Hightech-Radar entdeckt Piratenboote viel früher
Neue Risiken für die Hochseeschifffahrt verlangen neue technische Mittel zu deren Bekämpfung. Dazu zählt ein Hightech-Radar, mit dem die Fraunhofer-Gesellschaft nunmehr aufwartet. Das Radar kann etwa die kleinen und besonders schnellen Piratenboote viel früher aufspüren.
Die Hochseeschifffahrt leidet ungleich mehr unter der Piraterie, als das den meisten bewusst ist. Nicht nur Leib und Leben der Crews sind zunehmend gefährdet, etwa im gefährlichsten Seegebiet der Welt vor der Küste Somalia. Im Jahre 2012 wurden weltweit 174 Schiffe gekapert, 28 Schiffe entführt und gleichfalls 28 Schiffe beschossen. Die Piraten brachten 585 Geiseln in ihre Gewalt. Allein vor der nigerianischen Küste wurden 26 Seeleute gefangen genommen und sechs von ihnen getötet.
Ein besseres Radar könnte vor Überfällen schützen
Für die Piraten ist ihre Tätigkeit vergleichsweise einfach. Sehr schnelle kleine Schiffe bringen sie zu den Frachtern, ehe die Piraten dort überhaupt ausgemacht worden sind. Dem kommt im Sinne der Piraten entgegen, dass die üblichen Radaranlagen auf den Schiffen mit mechanisch rotierenden Antennen arbeiten, die vielfach kleine Objekte auf dem Wasser gar nicht erkennen können.
In der militärischen Luftfahrt gibt es seit vielen Jahren ein ungleich wirksameres und vor allem schneller und hoch auflösenderes Radar. Dieses Radar arbeitet mit so genannten Phased Array-Antennen, die das gesamte Umfeld des fliegenden Kampflugzeugs ständig unter Beobachtung haben. Diese Radartechnik ist allerdings extrem teuer und wird damit bisher für die Seeschifffahrt in der Regel nicht genutzt.
Neue Radar-Technik verspricht Abhilfe auch auf See
Forscher des Fraunhofer-Instituts für Hochfrequenzphysik und Radartechnik FHR in Wachtberg bei Bonn haben nun für die Hochseeschifffahrt eine modifizierte Radareinrichtung mit einer Phased Array-Antenne und einer kohärenten Signalverarbeitung entwickelt, die eine wesentlich bessere Signalerzeugung und Signalverarbeitung ermöglicht. Jedes ausgesandte Signal hat zu dem zurückkommenden Echo eine sehr enge Phasenbeziehung, die es erlaubt, Größe, Entfernung, Position und Bewegungsgeschwindigkeit des beobachteten Objekts ungleich genauer zu berechnen. Zugleich macht es dieses System möglich, störende Einflüsse, die etwa von Regenfronten, Hagelschauern oder auch hohen Wellen ausgehen, weitgehend zu unterdrücken.
Im Gegensatz zum klassischen Schiffsradar, das mit Magnetronröhren mit einer hohen Sendeleistung arbeitet, basiert das Fraunhofer-Radar auf einer abgesenkten Sendeleistung im Frequenzbereich von 2,9 bis 3,1 GHz Bereich im S-Band. Das neue Radar eignet sich ganz besonders zur Beobachtung von Piraten-Booten, da die höhere Auflösung des Radarbilds die wesentlich frühere Erkennung der angreifenden Boote ermöglicht. Dies wiederum hat eine längere Vorwarnzeit zur Folge, wodurch eher Hilfs- oder Rettungsmaßnahmen eingeleitet werden können.
Basis des Systems ist ein Silizium-Germanium-Chip
Das komplette Sende- und Empfangs-Modul des Fraunhofer-Radars ist einschließlich Verstärkern und allen digitalen Komponenten des Antennensystems auf einem Silizium-Germanium-Chip untergebracht. Die integrierten Schaltkreise hat das Institut für integrierte Analogschaltungen IAS der RWTH Aachen nach den Vorgaben des FHR entwickelt.
Das neue Radarsystem ist auch mit einer Anzahl defekter Elemente noch betriebsfähig. Ein anderer Vorteil ist, dass die Wartungskosten niedriger sind als beim klassischen Schiffsradar, weil es keine der verschleißanfälligen Magnetron-Röhren gibt, die in der Regel einmal im Jahr durch neue Röhren ersetzt werden müssen.
Da die Sendeleistung der neuen Technik niedriger liegt als bei den teuren militärischen Anlagen, konnten die Wachtberger Forscher auf kostengünstigere Halbleiterbauelemente und Technologien zurück greifen und die Kosten der Phased-Array-Antennen so senken, dass sie in der zivilen Schiffsnavigation einsetzbar werden. Ein funktionsfähiger Prototyp wurde inzwischen schon produziert.
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