Leitmarkt für Elektromobilität heißt vorerst China
Die internationalen Automobilhersteller zieht es an Chinas gut gefüllte Subventionstöpfe für Elektromobilität. Auch die deutschen Konzerne Daimler und Volkswagen werden sich dort engagieren. Neben bis zu 6000 € Förderung pro Fahrzeug könnte auch die weniger verwöhnte Kundschaft ein Grund für diesen Schritt sein. VDI nachrichten, Düsseldorf, 19. 3. 10, wop
„VW startet Elektro-Ära in China“, titelte die Financial Times Deutschland am 12. März. Aus dem Topmanagement hat das Blatt erfahren, dass Volkswagen dort in spätestens drei Jahren mit einem Elektroauto in Serie gehen und so von umgerechnet 6000 € staatlichem Anschub pro E-Mobil profitieren will. Auch Daimler ist in seiner Kooperation mit dem Batterie- und Autohersteller BYD auf dem Weg an Chinas Fördertöpfe.
Vertreter der Konzerne forderten wiederholt staatliche Anschubfinanzierung für Stromer und kritisierten das mäßige Förderengagement der Bundesregierung. „Wenn wir Elektrofahrzeuge wollen, führt in der Markteinführungsphase kein Weg an Incentivierung vorbei“, sagte Jürgen Leohold, Chef der VW-Konzernforschung, jüngst auf dem 7. Braunschweiger Hybrid-Symposium.
Wegen der Batteriekosten sei eine freie Vermarktung undenkbar, so Leohold. Was bisher an Förderung in Deutschland fließt, hält er angesichts der ambitionierten Pläne für unzureichend. In den USA, China und Frankreich gebe es 5000 € bis 6000 € Förderung je Elektroauto. Hierzulande seien es 45 €. Leohold: „Leitmarkt für E-Mobilität werden wir so ganz sicher nicht.“
Zu den EU-Klimaschutzplänen äußerte sich der VW-Forschungschef optimistischer. Das Flottenziel von 95 g CO2/km für alle EU-weit verkauften Neuwagen im Jahr 2020 sei machbar. Leohold: „Wir meinen, dass das technisch realisierbar ist.“ Wege zum Ziel seien neben effizienteren Verbrennern die stufenweise Elektrifizierung hin zu Plug-in-Hybriden und Elektroautos für Kurzstrecken, die „grünen“ Strom tanken müssten. Zudem brauche es CO2-arme Biokraftstoffe der 2. Generation und Biomethan.
Das Symposium verdeutlichte in unterschiedlichen Vorträgen, dass zur E-Mobilität geeignete Energiespeicher fehlen. Auch die vermeintlich fortgeschrittene Batterietechnik des Opel Ampera, der 2011 verkauft werden soll, scheinen mitnichten ausgereift.
Teure Akkus des Ampera werden im Betrieb nur zur Hälfte genutzt
Denn die Hälfte ihrer 200 Lithium-Ionen-Zellen dient als stille Reserve: Von 16 kWh Energiegehalt werden im Betrieb nur 8 kWh genutzt. Opel-Entwickler Andreas Dindorf begründete die Strategie mit der sonst sinkenden Lebensdauer.
Angesichts aktueller Batteriekosten von 300 €/kg und bisher erreichbarer Energiedichte von ca. 140 Wh/kg dürfte der Ampera die Hälfte seiner etwa 114 kg wiegenden Batterie zum Preis von circa 34 000 € als Puffer mitführen. 17 000 € für eine Reserve! Ein Modell für die Zukunft? – Geht es nach Amit Yudan von Better Place, setzt sich mittelfristig doch das Batterie-Wechselkonzept seines Unternehmens durch.
Yudan berichtete, dass man von der Idee eines herstellerübergreifenden Standardakkus abgerückt sei. Vielmehr sollen die Wechselstationen alle gängigen Akkus im Markt führen und auch der automatisierte Wechsel vom Typ unabhängig sein.
Ampera-Entwickler Dindorf überzeugt das System nicht. „Wegen der vielen Schnittstellen zwischen Batterie und Fahrzeug, zu denen auch Kühlkreisläufe gehören, sind Wechselsysteme schwer zu realisieren“, sagte er. Demnach müsste die Entwicklung auf fest installierte Batterien hinlaufen.
Opel will auf das Lithium-Ionen-Akkusystems des Ampera zehn Jahre bzw. 240 000 km Garantie geben. Im frühen Stadium der Technologie erscheint das gewagt, zumal andere Hersteller zugeben, dass die Lebensdauer der Hochspannungsbatterien für sie ein Mysterium bleibt. Sebastian Reischl, bei BMW Projektleiter für die Serieneinführung von Hochvoltbatterien, berichtete vom Ringen um eine Auslegung, bei der das Verhältnis von Preis, Gewicht, Leistung und Lebensdauer stimmt.
„Weil sich der Innenwiderstand der Zellen nicht beliebig senken lässt, muss für hohe Batterieleistung entweder der Strom oder die Spannung hoch“, erklärte Reischl. Mehr Strom erfordere jedoch dickere Kabel, was Kosten und Gewicht in die Höhe treibe. Der Weg führe eher in Richtung höherer Spannungen bis 600 V. Dafür fehlten aber noch großserientaugliche Lösungen. Zudem blicke man bisher in ein „schwarzes Loch“, wenn es um die kalendarische Lebensdauer der Batterien gehe.
Simulation unterschiedlicher Randbedingungen mit „virtuellen Batterien“
Reischl vermisst zuverlässige Alterungsmodelle und Simulationstools. Genau daran arbeitet Fraunhofer Forscher Peter Caselitz. Auf dem Symposium versprach er die baldige Verfügbarkeit „virtueller Batterien“, an denen der Betrieb bei unterschiedlichen Randbedingungen simuliert werden könne. Das ist auch deshalb wichtig, weil sich die zerstörende Prüfung der sündhaft teuren Akkus zu einem echten Kostenfaktor entwickelt – auch sei auf absehbarer Zeit kein Recyclingsystem in Sicht, erklärte Arno Kwade vom Institut für Partikeltechnik (iPAT) der TU Braunschweig. Das staatlich geförderte Projekt LithoRec, für das er sprach, stehe bei der Konzeptionierung von Trennverfahren und Logistik noch am Anfang. P. TRECHOW/WOP
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