Green Logistics wird zum Wettbewerbsfaktor
Logistikdienstleister mit besonderem Umwelt-engagement stehen bei den Auftraggebern momentan hoch im Kurs. Zudem entdecken immer mehr Unternehmen die „grüne“ Logistik auch als probates Mittel zur Kostensenkung – ökonomische und ökologische Ziele harmonieren offensichtlich gut.
Galt die „Green Logistics“ in der Vergangenheit eher als teuer, so hat sich die Bewertung inzwischen grundlegend gewandelt. Heute entdecken Versender und Transportspezialisten Umwelt- und Ressourcenschutz zunehmend als imagebildenden Wettbewerbsfaktor und probates Mittel zur Kostensenkung.
Dass Green Logistics dabei kein zeitweiliges Modethema ist, das schnell wieder an Bedeutung verliert, sondern vielmehr „ein langfristiger Trend, der auch in Krisenzeiten hohe Relevanz hat“, so Holger Hildebrandt, Hauptgeschäftsführer des Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME), Frankfurt/Main, zeigt das Ergebnis einer BME-Umfrage, die der Verband in Zusammenarbeit mit Prof. Paul Wittenbrink von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Lörrach, durchgeführt hat. Von 171 Unternehmern, die branchenübergreifend zu ihren Green-Logistics-Aktivitäten befragt worden waren, wollten 81 % ihre Umweltschutzmaßnahmen unverändert vorantreiben oder sogar steigern. Lediglich 1,4 % planten, ihre Aktivitäten beispielsweise zur Reduzierung der Kohlendioxidemissionen (CO2) aufgrund der schwierigen Konjunkturlage vorerst einzustellen.
Das Thema Umweltschutz entwickelt sich somit auch bei den Verladern zunehmend zu einem Wettbewerbsfaktor. Beim Straßengüterverkehr versprechen fortschrittliche Fahrzeugtechnik und Logistikorganisation noch ein besonders großes Emissions- und Kostensparpotenzial. Für 68,1 % der Befragten sei dabei Telematik in Zukunft ein Thema und 63 % haben bereits Fahrerschulungen umgesetzt. Wittenbrink: „Die Beispiele zeigen, dass sich bei den Unternehmen zunehmend die Erkenntnis durchsetzt, dass Umweltschutz und Wirtschaftlichkeit kein Zielkonflikt sein muss.“
Die Verlagerung von Sendungen auf Bahn oder Binnenschiff aus Umweltgründen ziehen laut den BME-Informationen 13,2 % der Befragten in Betracht. Auf dem Gelände des BASF-Konzerns wurden beispielsweise am 12. Mai die Arbeiten für die dritte Ausbaustufe des von der KTL betriebenen Kombiverkehrsterminals Ludwigshafen gestartet. Mit einer Investition von rund 80 Mio. € wird das bereits seit zehn Jahren bestehende Terminal von sieben auf 13 Umschlaggleise erweitert. Bis Ende 2011 soll dadurch die jährliche Umschlagmenge der Anlage von derzeit 300 000 Standardcontainer (TEU) auf 500 000 Einheiten gesteigert werden. Nach der Inbetriebnahme des erweiterten Terminals wird sich laut den Angaben des Chemiekonzerns der CO2-Ausstoß allein bei den BASF-Transporten um jährlich rund 60 000 t reduzieren.
„Mit dem kombinierten Verkehr können wir Kunden z. B. in Italien, Frankreich und in den stark wachsenden Märkten Osteuropas kostengünstig, umweltfreundlich und zuverlässig beliefern“, so Bernhard Nick, Werksleiter des BASF-Verbundstandorts Ludwigshafen. Die Umschlaganlage steht auch externen Spediteuren und Verladern zur Verfügung – für sie erfolgen nahezu 60 % der Kombiverkehrstransporte.
„Klimaschutz und Wertewandel werden auch in der Logistik bewirken, dass wie bei Markenartikeln langfristig nur noch nachhaltig produzierte Dienstleistungen gekauft werden“, kommentierte Mathias Krage, Präsident des Deutschen Speditions- und Logistikverband (DSLV), Bonn, die Ergebnisse einer im Februar veröffentlichten Studie zum Thema „Grüne Logistik“, die sein Verband beim Institut für Nachhaltigkeit in Verkehr und Logistik (INVL) an der Fachhochschule Heilbronn in Auftrag gegeben hatte. 85 % der befragten Logistiker waren davon überzeugt, dass sich ökonomische und ökologische Ziele hervorragend ergänzen. Dies gelte seiner Ansicht nach umso mehr, als sich zunehmend auch die verladende Wirtschaft des Nachhaltigkeitsaspekts bei ihren Transporten annehme. Mehr als die Hälfte der Speditions- und Logistikunternehmen hätten bereits entsprechende Anfragen erhalten.
Darauf vorbereitet hat sich bereits die Ritter Logistik, Langenhagen. Die Spedition bestellte drei dieselelektrische Hybridfahrzeuge vom Mercedes-Benz Atego Bluetec Hybrid. Die drei Lkw gehören zu den 50 ersten Hybridnutzfahrzeugen, die Daimler Trucks im kommenden Jahr dem deutschen Markt zur Verfügung stellt. Sie werden im Nahverkehr eingesetzt, wo viel Bremsenergie anfällt und in elektrischen Strom umgewandelt werden kann. Dadurch lassen sich nach Expertenschätzungen 20 % an Dieselkraftstoff einsparen. Allerdings liege der Mehrpreis eines Hybrid-Lkw gegenüber einem herkömmlichen Diesel-Lkw bei 45 000 €, so dass sich nach Ansicht von Andreas Ritter, Geschäftsführer der mittelständischen Spedition, die Mehrkosten seiner drei Kleinserienfahrzeuge also „nicht amortisieren“. Er baut allerdings darauf, damit besonders umweltbewusste Kunden binden und neue hinzu gewinnen zu können. Denn immer mehr Unternehmen würden von ihren Dienstleistern umweltgerechte Lösungen erwarten.
Der Ressourcen- und Umweltschutz steht auch in der Luftfracht ganz oben im Pflichtenheft. Nach rund 120 000 Testeinsätzen auf Lufthansa-Flügen und einem sechsmonatigen Materialtest mit dem Süddeutschen Kunststoffzentrum (SKZ), Würzburg, haben Lufthansa Cargo, Frankfurt/Main, und Jettainer, Raunheim, ihre Probephase für den Einsatz von Lightweight-Containern erfolgreich abgeschlossen. Durch die Verwendung leichter Faserverbundwerkstoffe anstelle von Aluminium konnte das Gewicht um 20 % – und damit Kraftstoffverbrauch bzw. CO2-Emissionen – deutlich reduziert werden. „Bis 2020 werden wir unseren spezifischen Kraftstoffverbrauch um 25 % senken – die erfolgreichen Tests der Lightweight-Container sind ein entscheidender Schritt auf dem Weg zu diesem Ziel“, so Carsten Spohr, Vorstandsvorsitzender von Lufthansa Cargo. ROLF MÜLLER-WONDORF
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