In Singapur fahren die ersten Taxis ohne Fahrer
Ein kleines Start-up soll doch wirklich das erste Unternehmen der Welt sein, das selbstfahrende Taxis in den regulären Straßenverkehr mit echten Kunden bringt. Hinter „Nutonomy“ stehen allerdings auch renommierte Forscher und starke Investoren.
Ein Stadtviertel in Singapur: Bürotürme, breite Straßen, übersichtliche Kreuzungen, sehr brave Autofahrer und Fußgänger, die sich an alle Regeln halten. Hier rund um die U-Bahn-Haltestelle One-North passiert nur sehr selten etwas ganz plötzlich und unerwartet. Ideale Voraussetzungen, um autonome Fahrzeuge zu testen.
Das aus den USA stammende Unternehmen Nutonomy hat diesen Versuch jetzt mit so genannten Robo-Taxis gestartet. Einwohner Singapurs können sich für die Fahrt – in Begleitung eines menschlichen Aufpassers – bewerben, und wenn man den Videos des Unternehmens glauben soll, dann sind die alle auch ganz verrückt darauf. Mehr als begeisterte Menschen zeigen die PR-Filme allerdings auch nicht. Warum ist ausgerechnet das kleine Start-up das erste Unternehmen, das autonome Taxis auf die Straße schickt?
Nutonomy hat eigene Software entwickelt
Nutonomy spricht von besonders sensiblen Sensoren und Kameras sowie einer hoch entwickelten eigenen Software, die dies ermögliche. Die Firma hat einige kleine Elektroautos von Mitsubishi und Renault mit der entsprechenden Technik ausgestattet. In den nächsten zwei Jahren sollen im realen Verkehr nun weitere Erkenntnisse gesammelt werden, um dann sehr bald eine ganze Taxi-Flotte auf die Straße bringen zu können – und dann natürlich auch ganz ohne Fahrer, der in der Testphase noch notfalls eingreifen kann.
Insofern ist die Gretchenfrage bei den Nutonomy-Taxis dieselbe wie bei allen Tests mit autonomen Fahrzeugen: Wie zuverlässig funktionieren sie? Zuverlässig genug, um losgelassen zu werden?
Zu Details dieser und anderer technischen Fragen äußern sich die Entwickler bei Nutonomy nicht. Hinter der Firma stehen zwei Dozenten des renommierten Massachusetts Institute of Technology, die offenbar eine Reihe ehemaliger Studenten um sich versammelt haben. Während Emilio Frazzoli am MIT als Spezialist für Luft- und Raumfahrttechnik firmiert, gilt Karl Iagnemma als Experte für Robotik.
Firmenchef ist auch ein romantischer Erzähler
Dass Iagnemma in den USA auch bekannt ist als Autor romantischer Kurzgeschichten, in denen Roboter eine Rolle spielen, irritiert wahrscheinlich nur Europäer, die alten Ideen vom Habitus eines Gelehrten anhängen. Iagnemma jedenfalls leitet am MIT auch die Robotic Mobility Group, die in der Forschung zum autonomen Fahren interessante Ansätze verfolgt.
Einer davon ist der Versuch, automatische Navigation nach dem Vorbild des menschlichen Gehirns aufzubauen. Denn der Mensch, so die Grundthese, sucht sich im Straßenverkehr nicht zuerst einen ganz bestimmten Weg, sondern eine Art Sicherheitszone, in der er sich bewegen kann. Eine solche definierte Zone könnte auch die Basis autonomer Fahrzeuge werden.
Auch Ford arbeitet am autonomen Taxi
Know-how ist also im Hintergrund vorhanden, und Geld für die Entwicklung hat Nutonomy auch: Mit Kapitalgebern schloss das Unternehmen erst kürzlich einen Vertrag über 16 Millionen Dollar ab. Zwei Jahre sollen nun die Tests in Singapur laufen. Weitere Versuche werden auch in Europa und den USA unternommen, heißt es bei der Firma.
Man wird sehen, wer denn Wettlauf gewinnt, denn auch die großen Autobauer haben das Thema der autonomen Taxis inzwischen entdeckt. So hat Ford erst kürzlich angekündigt, schon in fünf Jahren fahrerlose Mietwagen auf die Straße zu schicken. Und zwar nicht testweise, sondern in Serie.
Ein Beitrag von: