Kreuzfahrtschiffe werden ein bisschen grüner
Nach Hamburg ist Kiel der zweite deutsche Hafen, der einen Landstromanschluss bekommt. Er kann gleichzeitig zwei Schiffe versorgen. Das reduziert die Schadstoffemissionen und den Lärm, denn es soll nur Ökostrom angeboten werden.
In Kiel entsteht der europaweit größte Landstromanschluss für Kreuzfahrtschiffe. Gleichzeitig können zwei dieser Riesen die Energie, die während der Liegezeit an Bord benötigt wird, an den Stromtankstellen abzapfen. Den mächtigen Dieselmotor, der normalerweise den Bordstrom erzeugt, kann der Kapitän abstellen. Das bedeutet weniger Kohlendioxid- und Stickoxidemissionen und die Lärmbelastung geht zurück. Bisher hat in Deutschland nur Hamburg einen solchen Anschluss, der probeweise Kreuzfahrtschiffe versorgt. Weitere Stationen sind geplant.
Nicht immer steht Windstrom zur Verfügung
Die Anlage, für die Siemens jetzt den Auftrag erhielt, hat eine Leistung von 18 Megawatt. Sie wird im Laufe dieses Jahres in Betrieb genommen. Es soll ausschließlich Ökostrom angeboten werden, in diesem Fall läuft es wohl weitgehend auf Windenergie hinaus. Der gesamte Norden Deutschlands ist ein Mekka für diese Art der Energieumwandlung, zumal es auch Windparks in Nord- und Ostsee gibt. Allerdings ist nicht immer sichergestellt, dass das Angebot an sauberem Strom reicht. Bei geringem Wind werden die Schiffe mit dem in Deutschland üblichen Strommix versorgt. Pro Kilowattstunde fallen dann rund 450 Gramm Kohlendioxid an.
Alle Schiffe benötigen, wenn sie im Hafen liegen, Strom, Kreuzfahrtschiffe besonders viel. Neben der Beleuchtung an Bord werden nahezu alle Räume klimatisiert. Dazu schlucken die Kühlaggregate eine Menge Strom, ebenso die Küchen. Insgesamt entspricht der Strombedarf dem eines großen Dorfes.
Alle zwei Tage stoppt ein Kreuzfahrtschiff in Kiel
Im Jahr 2018 liefen 32 verschiedene Kreuzfahrtschiffe den Kieler Hafen 174 Mal an. Einige davon waren bereits mit einem Landstromanschluss ausgestattet. Im ersten vollen Betriebsjahr (2021) sollen 60 bis 70 Kreuzfahrtschiffe Landstrom beziehen. Zusätzlich werden die Fähren der Stena Line, die zwischen Kiel und Göteborg in Schweden verkehren, täglich mit Landstrom versorgt. Die Fähren der Color Line beziehen bereits seit dem Frühsommer 2019 Landstrom in Kiel.
Noch in diesem Jahr werden die „AIDAbella“ und „AIDAluna“ während der Liegezeit probeweise mit Landstrom versorgt. Als zweite Reederei folgt TUI Cruises. Für Landstrom sind ferner Schiffe der Kiel anlaufenden Reedereien Hapag-Lloyd, MSC, Costa und Holland-America-Line gerüstet.
Auch Schiffe mit 60-Hertz-Netz werden versorgt
SiHarbour, wie Siemens seine Lösung nennt, ist vom öffentlichen Netz durch einen Transformator getrennt, damit eventuelle Störungen auf dem Schiff nicht aufs Landnetz durchschlagen. 75 % aller Schiffe haben ein 60-Hertz-Bordnetz, der Rest das in Europa übliche 50-Hertz-Netz. Um den passenden Strom anbieten zu können ist die Landstation mit zwei Frequenzumrichtern ausgestattet, die bei Bedarf 60-Hertz-Strom erzeugt. Transformatoren sorgen dafür, dass stets die richtige Spannung geliefert wird – Schiffe haben keine genormte Bordnetzspannung. Der Stecker, der in die Dose des Schiffes eingeführt wird, wird von einem mobilen Roboterarm zum Ziel gebracht.
Reedereien sind aufgeschlossen
Die Kreuzfahrtschiff-Reedereien sind der Landstromversorgung gegenüber durchaus aufgeschlossen, gelten die schwimmenden Hotels doch als starke Umweltverschmutzer. Bei vielen fehlt eine Rauchgasreinigungsanlage, und manche verfeuern noch Schweröl, das zu allem Überfluss noch Schwefel enthält, der als Schwefeldioxid in die Atmosphäre entlassen wird. In bestimmten Regionen, etwa in Nord- und Ostsee und an den Küsten Nordamerikas darf nur noch schwefelarmer Dieseltreibstoff verfeuert werden. Eine Pflicht, Landstrom zu nutzen, gibt es nicht überall, sodass die Kapitäne sich für die billigere Lösung entscheiden können. Die heißt meist Bord-Dieselgenerator.
Auch Frachtschiffe bekommen Landstrom
Auch Frachtschiffe können ans Landstromnetz angeschlossen werden. Cuxhaven betreibt beispielsweise eine solche Anlage. Außerdem sind zahlreiche Binnenhäfen am Rhein mit Landstromaggregaten ausgestattet. Für die Städte, die die Häfen betreiben, sind Landstromanschlüsse äußerst wichtig. Denn die Borddiesel gehören oft zu den schlimmsten Schadstoff-Emittenten.
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