Kreisrunde Start- und Landebahnen mit Flughafen in der Mitte
Warum müssen Start- und Landebahnen für Flugzeuge eigentlich immer kilometerlang geradeaus verlaufen? Könnte man Flugzeuge nicht viel sicherer auf kreisrunden Bahnen starten und landen lassen? Niederländische Ingenieure sind überzeugt: Das geht. Und es ist die Zukunft des Luftverkehrs.
Nein, es ist nicht der 1. April und die Ingenieure des Netherlands Aerospace Centre NRL meinen es wirklich ernst: Sie haben ein Konzept für einen Flughafen der Zukunft entworfen, dessen Start- und Landebahn in einem Ring um das Hauptgebäude und die Terminals führt.
Start und Landung an jedem Ort im Kreis
Warum? Solch ein Flughafen könnte den Simulationen zufolge deutlich mehr Flugzeuge bewältigen. Zugleich wäre er sicherer, weil die Flugzeuge dort landen und abheben können, wo es keinen Seitenwind gibt. Gerade böiger Seitenwind ist für startende und landende Flugzeuge ein großes Problem.
„Endless Runway“ heißt das von der EU geförderte Forschungsprojekt, an dem der Forscher Henk Hesselink mit seinem Team sowie Ingenieure des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt und weitere Wissenschaftler aus Frankreich, Spanien und Polen arbeiten. Die Idee eines runden Flughafens ist beeindruckend.
Bildet das Hauptgebäude eines Flughafens das Zentrum eines Kreises, der als Start- und Landebahn dient, ist der Weg zwischen Rollfeld und Terminals besonders kurz. Das spart Zeit und Geld und erhöht zugleich die Effektivität. Zudem können die Flugzeuge beim Starten und Landen Seitenwind vermeiden, weil sie an jedem Punkt des Kreises abheben und landen können. „Die Idee ist, dass jedes Flugzeug an jeder Stelle des Kreises aufsetzen und abheben kann“, so Hesselink.
Anwohner leiden weniger unter Fluglärm
Beim Starten beispielsweise würden sie an dem Punkt abheben, wo der Wind genau von vorne kommt und der Auftrieb am größten ist. So könnten die Flugzeuge auch optimal an Höhe gewinnen und die Lärmbelastung der Anwohner vermindern. Auch DLR-Forscher versuchen schon jetzt bei konventionellen Landebahnen durch optimierten, von einem Navi gesteuerten Sinkflug die Lärmbelastung zu senken.
Sind die Windverhältnisse optimal, ermöglicht die runde Bahn auch, gleich in die richtige Richtung starten zu können, ohne noch große Schleifen über Wohngebiete fliegen zu müssen.
Rollfeld 3,5 km im Durchmesser
Das runde Rollfeld hat es aber in sich. Der Durchmesser des Kreises beträgt 3,5 km, der Umfang erreicht also eine Länge von 11 km. Auf dieser Strecke halten es die Ingenieure für möglich, bis zu vier Maschinen gleichzeitig starten und landen zu lassen. Anders ausgedrückt: Der runde Airport erreicht die Kapazität eines konventionellen Flughafens mit vier Start- und Landebahnen, so die niederländischen Forscher.
Die enorme Ausdehnung des Kreises bedeutet auch, dass die Flugzeuge in der Brems- oder Beschleunigungsphase keine enge Kurve fahren müssen. Zudem soll die gesamte, 140 m breite Rollbahn nach innen geneigt sein, ähnlich den Kurven im Motorsport in den USA. Hesselink vergleicht die auftretenden Kräfte mit denen einer Kurvenfahrt in einem Zug.
Runder Flughafen verbraucht weniger Fläche
Die kompakte Bauweise des Flughafens könnte dazu führen, dass ein Flughafen bei gleicher Leistung nur ein Drittel der Fläche benötigt, so Hesselink in einem Interview mit der Zeitschrift International Airport Revue.
Allerdings dürften im Vergleich zu einem konventionellen Flughafen die Baukosten deutlich höher liegen. Denn zum einen ist die Start- und Landebahn mit 140 m Breite viel größer dimensioniert als heutige Rollbahnen. Außerdem erfordern die geneigten Fahrbahnen eine aufwendigere Konstruktion und größere Eingriffe in den Boden. Deshalb schätzen die niederländischen Forscher die Kosten im Vergleich zu einem konventionellen Flughafen auf das Anderthalbfache.
Aber funktioniert ein Flughafen mit kreisrunder Rollbahn? Derzeit simulieren die Forscher den Flugverkehr des Pariser Großflughafens Paris Charles de Gaulle, einem der größten Flughäfen der Welt, im Computer.
Erster runder Flughafen könnte 2050 in Betrieb gehen
Und wie realistisch ist die Idee eines runden Flughafens? Henk Hesselink rechnet damit, dass nicht nur technische Probleme zu lösen sind, sondern auch dicke Bretter gebohrt werden müssen. Denn die Idee ist einfach zu ungewöhnlich. Deshalb glaubt er, dass vielleicht 2050 der erste runde Flughafen in Betrieb sein wird.
Er will jedenfalls alles dafür tun, dass die Idee in die Tat umgesetzt wird. Und deshalb sind schon bald Versuche mit Groß-Drohnen vorgesehen, die die Landung von Flugzeugen auf schrägen Start- und Langebahnen testen sollen. Danach sind auch Testreihen mit Flugzeugen vorgesehen.
Ganz neu ist die Idee übrigens nichts. Schon in den 1960-er Jahren hat das US-Militär mit runden Start- und Landebahnen experimentiert. Die Idee wurde aber nicht weiterverfolgt.
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