Komplett recycelbar: Das Ökoauto aus Flachs und Zucker
Noch in diesem Jahr soll das erste Auto aus Flachs und Zucker seine Straßenzulassung bekommen: „Noah“ ist ein Elektroauto, dessen Karosserie komplett recyclebar ist. Die Entwickler der TU Eindhoven wollen beweisen, dass auch komplexe Strukturen aus nachwachsenden Rohstoffen gefertigt werden können, die vollständig wiederverwertbar sind.
Der Name „Noah“ erinnert nicht von ungefähr an den Retter in der Bibel. Wobei Noah in diesem Fall Held und Schiff in einem ist: Das Elektroauto, das eine Projektgruppe der TU Eindhoven noch in diesem Sommer präsentieren und bis Ende des Jahres in den regulären Straßenverkehr entlassen will, ist auf den ersten Blick ein Ökotraum: Fahrgestell, Karosserie und der gesamte Innenraum bestehen aus einem Verbundstoff, dessen Rohmaterial Flachs und Zucker sind. Zwei natürliche, nachwachsende Komponenten, die am Ende des Autolebens problemlos wiederverwendet werden können.
Die Studentengruppe hat schon einige ähnliche Modelle entwickelt, will aber mit „Noah“ nun den Beweis antreten, dass ein solches „Kreislaufauto“ tatsächlich für den Markt produzierbar ist, alle notwendigen Sicherheitsmerkmale erfüllt – und nicht zuletzt auch jene smarten Eigenschaften hat, die potenzielle Käufer von einem modernen Auto erwarten.
Reichweite von 240 Kilometern
Der Zweisitzer soll ganze 350 Kilo wiegen und mit einem rein elektrischen Antrieb ausgestattet sein. Mit einer Gesamtleistung von 15 kW sollen die beiden Motoren das Auto auf 100 km/h beschleunigen, die aktuell verfügbaren Akkus eine Reichweite von 240 Kilometern erzielen. Die Eindhovener planen aber angesichts der rasanten Entwicklung bei den Batterien den flexiblen Austausch gleich mit ein.
Damit „Noah“ nicht nur für Ökofreaks interessant wird, bekommt er aber noch ein paar schicke Features. So soll das Fahrzeug mit Near-Field-Communication ausgestattet sein, die ermöglicht, dass es jeden Nutzer schon beim Einsteigen etwa am Profil aus seinem Smartphone erkennt und die Einstellungen, etwa der Spiegel, an den Fahrer anpasst. Durch die NFC-Technik soll das Auto zudem auch leicht zugänglich und damit für den Carsharing-Markt interessant sein.
Und woher kommen die Rohstoffe?
Schon in ein paar Wochen wollen die Entwickler mit ihrem Fahrzeug auf Tour durch europäische Städte gehen. Vorerst bleiben sie indes noch einige Antworten schuldig. Wie haltbar ist das Composite-Material? Wie hoch sind die Kosten im Vergleich zu einem Standard-Fahrzeug? Und: Woher kommen die Rohstoffe? Bekanntlich ist auch der Anbau von Zucker nicht ohne ökologische Folgen, und gerade Flachs erfordert – jedenfalls bis dato – eine sehr aufwendige Verarbeitung, um aus dem Rohmaterial flexibel-feste Fasern zu gewinnen.
Nicht zuletzt müsste „Noah“ dann noch den Vergleichstest bestehen. Denn schließlich muss ein neues in der EU verkauftes Auto schon seit einigen Jahren zu mindestens 85 Prozent aus wiederverwertbaren Rohstoffen bestehen. De facto bleiben bei den fachmännisch ausgeweideten Altfahrzeugen heutzutage weniger als zehn Prozent des Materials für die Entsorgung übrig.
Der große Vorteil der niederländischen Erfindung könnte aber sein, dass sich das Auto viel schneller und einfacher zerlegen lässt. Und damit würde sich Recycling eher lohnen, auch im Vergleich zu der „Abschiebung“ von Rostlauben nach Afrika oder Osteuropa, die heute jedes Jahr zu Hunderttausenden verschifft werden – um in den Zielländern dann irgendwann eher nicht fachgerecht recycelt zu werden.
Ein spannendes Autoprojekt ist auch der e.Go Live der RWTH Aachen. Das Auto geht dieses Jahr in Serie.
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