Lithium-Luft-Batterien für mehr Elektromobilität
Lithium-Ionen-Batterien gelten als die großen Hoffnungsträger der Elektromobilität. Und das, obwohl Pkw mit ihnen bisher kleine Reichweiten erzielen und sie ein großes Gewicht auf die Waage bringen. Forscher der IBM wähnen sich allerdings schon einige Schritte weiter. Sie arbeiten an Lithium-Luft-Batterien, die eine deutlich höhere Energiedichte bieten sollen als Li-Ionen-Akkus.
Mehr Reichweite ist die wichtigste Vorgabe für die Entwickler. „Wenn es gelänge, eine Batterie mit etwa 500 Meilen bzw. 800 km Reichweite zu entwickeln, könnte man den Verbrennungsmotoren Paroli bieten und das zeitaufwendige Aufladen der Batterien weitgehend in die Nachtstunden verlagern“, erklärte Winfried Wilcke, Leiter der Forschungsabteilungen Nanoscales Science & Technology bei IBM in San José, Kalifornien/USA. „Die Batterie muss dann nicht unbedingt schnell ladefähig sein“, sagte er im Gespräch den VDI nachrichten. Das potenzielle Millionenheer der Elektromobile könnte in den nachfragearmen Nachtstunden geladen werden und brächte das Stromnetz auch nicht an die Kapazitätsgrenze.
Die als Ziel festgelegten 800 km Reichweite würden bei den Lithium-Ionen-Batterien aber einen Energiegehalt von etwa 150 kWh erfordern. Da ein Li-Ionen-Akku mit 50 kWh derzeit aber etwa 500 kg wiegt, würde sie mit 150 kWh hochgerechnet etwa 1,5 t wiegen.
IBM-Forscher untersuchen drei Alternativen: Zink-Luft-, Lithium-Schwefel- sowie Lithium-Luft-Batterien
Die Forscher bei IBM haben drei Alternativen von Hochvoltakkus für den reinen Elektroantrieb für Automobile untersucht: Zink-Luft-, Lithium-Schwefel- sowie Lithium-Luft-Batterien. Nach den vorgenommenen tiefgreifenden Analysen sehen die Wissenschaftler von IBM die Lithium-Luft-Batterie an erster Stelle, weil sie sich durch eine besonders hohe Energiedichte auszeichnet. Wilcke: „Wir erwarten in der Realität bei Lithium-Luft-Batterien eine Energiedichte von etwa 1 kWh/kg, was zu heutigen Li-Ionen-Akkus eine Steigerung um den Faktor 7 wäre.“
SB LiMotiv, das Batterie-Joint-Venture von Bosch und Samsung, bezifferte unlängst die Energiedichte für ihre Lithium-Ionen-Antriebsbatterien in Pkw mit reinem Elektroantrieb auf 110 Wh/kg, wobei diese 2012 auf 150 Wh/kg angehoben werden soll.
Man kann Lithium-Luft-Batterien, die den Reaktionspartner Sauerstoff aus der Umgebung nehmen, sowohl mit Wasser als auch mit organischen Lösungsmitteln bauen. IBM nutzt organische Lösungsmittel als Elektrolyt, ähnlich wie bei Lithium-Ionen-Batterien.
Während des Entladevorgangs der Hochvoltbatterie verbinden sich die Lithium-Ionen der Anode über eine wasserfreie organische Flüssigkeit – aprotischer Elektrolyt, beispielsweise Dimentoxane – mit Sauerstoff zu Lithium-Peroxid. Bei dieser Reaktion werden Elektronen freigesetzt, die als elektrische Energie zum Betreiben eines Elektroautos genutzt werden. Bei der Batterieaufladung wird die Lithium-Sauerstoff-Verbindung wieder gelöst, die Li-Ionen lagern sich an der Anode an. Der Sauerstoff wird wieder an die Außenluft abgegeben.
Großes Potenzial der Lithium-Luft-Batterie liegt in der Gewichtseinsparung
Das große Potenzial der Lithium-Luft-Batterie liegt in der Gewichtseinsparung in den „Parkhäusern“ – also in Anode und Kathode. Laut Wilcke bestehen sie in herkömmlichen Lithium-Ionen-Batterien gleichsam aus schweren Materialien: die Anode aus Graphit, die Kathode aus Oxiden von Übergangsmetallen – etwa Kobalt, Mangan oder Eisen.
Die Wissenschaftler bei IBM ersetzten in der Lithium-Luft-Batterie diese Strukturen auf der Anodenseite durch ein Lithium-Metallstück und an der Kathode durch leichte Nanostrukturen aus Kohlenstoff, die beide deutlich leichter sein. Auf diese Weise wäre eine Lithium-Luft-Batterie etwa nur ein Zehntel so schwer und würde als 150-kWh-Einheit etwa 150 kg wiegen.
Die Forscher müssen an der Lithium-Luft-Batterie jedoch noch einige Herausforderungen bewältigen. Etwa den Ladeprozess, der derzeit noch zu langsam abläuft. Um ihn zu beschleunigen, sucht IBM nach geeigneten Katalysatoren. Dennoch dürfte nach Meinung von Wilcke ein Akku mit diesem Energiegehalt auch in Zukunft nicht in wenigen Stunden aufzuladen sein.
Kopfzerbrechen bereitet den Forschern auch noch die geringe Leistungsdichte der derzeitigen Lithium-Luft-Batterie. „Sie muss bis Serienreife noch wesentlich erhöht werden“, gab Wilcke unumwunden zu. „Hier hat die Lithium-Ionen-Batterie die Nase vorn, sie kann in gleicher Zeit wesentlich mehr Energie abgeben, was bei Elektrofahrzeugen für dynamische Beschleunigungsvorgänge eine wichtige Rolle spielt.“
Eine mögliche Serienreife sieht Wilcke frühestens um 2020. Bis Ende 2013 will IBM wenigstens den Übergang von der Grundlagen- und Werkstoffforschung hin zur eigentlichen Entwicklungsarbeit schaffen. Danach soll zusammen mit einem Automobilpartner ein erster großer Batterienprototyp entstehen, der in einem Fahrzeug erprobt werden kann.
Serienreife der Lithium-Luft-Batterie bis 2020 möglich
Für die Vermarktung einer vielleicht 2020 serienreifen Lithium-Luft-Batterie für Elektrofahrzeuge sieht IBM, so Wilcke, mehrere Wege. Fest stehe lediglich, dass das Unternehmen nicht als Batterieproduzent auftreten werde. Möglich sei hingegen die Zusammenarbeit mit Partnerunternehmen bis hin zur Serienreife der Lithium-Luft-Batterie. Das schließt die Unterstützung eines industriellen Partners bei den Prozessen, der Technik und der Fahrzeugintegration unter Umständen mit ein. Eine andere Möglichkeit wäre die Vergabe von Lizenzrechten.
IBM sei mit diesem Prinzip vertraut und erwirtschaftet laut Wilcke weltweit mehr als 1 Mrd. $ Umsatz mit Lizenzrechten. Beispielsweise hat IBM spezielle Herstellungsverfahren für die nur wenige Nanometer dünnen Leiterbahnen von Chips entwickelt, die von Chipherstellern in Lizenz genutzt werden.
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