E-Autos 16.02.2024, 13:00 Uhr

Ladeinfrastruktur für E-Autos: Potenziale von Mehrfamilienhäusern erschließen

Die Bundesregierung plant, bis 2030 die Anzahl der Elektrofahrzeuge in Deutschland auf 15 Millionen zu erhöhen. Dabei ist die Verfügbarkeit von Ladeinfrastruktur am Wohnort von entscheidender Bedeutung, wie eine Studie des Fraunhofer-Instituts zeigt.

Ladeinfrastruktur

Mehrfamilienhäuser als Schlüssel zur Elektrofahrzeug-Ladeinfrastruktur: Wie können sie die Mobilitätswende vorantreiben?

Foto: Fraunhofer ISE

Die Bundesregierung strebt bis zum Jahr 2030 eine Erhöhung der Anzahl von Elektrofahrzeugen in Deutschland auf 15 Millionen an. Aber: Neben der Verfügbarkeit passender und bezahlbarer Elektrofahrzeuge ist insbesondere die Ladeinfrastruktur am Wohnort von entscheidender Bedeutung. Eine neue Studie, durchgeführt von den Fraunhofer-Instituten ISI und ISE im Auftrag von Transport & Environment (T&E), untersucht die Bedürfnisse und Potenziale von Mehrfamilienhäusern und Nichtwohngebäuden für die Ladeinfrastruktur, insbesondere im Hinblick auf die geplante Novelle des Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetzes (GEIG). Die Studie warnt davor, dass bis 2030 eine bedeutende Lücke zwischen dem geplanten Ausbau und dem tatsächlichen Bedarf an Ladepunkten entstehen könnte.

Dringender Handlungsbedarf bei der Ladeinfrastruktur

Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass derzeitige Fahrzeugbesitzer in der Regel Zugang zu einem Stellplatz mit eigener Lademöglichkeit haben. Um die Einführung auf dem Markt zu beschleunigen, besteht jedoch insbesondere bei den etwa 3,5 Millionen Mehrfamilienhäusern – in denen etwa die Hälfte aller Wohnungen in Deutschland liegt – sowie den etwa 2 Millionen relevanten Nichtwohngebäuden wie Bürogebäuden, Supermärkten oder Parkhäusern dringender Handlungsbedarf. Nur wenn da auch entsprechende Ladeinfrastruktur borhanden ist und die Stromnetze möglichen Belastungen aufgrund hoher Ladeleistungen standhalten können, ist eine umfassende Wende hin zur Elektromobilität möglich.

Die durchgeführten Simulationen zeigen, dass es bis 2030 theoretisch ausreichen könnte, wenn für 20 Prozent der Elektrofahrzeuge in Mehrfamilienhäusern Ladepunkte vorgesehen werden. Vorausgesetzt, dass Stellplätze mit Ladeinfrastruktur vorhanden sind, diese gemeinsam genutzt werden können und dass nach Abschluss des Ladevorgangs der Platz sofort vom nächsten Fahrzeug genutzt oder Gebühren für blockierte Stellplätze erhoben werden. Die Autoren der Studie sehen diese 20 Prozent als untere Grenze des Bedarfs.

Diskrepanz zwischen dem Ausbau der Infrastruktur und dem Bedarf

Für das Jahr 2030 prognostizieren sie etwa 1,6 Millionen private Elektrofahrzeuge und Elektrodienstwagen in Mehrfamilienhäusern mit eigenen Stellplätzen. Laut dem Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz (GEIG) besteht jedoch lediglich bei größeren Renovierungen und Neubauten eine Verpflichtung zur Errichtung von Ladeinfrastruktur. Daher gehen die Autoren der Studie davon aus, dass bis 2030 in Mehrfamilienhäusern weniger als eine Million Ladepunkte installiert werden. Es wird also eine signifikante Diskrepanz zwischen dem Ausbau der Infrastruktur und dem Bedarf entstehen, wenn der Ausbau nur den gesetzlichen Mindestanforderungen folgt. Selbst bei einer möglichen Novellierung des GEIG mit anspruchsvolleren Vorgaben wird aufgrund der geringen Sanierungsrate in Deutschland nicht erwartet, dass diese Diskrepanz geschlossen werden kann.

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Der Bedarf an Ladeinfrastruktur für Nichtwohngebäude, bezogen auf die parkenden Elektrofahrzeuge, fällt im Vergleich zu Mehrfamilienhäusern geringer aus. Dies liegt daran, dass viele private und dienstliche Fahrzeuge voraussichtlich hauptsächlich zu Hause geladen werden. Es ist anzunehmen, dass Ladepunkte nach Abschluss des Ladevorgangs zumindest teilweise wieder freigegeben werden. Daher könnten Ladepunkte für 10 Prozent der Fahrzeuge, die Nichtwohngebäude ansteuern, ausreichen.

Die Bedeutung von Nichtwohngebäuden für die Elektrofahrzeug-Ladeinfrastruktur

Die Berechnungen im Rahmen des Projekts zeigen, dass bei einem Bestand von 15 Millionen Elektro-Pkw im Jahr 2030 und einem Ladevorgang pro Fahrzeug und Woche etwa 3 Millionen Fahrzeuge täglich in Nichtwohngebäuden geladen würden. Diese Gebäude sind daher von großer Bedeutung, da sie insbesondere für Bewohner von Mehrfamilienhäusern ohne eigenen Stellplatz oder Ladeinfrastruktur planbare Lademöglichkeiten bieten und gleichzeitig tagsüber solares Laden ermöglichen. Eine ehrgeizige Ausgestaltung der gesetzlichen Mindestmengen an Ladeinfrastruktur könnte hier dazu beitragen, die Lücke bei Mehrfamilienhäusern zu schließen.

„Es bleibt festzuhalten, dass zwischen den aktuell geltenden gesetzlichen Anforderungen bzw. den zukünftig geltenden Mindestanforderungen auf Basis der Novellierung der EU-Richtlinie und dem Bedarf an Ladeinfrastruktur in Mehrfamilienhäusern eine Lücke besteht. Eine ambitionierte Ausgestaltung des zukünftigen GEIG könnte diese Lücke verringern und somit die Nutzung und das Laden von E-Fahrzeugen für die Bewohner*innen deutlich erleichtern“, kommentiert Dr. Annegret Stephan, Studienautorin vom Fraunhofer ISI.

Ausbau der Netzinfrastruktur erforderlich

Friederike Piper, Referentin für E-Mobilität und Studienleiterin von T&E, erklärt, dass das GEIG derzeit nur bei größeren Renovierungen und Neubauten zur Errichtung einer Ladeinfrastruktur verpflichtet. Sie betont, dass diese Regelung Menschen, die in Mehrfamilienhäusern im Bestand leben, vor Herausforderungen stellt. Laut ihrer Aussage wird private Ladeinfrastruktur im Bestand zum Jahrhundertprojekt, wenn man nur auf Vorgaben bei Renovierungen setzt. Sie weist darauf hin, dass die Sanierungsrate in Deutschland nur bei einem Prozent liegt und dass die Hälfte aller deutschen Wohnungen sich in Mehrfamilienhäusern befindet. Sie betont, dass dies bei der Planung berücksichtigt werden muss, damit die Mobilitätswende erfolgreich ist, denn bei der Elektromobilität für die breite Bevölkerung gehe es nicht nur um günstige E-Autos, sondern auch um günstiges Laden.

Im Niederspannungsnetz ist in Zukunft mit einer zusätzlichen Belastung zu rechnen. Dies könnte zu einem erforderlichen Ausbau der Netzinfrastruktur für bereits stark beanspruchte Komponenten führen. „Diese kann dort, wo es schon heute starke Auslastungen gibt, einen Netzausbau erforderlich machen. Der Einsatz eines netzorientierten Lastmanagements könnte dabei Lastspitzen verringern und zeitlich verkürzen. Da die Elektrifizierung des Fahrzeugbestandes im Jahr 2030 noch immer steil anwachsen wird, ist für den Zeitraum nach 2030 mit weiteren Herausforderungen im Verteilnetz zu rechnen“, sagte Studienautor Dr. Matthias Kühnbach vom Fraunhofer ISE.

Ein Beitrag von:

  • Alexandra Ilina

    Redakteurin beim VDI-Verlag. Nach einem Journalistik-Studium an der TU-Dortmund und Volontariat ist sie seit mehreren Jahren als Social Media Managerin, Redakteurin und Buchautorin unterwegs.  Sie schreibt über Karriere und Technik.

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