen besonders Radfahrern zugute erheblich zu verbessern und gegebenenfalls höhere Verkehrssicherheit durch diverse Umbauten gewährleisten zu können.
Bundesweite Relevanz
Die Reichweite der App ist essentiell für ihren Erfolg. Zunächst startete das Projekt und die dazugehörige Finanzierung im November 2018 in Berlin und galt bis dato für 3 Jahre. Mittlerweile haben sich immer mehr Interessenten gefunden, die ihre Region oder ihre Stadt mit Hilfe der GPS-Funktion sicherer für Fahrradfahrer machen wollen. Zu den Partnerstädten, welche bereits erfolgreich in das App-Netzwerk integriert wurden, zählen unter anderem Bern, Augsburg, Bochum, Pforzheim sowie der Enzkreis.
Besonders wichtig für die Zusammenarbeit mit weiteren Regionen und Einsatzgebieten ist die Bewerbung und Verwaltung der App vor Ort. Während aktiv Werbung geschaltet werden muss, um stetig neue Nutzer und Mitglieder zu gewinnen, sind ebenso Verantwortliche und Vertreter in jeder Region essentiell. Gesammelte Daten müssen hierbei nicht nur ausgewertet und in Statistiken verwertet werden. Es gilt ebenso, die Orte mit erhöhtem Gefahrenaufkommen persönlich zu begutachten, um eventuelle Verbesserungsvorschläge bezüglich Verkehrssicherheit den dort zuständigen Ämtern, beziehungsweise der Straßenverkehrsverwaltung vorzulegen. Diesbezüglich zeigt sich der Mitbegründer von Simra, David Bermbach, optimistisch. Er begrüße die große Medienrelevanz, die Simra bisher bereits erreichte und erhoffe sich eine noch größere Wichtigkeit und Geltung, um das Netzwerk noch weiter auszubauen. Ob die App also in weiteren, großen deutschen Städten Anklang findet, hängt allein vom Wohlwollen der Fahrradfahrer und den Vertretern der jeweiligen Städte ab.
Heute Berlin, morgen die ganze Welt?
Der wichtigste Faktor für das Vorankommen der App und die Optimierung des Straßennetzes für Drahteselenthusiasten sind die Nutzer selbst. Ausschlaggebend für den weiteren Erfolg des gesamten Projekts sind nicht nur Sponsoren, Investoren und Vertreter der einzelnen Landkreise. Vielmehr profitiert die App von steigenden Nutzerzahlen, sodass die gesammelten Daten in großem Umfang zur Analyse und Auswertung bereitstehen. Um dies gewährleisten zu können, wird die App kostenlos im App-Store angeboten. Derzeit fallen keinerlei Mehrkosten an, weder beim Download, noch bei eventuellen zukünftigen Abonnements. Im Endeffekt wäre dies sogar kontraproduktiv dem Nutzen der Sache gegenüber.
Die Software selbst setzt zur ordnungsgemäßen Funktion eine Android-Version höher als 6 beziehungsweise iOS ab Version 11 voraus. Zum Download.
Lesen Sie auch:
Smartphone-App erkennt Augenkrankheiten bei Kindern
Ein Beitrag von: