Geoffrey Bouquot – der Senkrechtstarter bei Audi
Nach nur sechs Monaten bei Audi übernimmt der 39 Jahre alte Geoffrey Bouquot auch die Leitung des Geschäftsbereichs Technische Entwicklung.
So sehen Erfolgsmenschen aus: Jung, gut aussehend, zielstrebig, eloquent und erfolgreich. Genau so einer ist der Franzose Geoffrey Bouquot. Mit gerade einmal 39 Jahren ist er bereits im Vorstand der Audi AG angekommen – andere brauchen dafür 15 bis 20 Jahre länger. Und nach nur sechs Monaten als Vorstandsmitglied für Innovation und Software-Defined Vehicles übernimmt er ab 1. Januar 2025 zusätzlich noch die Leitung des Geschäftsbereichs Technische Entwicklung von Oliver Hoffmann, der jetzt das Formel-1-Projekt von Audi leiten wird. Hintergrund ist die geplante Neuaufstellung der Fahrzeugentwicklung nach den Prinzipien der Matrixorganisation, in dessen Zuge beide Bereiche zusammengelegt werden.
Mit der Einführung einer Matrixorganisation soll Audi effizienter, wettbewerbsfähiger und resilienter werden. „Hierbei stehen vor allem flache Führungs- und breite Organisationsstrukturen im Fokus sowie die Reduktion von Schnittstellen, die Verschlankung von Gremien und die dezidierte Bindung von Verantwortung und Entscheidungen an definierte Rollen“, erläutert Audis Vorstandsvorsitzender Gernot Döllner.
Doch welche Rolle spielt dabei Bouquot und warum bekommt er in so jungen Jahren so viel Verantwortung innerhalb kürzester Zeit bei Audi? Auch darauf hat Audi-Chef Döllner eine Antwort: „Geoffrey hat seit seinem Wechsel zu Audi viele wichtige Impulse gesetzt und das in ihn gesetzte Vertrauen mehr als bestätigt.“ Das hört sich an, als sei man bei Audi äußerst zufrieden mit der Arbeit des neuen, jungen Mitarbeiters. Welche wichtigen Impulse genau er gesetzt hat, bleibt Döllner uns zwar schuldig, doch sie haben den Vorstand offenbar schwer beeindruckt.
Wer ist Geoffrey Bouquot?
Zunächst einmal zu den Basics zu Geoffrey Bouquot: Geboren wurde er 1985 in der 50.000-Einwohner-Stadt Corbeil-Essonnes im Norden Frankreichs, wo der Fluss Essonne in die Seine fließt. Seine Ehefrau heißt Diana und mit ihr hat er zwei Söhne im Alter von zehn (Armand) und sechs Jahren (Arthur). Er gilt als sprachbegabt und spricht Französisch, Englisch, Deutsch sowie Spanisch und kann mit Grundkenntnissen in Chinesisch aufwarten – wahrlich keine schlechten Voraussetzungen, um in einem weltweit agierenden Unternehmen wie dem VW-Konzern zu punkten.
Doch das dürfte nicht das einzige sein, was Audi auf ihn aufmerksam machte. Dazu gehört mit Sicherheit auch der Masterabschluss in Physik in 2005 an der renommierten École Polytechnique Palaiseau in der Nähe von Paris. Im Anschluss folgte ein Masterabschluss in Ingenieurwesen am Corps des Mines @ École des Mines de Paris, gefolgt vom Executive Education Zertifikat für Global Leadership and Public Policy an der Harvard Kennedy School in Cambridge, Massachusetts/USA.
Das sind gleich drei Studienabschlüsse zum Preis von einem, die Audi in Person von Geoffrey Bouquot an Land ziehen konnte. Und zwar genau die, die ein global agierendes Unternehmen u. a. der Automobilindustrie braucht: Physik, Ingenieurwesen und Leadership. Dazu noch seine Sprachbegabung …
Der Rohdiamant Geoffrey Bouquot wurde fein säuberlich geschliffen
Zwar war Bouquot da schon ein Gesamtpaket, aber noch ein Rohdiamant – richtig geschliffen wurde er durch seine nachfolgenden Positionen. Angefangen bei der französischen Beteiligungsagentur, die für staatliche Beteiligungen an Verteidigungs-, Luft- und Raumfahrtunternehmen verantwortlich ist. Danach wurde er technischer Berater für industrielle Angelegenheiten im Kabinett des französischen Verteidigungsministers. Nach den Ausflügen in staatliche Hoheitsaufgaben wechselte Geoffrey Bouquot 2016 zum französischen Automobilzulieferer Valeo, zunächst als Head of Strategy bis 2024 dann als Group CTO & Senior Vice President Strategy. In dieser Rolle war er für die Corporate Strategy, R&D, Public Affairs and Sustainability, Marketing und Innovation verantwortlich.
Mit all diesen Voraussetzungen hätte Bouquot wahrscheinlich in vielen Branchen sofort mit Kusshand anfangen können, aber sein Herz hängt am Automobil. Er zeigt sich fasziniert von der Transformation des Automobilsektors, die durch das Potenzial neuer Technologien in den Bereichen Automatisierung, Konnektivität und Digitalisierung sowie durch den gesellschaftlichen Wandel hin zur Elektrifizierung vorangetrieben wird.
Geoffrey Bouquot ist ein Car-Guy
Er ist ein Car-Guy durch und durch – genauer gesagt, ein E-Car-Guy. Elektrifizierung, Fahrerassistenzsysteme und das Software-Defined Vehicle sind seit jeher seine Steckenpferde, die Audi nun ausschöpft. Und Audi kann davon profitieren, dass auch bei Bouquot nicht immer alles rund lief und er daraus lernte. In einem Interview mit der US-Zeitschrift Automobile News äußerte er sich – noch bei Valeo in Lohn und Brot – 2023 mit den Worten: „Im Rahmen meines ersten transformativen Projekts wurde mir klar, dass ich die Zeit unterschätzt hatte, die erforderlich war, um die Denkweisen zu ändern, die erforderlich sind, um eine nachhaltige Wirkung zu erzielen.“
Daraus zog der Franzose seine Schlüsse: „Der Zeitplan musste angepasst werden. Wenn man große Gemeinschaften beeinflussen will, muss man die nötige Zeit einplanen und vorsichtig sein, wenn man sich auf eine Frist festlegt.“ Selbstauferlegte und ambitionierte Fristen wurden schon vielen Managern zum Verhängnis, wenn sie nicht eingehalten wurden, insofern kann Bouquots Realismus für Audi nur von Vorteil sein. Im selben Interview wurde er auch nach dem besten Ratschlag gefragt, den er je erhalten habe. Seine Fünf-Worte-Antwort war: „Seien Sie mutig und verantwortungsbewusst.“
Immer da sein, wo es wichtig ist
Gemba ist sein Mantra – Gemba ist das japanische Wort dafür, in der Gegenwart und genau dort zu sein, wo Dinge passieren. „Echte, konkrete Projekte sind am wichtigsten“, gibt er die Marschrichtung vor, mit der er sich auch bei Audi einbringen will.
Sein erstes Auto war übrigens ein Austin Mini 2, 2023 war es dann bereits ein Tesla Model S. Der Mann ist also auf Kurs, um bei Audi erfolgreich sein zu können. Auf die Frage, welches Auto er am liebsten hätte, antwortete er – noch mit der Valeo-Fahne auf dem Hut: „Ein Elektroauto mit unserer thermischen Wärmepumpe und unserem thermischen Batteriemanagement; hochmoderne Front- und Heckbeleuchtungssysteme; nachhaltige Scheibenwischer; eine intuitive Mensch-Maschine-Schnittstelle mit einem Klick für den Innenraum; und autonome Fahrfähigkeit der Stufe drei.“
Ein zufriedenes Lächeln dürfte da dem Audi-Vorstand übers Gesicht geglitten sein, denn das ist genau das, was die Ingolstädter anstreben – sie wollen eigenen Ambitionen zufolge ab 2026 nur noch vollelektrische bzw. teilelektrische Modelle auf den Markt bringen. Und auf dem Weg dahin scheint Geoffrey Bouquot genau der richtige Mann dafür zu sein.
Darüber hinaus kocht der Franzose gerne für Familie und Freunde. Der Spruch „Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird“ gilt wahrscheinlich nicht für Bouquot – denn der Mann lässt nichts anbrennen …
https://www.vdi-nachrichten.com/wirtschaft/unternehmen/3000-arbeitsplaetze-betroffen-audi-schliesst-werk-in-bruessel/
https://www.vdi-nachrichten.com/technik/automobil/gernot-doellner-der-neue-chef-bei-audi/
https://www.vdi-nachrichten.com/technik/automobil/im-rennen-um-das-image-faehrt-audi-vor-mercedes-und-vw/
Ein Beitrag von: