Hybridantriebe bescheren Verbrennungsmotor eine lange Zukunft
Die Elektromobilität sichert die Zukunft des Verbrennungsmotors. Ist doch klar. Oder?
Es mag zunächst paradox klingen, ist bei genauerer Betrachtung aber einleuchtend: Der Verbrennungsmotor hat noch eine lange Zukunft vor sich, gerade weil elektrische Antriebe an Bedeutung gewinnen. Nämlich in der Kombination beider Technologien zu hybridisierten Antriebssträngen. „Ich bin überzeugt, dass Verbrennungsmotor und Elektromotor eine besonders gute und sinnvolle Kombination darstellen – sie ergänzen sich gegenseitig, etwa was Ansprechverhalten und Dynamik betrifft“, unterstreicht Uwe Dieter Grebe, Managing Director der AVL List GmbH.
Die Zahl der produzierten Pkw wird weltweit weiter zunehmen. Laut aller ernstzunehmenden Prognosen kann man davon ausgehen, dass etwa 15 bis 25 Prozent aller Neufahrzeuge im Jahr 2025 über rein elektrische Antriebskonzepte verfügen werden. Daran ist erkennbar, wie groß der Anteil des Verbrennungsmotors an der individuellen Mobilität auch in Zukunft noch sein wird. „Das ist eine Tatsache, die in der Diskussion meines Erachtens allzu oft verdrängt wird“, macht Grebe weiter deutlich: „Der Verbrennungsmotor wird in der Öffentlichkeit zu Unrecht regelrecht verteufelt. Dabei hat er auch technisch noch ungemein viel Potenzial, bis hin zu Zero Impact Emission.“ Dieses Ziel könne unter anderem durch einen reibungsfreieren Antrieb, eine bessere Thermodynamik sowie eine effizientere Abgasnachbehandlung erreicht werden.
Synthetische Kraftstoffe gewinnen an Bedeutung
Eine wichtige Rolle dürften dabei in Zukunft auch synthetische Kraftstoffe spielen. Ob Power-to-Liquid oder Power-to-Gas, die Forschungsansätze und bisherigen Erprobungen sind vielversprechend. Besonders sinnhaft sind diese Ansätze, wenn man sie von der Energiewende ausgehend betrachtet. Erneuerbare Energiequellen wie Wind und Solar sind hochgradig intermittierend. Sie fallen nur intervallartig an und sind nicht zu jeder Zeit zuverlässig verfügbar. Daher muss eine Energiewirtschaft, die auf Erneuerbare setzt, so ausgestaltet sein, dass eine Pufferung möglich ist. Die Erneuerbaren müssen also mit fossilen Energieträgern abgesichert werden.
Die ökologisch unklügste Variante ist sicherlich, dazu Kohlekraftwerke zu nutzen. Eine Alternative wäre dagegen, mit Energiespeichern wie Pumpspeicherkraftwerken zu arbeiten – nur lassen sich die Energiemengen, über die hier zu sprechen ist, auf diese Weise nicht darstellen. „Damit bleibt aus meiner Sicht der Weg einer chemischen Speicherung der Pufferenergie. Ob Wasserstoff, Fischer-Tropsch oder andere Verfahren, hier lohnt es sich, weiterzuentwickeln und die Chancen zu nutzen“, macht Grebe deutlich. Ein weiterer Aspekt für die Gesamteffizienz ist zudem der Transport von Energie über weite Distanzen. Grebe: „Auch diesbezüglich ist chemischer Kraftstoff hoch interessant – und allemal etwa einem Kupferkabel vorzuziehen.“
Gegenüber einem flächendeckenden Ausbau von Schnellladestationen für Elektrofahrzeuge ist der Experte hingegen skeptisch: „Angesichts der notwendigen, enormen Investitionen in Infrastrukturen und angesichts der bestehenden technischen Herausforderungen, selbst wenn wir auf die Hochvoltebene gehen, bin ich skeptisch, dass Schnellladesysteme wirklich zu einer flächendeckenden Lösung für den Fernverkehr werden können.“ Auch bezüglich der Weiternutzung vorhandener Infrastrukturen wären synthetische Kraftstoffe also durchaus von Vorteil.
Mobilität wird sich immer weiter auffächern
Die automobile Welt befindet sich in einem grundlegenden Wandel. Aus Sicht von Prof. Grebe birgt der Wandel, der gerade erst begonnen hat, eine Vielzahl an Chancen und reizvollen Perspektiven: „Die Zukunft ist weitgefächert und bunt – es wird kein Entweder-oder in Form standardisierter Elektrofahrzeuge geben. Entscheidend wird es sein, auch in Zukunft Mobilität für den Durchschnittbürger zu ermöglichen und kostenseitig darstellbar zu machen.“
Die Megatrends sind zum einen die Elektrifizierung des Antriebsstrangs und zum anderen die Konnektivität sowie das autonome Fahren. Beide Entwicklungen sind technologisch vollkommen unabhängig voneinander, vollziehen sich aber parallel. Das macht die heutige Zeit in der Automobiltechnik so spannend. Als sicher kann gelten, dass sich die Mobilität in den kommenden Jahren insgesamt deutlich verändern und auffächern wird. Autonom fahrende Fahrzeug für Kurzstrecken im Carsharing, ganz neue Nutzungskonzepte für innerstädtischen Verkehr, Elektromobilität auch für Transportfahrzeuge und vieles mehr. Gesprächs- und Diskussionsstoff gibt es also mehr als genug. Das VDI Wissensforum bietet demnächst auf dem Internationalen Motorenkongress einen Rahmen, um diese Themen fernab aller Dogmata und Vorurteile zu diskutieren.
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