Gratis-Lastenräder zum Ausleihen: Kölner Idee verbreitet sich
Autoteilen oder auf neudeutsch Carsharing liegt aktuell voll im Trend: Vor allem Daimler unterhält riesige Smart-Flotten in Städten wie Berlin und Stuttgart. Aber Fahrräder teilen? Derzeit verbreitet sich eine Idee aus Köln, nämlich Lastenräder für gewerbliche und private Transporte zu teilen – völlig kostenlos.
Kasimir, ein dreirädriger Lastesel, und die zweirädrige Konstanze, das Rennrad unter den Lastenrädern, kurven täglich durch die Straßen Kölns. Jeder kann die Transporträder kostenfrei im Internet buchen. Konstanze hat einen festen Standort am AStA-Büro der Universität Köln.
Kasimir hingegen wechselt als urbaner Nomade ständig den Standort. Mal steht er vor einem Café, mal vor einer Schule, einem Büro oder auch mal vor einer Wohngemeinschaft. Die Idee für Kasimir und Konstanze hatte der Verein wielebenwir, der sich mit Fragen zu Leben und Arbeiten in der Stadt und verbesserter Mobilität beschäftigt.
Verein stellt Kasimir kostenlos zur Verfügung
Vor über einem Jahr kaufte der Verein das Lastenrad mit den zwei Vorderrädern und einem Hinterrad und der großen grünen Kiste vorne dran und nannte es Kasimir. Seit März 2013 kann Kasimir ausgeliehen werden. Dahinter stand der Gedanke eines freien Lastenrads. Jeder sollte es unkompliziert für einen Tag oder auch mal drei Tage buchen können.
Die jetzt einjährigen Erfahrungen mit dem freien Lastenrad sind sehr gut, alle Ausleiher behandeln Kasimir pfleglich und achten darauf, das auffällige Fahrrad auch immer abzuschließen.
Das erste freie Lastenrad Kölns ist immer auf Tage im Voraus ausgebucht. Neben den vielen Fahrten für private Transporte von Waschmaschine, Getränkekisten oder Kindern hat Kasimir seine Vorteile auch schon für Großveranstaltungen unter Beweis gestellt. Das auffällige Rad war offizielles Lieferantenfahrzeug am Tag des guten Lebens 2013 sowie auf dem Tag der Inklusion des Landschaftsverbandes Rheinland.
Kostenlose Lastenräder in München und Dortmund
Die Idee vom freien Lastenrad strahlt inzwischen weit über Köln hinaus: Kasimir hat mit Daniel einen Bruder in München. In Dortmund ist Rudolf unterwegs und in Graz ist „Das Lastenrad Graz“ an den Start gegangen. In Köln hat sich ein zweites Projekt, das Rothehausrad, etabliert. Initiativen in Hamburg, Hannover, Oldenburg, Regensburg, Erlangen und in Königsbrunn nahe Augsburg stehen in den Startlöchern, um Lasträder zum Teilen auf die Straße zu bringen.
Thomas Schmidt vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) München, der Lastenrad Daniel verleiht, ist über die gewaltige Resonanz begeistert. Der Münchner Fahrradclub hat Daniel im Mai angeschafft, schon Anfang Juni war das Rad für die nächsten zwei Monate ausgebucht.
Ganz offenbar bedienen die Lastenräder ganz den Zeitgeist. Es ist praktisch, nicht jedes Mal ein Auto in Bewegung setzen zu müssen. Vor allem die angespannte Parkplatzsituation in den Großstädten gibt solchen Projekten enormen Auftrieb. Dazu kommt: Gerade junge Menschen besitzen oft gar kein Auto mehr.
Transporträder mit riesigem Potential
Der Erfolg in Köln verwundert nicht. Den das Potential, Transporte in chronisch verstopften Großstädten vom Auto und Transporter aufs Rad zu verlagern, ist enorm. Bis zu 85 Prozent der Autokurierfahrten ließen sich durch Fahrräder ersetzen, so das Ergebnis einer Studie des Instituts für Verkehrsforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR).
Schon jetzt werden Räder auch von Unternehmen eingesetzt. Nicht nur die Postzusteller in Deutschland sind meist mit dem Rad unterwegs und erhalten zunehmend Lastenräder mit Pedelecantrieb. UPS unterhält in Köln ein Lastenrad, um besonders in der Innenstadt Pakete zuzustellen.
Es gibt noch keine konkreten Zahlen, doch nach Aussagen von Fahrradhändlern ist das Interesse an Lastenräder immens, weiß René Filippek, stellvertretender Pressesprecher des ADFC. Die Manufakturen haben auf die steigende Nachfrage reagiert. Es gibt Räder mit und ohne Korb, man kann wählen zwischen zwei oder drei Rädern. Es gibt eine breite Palette an nützlichem Zubehör.
Auch die Preisspanne ist groß: Es gibt No-Name-Räder für 800 Euro und Markenräder, die dann gleich 5000 Euro kosten. Die meisten Lastenräder sind für ein Zusatzgewicht von rund 100 Kilogramm ausgelegt. Damit lässt sich notfalls sogar der Umzug innerhalb der Stadt durchziehen.
Ikea eröffnete Filiale in der Fußgängerzone
Ein unmögliches Möbelhaus aus Schweden hat den Trend durchaus wahrgenommen und kürzlich in Hamburg-Altona eine Filiale mitten in der Fußgängerzone eröffnet. Ikea rechnet damit, dass jeder zweite Kunde zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln kommt. Ikea zeigt sich findig, um den Kunden den Transport der gekauften Produkte leicht zu machen. Das Möbelhaus bietet unter anderem Sackkarren, faltbare Fahrradanhänger oder auch ein Lastenrad zur Ausleihe an. Frei nach dem Werbeslogan: Wohnst du noch oder radelst du schon?
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