Komfortable Elektroautos gewünscht
Autofahrer haben sich an hohen Komfort gewöhnt. Heizung, Klima- oder Stereoanlagen sind heute Standard. Unwahrscheinlich, dass es beim Wechsel zum Elektroauto zur massenhaften Askese kommt. Aber der Komfort schlägt mächtig auf den Geldbeutel. Energieeffiziente Lösungen müssen her.
Beim Verbrennungsmotor ist Wärme Abfall. Elektrisch musste bisher nur an kalten Tagen in der Startphase zugeheizt werden. Beim Elektroauto ist das anders. Hier wird Wärme zum kostbaren Gut, Kühlung zum Luxus und selbst bei Stereoanlage und Licht meint mancher Zeitgenosse, ein Schlürfen im Bereich der Batterie zu hören.
Das Schlürfen quantifizieren kann Jan Ackermann, Entwickler der IAV GmbH in Gifhorn. „Bei einem kleinen Elektroauto braucht es 4 kW Wärmeleistung, um den Innenraum von – 10 °C auf 25 °C aufzuheizen, anschließend seien dauerhaft 2 kW nötig, um die Temperatur zu halten und weitere Nebenverbraucher zögen gut 400 W Strom“, erklärte er auf dem Deutschen Elektro-Mobil Kongress in Bonn , den die IAV in Kooperation mit dem Hürther Nova-Institut am 8./9. Juni ausrichtete.
Elektroautos: Heizung, Klima, Licht & Co verbrauchen zusätzlichen Strom
Heizung, Klima, Licht & Co. verbrauchen in 3 h Fahrtzeit 7,2 kWh. Da Lithum-Ionen-Batterien nur teilentladen werden dürfen, müssen Autohersteller dafür Akkus mit weit mehr Energiegehalt einplanen. Laut Ackermann liegt der Faktor bei 1,56 – was auf 11,3 kWh allein für die Nebenverbraucher hinausläuft.
Bei Kosten von 250 €/kWh bis 300 €/kWh, die die Batteriehersteller mittelfristig anstreben, wäre mit etwa 3000 € zu rechnen, um die Energie für Komfort und Behaglichkeit an Bord eines Kleinwagens vorzuhalten. Damit ist noch nicht 1 km Reichweite an Bord.
Vor dem Hintergrund wird klar, dass energieeffiziente Klimatisierung das Gebot der Stunde ist. Denn Käufer von Elektroautos dürften es nicht akzeptieren, dass die ohnehin begrenzte Reichweite an heißen Tagen oder bei Frost einbricht. Ackermann: „Wir können nicht davon ausgehen, dass die Kunden bereit sind, auf Klimatisierung zu verzichten, nur weil sie ein Elektroauto fahren.“
Die Bedingungen, in denen sich Fahrzeuginsassen wohl fühlen, sind bekannt. Je nach Witterung und individuellen Vorlieben sollte es 18 °C bis 24 °C warm sein, eine relative Luftfeuchte zwischen 35 % und 75 % herrschen und wenn Luft mit über 0,4 m/s in den Innenraum strömt, fühlt sich das unangenehm zugig an.
Im Winter und selbst heißen Sommer sollten die Klimabedingungen schnell im Auto erreicht sein. „Wir haben es ja mit Kurzstreckenfahrzeugen zu tun“, gab der IAV-Ingenieur zu bedenken. Dennoch müsse geringer Dauerverbrauch gewährleistet sein, da in Ballungsräumen zwar mit kurzen Strecken, aber wegen der vielen Staus mit langen Betriebszeiten zu rechnen sei.
Individueller Energieeinsatz sollen Stromverbrauch in Elektroautos verringern
Um schnelle Behaglichkeit mit geringem Energieeinsatz zu erreichen, arbeitet die IAV an einem Lösungspaket. Leitgedanke: Wenn es individuelle Zuheizmöglichkeiten gibt, kann die mittlere Temperatur im Innenraum abgesenkt werden. Flächenheizungen in Lehnen und Sitzen, sowie im Fußraum und in den Innentüren wären so eine individuelle Lösung. „Um 0,5 m2 Fläche in 110 s von minus 20 °C auf 35 °C zu erwärmen, braucht es eine Leistung von 1 kW. Danach sind nur noch 150 W nötig, um die Temperatur zu halten“, so Ackermann. Und das nur, wenn der Sitz besetzt ist.
Neben Flächenheizungen muss es Lösungen für die Zuluft geben. Hier setzen die IAV-Ingenieure auf Wärmepumpen. Das derzeit favorisierte System verbindet den Kühlkreislauf der elektrischen Antriebskomponenten über einen Kältemittelkreislauf mit dem Heizkreislauf für den Innenraum. Die Abwärme von E-Maschine, Leistungselektronik und Batterie wird so zum Heizen genutzt.
Zum Kühlen des Innenraums reicht es, den Kreislauf in umgekehrter Richtung zu betreiben. Klingt simpel, ist aber im Systemaufbau komplex. Und laut Ackermann gibt es bei Ansprechzeiten und Energieverlusten noch einigen Entwicklungsbedarf. „Wir sind im Prototypenstadium“, sagte er. Erste Prüfstandsversuche seien aber vielversprechend.
Elektroautos müssen besser isoliert sein
Damit Wärmepumpen und Flächenheizungen ihr Potenzial ausspielen können, müssen auch die Karosseriebauer umdenken. Sie müssen Stromer besser isolieren als heutige Autos, um schnelles Auskühlen und Aufwärmen zu verhindern. Die IAV denkt dort an Sandwichbauweise, Spezialverglasung, Wärmerückgewinnung aus der Abluft sowie an eine Standbelüftung, die mit Solarzellen am Fahrzeug gespeist werden könne.
„An Ladestationen kann das Klima im Auto ohnehin stabil gehalten werden“, sagte Ackermann und kündigte an, dass die IAV die genannten Ansätze in den kommenden zwei bis drei Jahren Punkt für Punkt angehen werde. Dabei gehe es nicht nur um Stromer. „Auch in herkömmlichen Fahrzeugen sind neue Ideen gefragt, um den Energieverbrauch und damit den CO2-Austoß zu senken.“
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