TUM mit Hyperloop-Forschungsprogramm 21.07.2020, 12:05 Uhr

Mit der Röhre durch München: Was Studenten mit dem Hyperloop von Elon Musk vorhaben

Ab durch die Röhre: Münchener Studenten an der TU forschen offiziell an einer Hyperloop-Teststrecke. Bisher gewann die TU alle der von SpaceX abgehaltenen Wettbewerbe. Was die Überflieger noch planen.

Hyperloop Strecke in Bayern

Eine Hyperloop-Strecke in Bayern: An dieser Vision forscht die Technischen Universität München.

Foto: TUM Hyperloop

Die Stadt der Weißwurst und des Biers steht nicht nur für bayerische Lebensqualität, sondern auch für bahnbrechende Technik. Die Studierenden der Technischen Universität München haben mehrfach den Hyperloop-Wettbewerb von Elon Musk gewonnen. Jetzt steigt die Universität offiziell in die Forschung des Röhrenzugs ein.

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2019 sauste die kleine Kapsel mit 482 Kilometern pro Stunde durch eine Röhre. Ein neuer Rekord. Das Hyperloop-Team der TU München baute dies im SpaceX-Hauptquartier bei Los Angeles. Zum vierten Mal ging der Preis für den schnellsten Hyperloop-Pod an die Erfolgsstudenten der TU München. Der Wettbewerb fand bis 2019 alljährlich statt. SpaceX-, Tesla- und The-Boring-Company-Gründer Elon Musk hat den Preis ins Leben gerufen. 2020 wird die Veranstaltung wegen der Corona-Pandemie ausfallen.

Wie die TU München verkündet, werden ehemaligen Mitglieder des Hyperloop-Teams sowie Studierende im Auftrag der Universität und mit Unterstützung der bayerischen Staatsregierung am innovativen Röhrenzug forschen.

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Futuristischer Hyperloop: Elon Musk präsentierte diese Idee bereits 2013

Hyperloop – auf diesen futuristischen Namen hört eine Idee, die SpaceX- und Tesla-Chef Elon Musk erstmals 2013 als Konzept dem Rest der Welt präsentierte. Die Idee, Menschen in einer quasi luftleeren Röhre mit Höchstgeschwindigkeiten von A nach B zu befördern, ist nicht zwangsläufig neu. Eine Neuheit hingegen ist, dass das aus Film und Literatur bekannte futuristische Konzept immer stärker seinen Weg in die Praxis findet – auch dank Musk und seinem Pod-Wettbewerb.

Münchner 2019 wieder Sieger im Pod-Wettbewerb

463 ist die Zahl der Sieger. Das ist die Geschwindigkeit in Kilometern pro Stunde, die das Münchner Team „TUM Hyperloop“ bei Musks Wettbewerb 2019 erreichte. Die Münchener der Technischen Universität bleiben damit knapp unter dem eigenen Weltrekord vom Vorjahr mit 467 Kilometern pro Stunde, als sie noch unter dem Namen „WARR Hyperloop“ antraten. Insgesamt nahmen an Musks Wettbewerb 21 Teams teil, die sich aus mehr als 700 Studenten und Fachleuten zusammensetzten. Die „Starterlaubnis“, den eigenen Pod durch die Röhre der Boring Company zu schicken, bekamen am Ende aber nur vier Teams: Uni Delft, EPF Lausanne, TU München und ETH Zürich. Die Pods mussten ein hauseigenes Kommunikationsnetzwerk verwenden, um zum Wettbewerb zugelassen zu werden.

Bei dem Wettbewerb schießt der Pod durch eine 1.200 Meter lange, weitgehend evakuierte Röhre und muss an deren Ende rechtzeitig zum Halt kommen. Daran wird bereits deutlich, dass das Konzept immer noch in den Kinderschuhen steckt: Mehr als Testläufe in einem stark definierten Umfeld sind aktuell noch nicht drin. Musk hat das nicht davon abgehalten, große Ankündigungen zu machen: 2020 sollte der Testlauf in einem 10 Kilometer langen Tunnel mit einer Kurve stattfinden. Durch die Pandemie wird daraus erstmal nichts. Eine Verlängerung der Strecke soll aber trotzdem realisiert werden. Musk selbst betonte allerdings, dass eine signifikante Ausweitung des Tunnels wohl frühestens in drei Jahren erreicht werden könne.

