Kultmarke Borgward kommt nach Bremen zurück
Der wiederbelebte deutsche Autohersteller Borgward baut eine Fertigung dort, wo er einst seinen Sitz hatte. Damit werden Pläne konkret, an die viele immer noch nicht glauben können: neue Borgwards aus Bremen.
Vor 55 Jahren krachte der damals drittgrößte deutsche Autobauer in die Pleite. Und das nur zwei Jahre nach einem absoluten Rekordjahr für Borgward, in dem mehr als ein Drittel der Produktion in die USA ging.
Bis heute glauben nicht wenige, dass das Unternehmen mit seinen Marken Borgward, Lloyd und Goliath überhaupt nicht konkursreif war, dass vielmehr nur der technikbegeisterte Firmengründer endgültig den Überblick über die Finanzen verloren hatte. 1,2 Millionen Autos hatte Borgward schon produziert, rund 22.000 Menschen arbeiteten hier. Die allermeisten davon in Bremen.
Als 1961 plötzlich Schluss war, erschütterte das die ganze Region. Und jetzt, jetzt soll der Schriftzug Borgward endlich wieder an einem Werk in Bremen oder Bremerhaven prangen. Manch älterem Einwohner entfährt da ein sentimentales Seufzen.
Borgward will an seinen alten Ruf anknüpfen
Waren ja auch nicht einfach Autos, die Borgwards. Man muss sich nur die Modelle von damals anschauen, vor allem die mit 200.000 Exemplaren meistverkaufte Isabella, dann fällt eines sofort auf: deutsche Ingenieurskunst, klar. Aber eben auch elegant, sportlich, komfortabel. Mehr als ein Kraftwagen, schon ein Statement. Und genau das sollen die Borgwards der neuen Generation auch sein, gebaut in Bremen. Oder jedenfalls: zusammengebaut in Bremen oder Umgebung.
Christian Borgward, Enkel des Firmengründers, ist erst nach dem Tod seines Großvaters geboren worden. Und doch hing er der Legende nach und arbeitete jahrelang an der Renaissance, bis schließlich das chinesische Unternehmen Foton die Markenrechte kaufte und vor allem das nötige Investorengeld mitbrachte.
Ein Werk in China wurde gebaut, und für das erste Modell BX7, einen mittelgroßen SUV, sollen laut Borgward bereits vier Monate nach dem Marktstart in China inzwischen 15.000 Vorbestellungen vorliegen, die Preise beginnen dort umgerechnet bei 23.000 Euro.
Mit elektrisch angetriebenen SUVs will Borgward auch auf dem europäischen Markt aktiv werden, dafür soll eben nun 2017 im Bremer Raum eine Fertigung entstehen, in der ab 2018 Bauteile und Baugruppen aus der chinesischen Fabrik zusammengesetzt werden. Hinzu kämen Teile von Zulieferern wie Continental, Schaeffler und Webasto, sagt Geschäftsführer Ulrich Walker.
Am neuen Standort ist im ersten Schritt eine Halle mit 10.000 Quadratmetern Grundfläche geplant, in der bis zu 10.000 Autos pro Jahr gebaut werden könnten. Zunächst sollen hier 50 bis 100 Menschen Arbeit finden. Die Fläche soll aber laut Walker groß genug sein, um die Kapazitäten auch jederzeit „dem Bedarf anpassen, also erhöhen“ zu können.
Das erste Modell aus Bremer Fertigung werde ein vollelektrischer BX7 sein, aber auch Elektro- und Hybrid-Versionen der Basis-Baureihe BX5 sollen später hier gebaut werden. Beim Thema E-Antrieb will Borgward mit Bosch und LG zusammenarbeiten.
Auch emotionale Gründe für eine Fertigung in Bremen
Die Entscheidung für Bremen habe durchaus rationale Gründe, sagt Walker: die Anbindung zum Überseehafen, eine hervorragende Zulieferindustrie und die gute Verfügbarkeit von Fachkräften. Aber es sei natürlich auch eine emotionale, symbolische Sache. „Wir stehen heute am Anfang einer erfolgreichen Kooperation zwischen Stadt, Land und Borgward“, sagte Walker jetzt. Nimmt man allein die Produktionsfläche als Maßstab, was natürlich nicht ganz fair ist, dann ist der Weg dahin allerdings noch weit: 1960 umfasste das Gelände in Bremen eine Million Quadratmeter.
Der Optimismus ist dennoch groß. Was aber soll eigentlich Kunden vom neuen Borgward überzeugen? Optisch unterscheiden sich die SUVs nicht so gewaltig von den Mitbewerbern. Und technisch? Der Hersteller wirbt für das Top-Modell BX7 mit dessen „innovativem Allradantrieb“, mit einem „fortschrittlichen Online-Kommunikations- und Entertainment-System“ und dem „intelligenten“ Sicherheitskonzept. Einzigartig zu sein, ist für Autobauer heute eben viel schwieriger. Bei der Isabella TS von 1955, da war das noch einfach. Die hatte einfach mal fast doppelt so viel PS wie die Konkurrenz. Und war schön.
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