Honeywell bestreitet neue Vorwürfe gegen das Kältemittel R1234yf
Daimler verweigert weiter den Einsatz von R1234yf in seinen Fahrzeugen, Untersuchungen an der Münchener Universität zeigten ein hohes Risiko für Menschen bei Bränden. Hersteller Honeywell geht nun in die Offensive und wehrt sich gegen die Vorwürfe.
Eine jüngst veröffentlichte Studie der Ludwig-Maximilians-Universität München hat den jahrelangen Streit um das Kältemittel R1234yf in Klimaanlagen für Autos neu angeheizt. Nachdem ein neuer Test der Deutschen Umwelthilfe im Januar schon die Möglichkeit der Bildung giftiger Flusssäure bei Fahrzeugbränden ergeben hatte, stellten die Münchner sogar die Bildung von Carbonylfluorid fest. Der Stoff hat eine noch gefährlichere und tödliche Wirkung auf Menschen in der direkten Umgebung. R1234yf wird heute in den meisten Autos als Kältemittel verwendet, weil es das geeignetste Mittel gilt, um die EU-Vorgabe für eine Begrenzung der klimaschädlichen Wirkung einzuhalten. Daimler wie auch einige andere Hersteller verweigert nach eigenen Brandtests trotzdem den Einsatz.
Honeywell kritisiert Testmethoden
Der Chemiekonzern >Honeywell ist neben Dupont einer der zwei Hersteller des Mittels. Das US-Unternehmen bestätigt jetzt gegenüber Ingenieur.de, dass Carbonylfluorid (COF2) bei einem Fahrzeugbrand entstehen kann. Es sei ein „bekanntes Abbauprodukt“, das in Risikoanalysen längst berücksichtigt worden sei. So habe der weltweit führende Verband der Automobilingenieure SAE International die Fakten geprüft und die Sicherheit von R1234yf ebenso bestätigt wie das höchste wissenschaftliche Gremium der EU-Kommission, das Joint Research Center.
„COF2 entsteht auch bei der Verbrennung des aktuell verwendeten Kältemittels HFC-134a, das derzeit in Hunderten von Millionen von Fahrzeugen eingesetzt wird“, teilte ein Honeywell-Sprecher Ingenieur.de mit. „Wenn COF2 sich unter entsprechenden Bedingungen bildet, existiert es nur für den Bruchteil einer Sekunde – und damit nicht lange genug, um Passanten, Insassen oder Ersthelfer zu gefährden.“
Der Hersteller kritisiert die Testmethoden sowohl von Daimler als auch der Deutschen Umwelthilfe als unrealistisch. Demgegenüber hätten schon zwischen 2007 und 2009 Untersuchungen bei SAE International stattgefunden, die von 15 großen Automobilunternehmen – darunter alle führenden deutschen Hersteller – finanziert worden seien. Und die hätten die Sicherheit von R1234yf „selbst unter besonderen Umständen“, bei denen eine Reihe von Defekten zusammenkomme, bestätigt.
Herkömmliches Mittel viel klimaschädlicher
Daimler hält an seinem Widerstand dennoch fest und weist Kritik an seinen Testmethoden ebenso zurück wie den gelegentlich geäußerten Verdacht, das Unternehmen wolle Umrüstkosten sparen und den Einsatz des neuen Mittels so lange verzögern, bis Klimaanlagen, die mit Kohlendioxid als Kältemittel arbeiten, in einigen Jahren marktreif sind.
Honeywell listet in seiner Stellungnahme indes eine Reihe von Autoherstellern auf, die keine Bedenken gegen R1234yf hätten – darunter Toyota, Chrysler, Ford, VW und auch Opel. Tatsächlich hat Opel schon vor einem Jahr Ergebnisse eigener, zusammen mit dem TÜV Rheinland durchgeführter Tests veröffentlicht, nach denen es „unter realistischen Bedingungen“ kein Risiko beim Einsatz des Mittels gebe.
Daimler geht mit seinem Widerstand das Risiko hoher Strafzahlungen ein. Die Stuttgarter setzen weiter das herkömmliche Mittel ein, das deutlich klimaschädlicher ist als R1234yf: Es hat ein so genanntes „global warming potential“ (GWP) von rund 1400. Die EU hat die Obergrenze für diesen Wert aber bei 150 festgelegt. R1234yf hat nur ein GWP von 4.
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