Hyperloop durch Bayern

Die Teströhre und der Prototyp werden am Standort Taufkirchen in Bayern angelegt. 24 Meter soll die Teströhre betragen. Den aktuellen Rekord setzten die Studierenden 2019 mit 482 Stundenkilometern. Doch die Studierenden wollen nicht nur schnell sein: Sie untersuchen auch, wie der Hyperloop ein sicheres, bezahlbares und nachhaltiges Transportmittel der Zukunft werden kann. Wie der Pressemeldung der TU München zu entnehmen ist, entwickeln sie unter anderem ein Schwebesystem für den Pod sowie den Prototyp einer Teströhre aus ultrahochfestem Beton.

Das Forschungsprojekt besteht an der Fakultät für Luftfahrt, Raumfahrt und Geodäsie der TUM. Gefördert wird das Programm aus Mitteln der Hightech Agenda Bayern der Bayerischen Staatsregierung.

So sieht die Forschungsphase aus

In der ersten Phase, die über zwei Jahre läuft, werden Systemanalysen durchgeführt, um die Umsetzbarkeit und das Potential des Konzepts in Europa zu untersuchen. Darüber hinaus werden Hyperloop-relevante Technologien entwickelt und getestet. Die 24 Meter lange Teströhre entsteht auf dem Gelände des Ludwig Bölkow Campus in Taufkirchen / Ottobrunn. Dabei kommt die geballte Expertise aus verschiedenen Fachbereichen des Ingenieurwesens zum Einsatz –etwa aus der Materialwissenschaft, dem Bauingenieurwesen und der Antriebssysteme. Geleitet wird das Forschungsprogramm unter anderem von Agnes Jocher, die seit Anfang Juli die Professur für Sustainable Future Mobility innehat.

„Der Hyperloop hat das Potential, eine schnelle, elektrische Alternative auf mittellangen Strecken zu bieten und somit nachhaltigeren und umweltfreundlicheren Transport zu ermöglichen“, erklärt sie. „Es ist aber noch weitere Forschung nötig, um diese Annahme zu prüfen. Zum Beispiel müssen auch die Produktion und der Aufbau des Systems miteinbezogen werden.“

Porträt Agnes Jocher

Professorin für Sustainable Future Mobility: Agnes Jocher.

Foto: privat

Hyperloop – futuristische Mobilität, ausgetragen im Wettbewerb

Wichtige Erkenntnisse liefert der Wettbewerb dennoch und ganz nebenbei forciert er den Wettbewerb zwischen Ländern, Unternehmen und Universitäten, das Mobilitätskonzept möglichst schnell praxistauglich zu machen. Das liegt aber noch in weiter Ferne, denn der Hyperloop kämpft mit vielen Problemen – selbst bei unbemannten Pods. Wie auch anhand des Wettbewerbs deutlich wurde, ist eine tadellose Sicherheit selbiger längst nicht gegeben. Noch immer kommen Pods nicht rechtzeitig zum Stehen oder können selbst eine gerade Strecke nicht zuverlässig halten.

Wird der Hyperloop tatsächlich unter dem Blickwinkel eines Mobilitätssystems für den Menschen betrachtet, eröffnen sich eine ganze Reihe weiterer Schwierigkeiten. Experten warnen vor immens hohen Infrastrukturkosten, die für die Röhren fällig werden würden, bevor überhaupt der erste Pod einen Menschen transportiert. Dass das längst nicht so einfach ist, wie häufig von Musk erdacht, zeigen schon viel einfachere Disruptionen: Fahrer von Elektroautos können speziell in Deutschland ein Lied davon singen, wenn mal wieder die passende Säule in der Nähe fehlt. Die Vorstellung, ganze Regionen würden länderübergreifend riesige und schier unendlich lange Tunnel mit tadellosem Vakuumverschluss bauen, mutet im Augenblick noch utopisch an.

In den Röhren selbst gibt es laut Experten ebenfalls viele Probleme. Selbst winzige Lecks im Vakuum würden die Höchstgeschwindigkeit maßgeblich verringern. Gerade die sind aber kaum zu verhindern, wenn wirklich Röhren gebaut werden müssen, die zwei- oder dreistellige Kilometerzahlen abdecken. Sowohl das Expansionsproblem als auch der Atmosphärendruck würden, so viele Experten, dem Vorhaben noch für viele Jahrzehnte komplett einen Strich durch die Rechnung machen. Dehnungsprobleme sind in vakuumfreien Räumen ein großes Problem: Tunnel würden sich je nach Wetter maßgeblich ausdehnen oder wieder verkürzen, die Varianz könnte Dutzende Meter ausmachen.

Der Atmosphärendruck indes wird vor allem für Passagiere zur Gefahr. Er kann zur Dekompression führen, die dann sofort für alle Passagiere tödlich wäre. Vereinfacht ausgedrückt, bringt der Hyperloop all die Gefahren, die der Weltraum bisher für sich beansprucht hat, auf die Erde. Gerade diese müssen aber in Kauf genommen und negiert werden, wenn der Hyperloop nicht einfach nur ein teurer, langsamer Zug mit eigener Infrastruktur sein möchte.

Hyperloops sind ein technologischer Dauerbrenner

Ganz so neu ist das oft Elon Musk zugeschriebene System übrigens nicht. Bereits in den 80er-Jahren wurde ein ähnliches System in der Schweiz (Swissmetro) anvisiert. Die Züge sollten Schweizer Großstädte miteinander verbinden und Passagiere mit bis zu 450 km/h von A nach B bewegen. Damals wurde das Projekt offiziell aus Kostengründen eingestellt – obwohl diese noch weitaus niedriger bemessen waren, als es ein echtes Hyperloop-System erforderlich machen würde.

Trotzdem sind Hyperloops nicht nur auf Wettbewerbe und Konzeptpapiere beschränkt. Europa konnte im Juli 2019 die Eröffnung der ersten eigenen Hyperloop-Röhre feiern, die sich im niederländischen Delft befindet, wo auch eines der am Wettbewerb teilnehmenden Teams herkommt. Betreiber ist das Unternehmen „HardtHyperloop“. Eine Fahrt mit Menschen an Bord ist natürlich auch da nicht möglich, zumal die Röhre nur 30 Meter lang ist. Sie simuliert auf diesen 30 Metern aber alle authentischen Bedingungen, die für die Forscher und Ingenieure wichtig sind, um weiter an großflächigen Hyperloops zu arbeiten. Unter anderem sollen in der Röhre Magnetschwebetechniken sowie Spurwechsel getestet und simuliert werden.

Ähnliche Vorhaben existieren in Hamburg, wo eine Teststrecke an einem Containerterminal im Hafen gebaut wird. Die Röhre soll bis 2021 fertiggestellt sein. Anders als bei den prominenteren Beispielen für den Hyperloop, steht hier aber nicht die Personen-, sondern die Güterbeförderung im Fokus. Fracht aus dem Hamburger Hafen soll so schneller abtransportiert werden – sofern sich die Röhre in der Zukunft einmal als praxistauglich erweist.

Aktuell noch reine Zukunftsmusik: Hyperloops brauchen noch lange zur Markttauglichkeit

Umweltfreundlich, für Passagiere günstig und rasant schnell, all das soll der Hyperloop einmal sein. Aktuell ist er nichts davon, auch weil das Konzept in den Kinderschuhen steckt. Selbst bei Musks Wettbewerb erhielten 80 % aller Teilnehmer keine Starterlaubnis, in der Praxis können Hyperloops aktuell nur auf sehr kurzen, kontrollierten Strecken stattfinden. Die Hürden auf dem Weg zum Mobilitätskonzept der Zukunft sind hoch und reichen von immensen Kosten bis hin zu lebensgefährlichen Bedrohungen für Passagiere. Erst wenn diese genommen sind, was noch Jahrzehnte dauern kann, würde ein Hyperloop tatsächlich zur Zug- und Flugalternative avancieren.

Die Fakultät für Luftfahrt, Raumfahrt und Geodäsie (LRG) wurde im Frühjahr 2018 als 15. Fakultät der Technischen Universität München gegründet. Von neuen Transportsystemen über Kommunikations- und Satellitentechnik bis zur Beobachtung und Vermessung des Planeten: Im Zusammenspiel mit den geodätischen Disziplinen wird die Luft- und Raumfahrt zu einer „Mission Erde“. Der Hauptsitz der Fakultät befindet sich in Taufkirchen/Ottobrunn. Viele Forschungsbereiche des Hyperloop-Programms sind auch in der Luft- und Raumfahrt zu finden, sodass Synergieeffekte erzeugt werden.

Zur Website des Hyperloop-Programms

Ein Beitrag von:

  • Sarah Janczura

    Sarah Janczura

    Sarah Janczura schreibt zu den Themen Technik, Forschung und Karriere. Nach einem Volontariat mit dem Schwerpunkt Social Media war sie als Online-Redakteurin in einer Digitalagentur unterwegs. Aktuell arbeitet sie als Referentin für Presse und Kommunikation beim VDI e.V.

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