Mehr Feingefühl: Neues Radarsystem macht autonomes Fahren sicherer
Das Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM hat sich mit autonomem Fahren beschäftigt. Herausgekommen ist ein neues KI-gestütztes Radarsystem, das für mehr Sicherheit sorgt und zudem günstiger als bisherige Lösungen sein soll.
Durch die umfassende Radarkompetenz des Fraunhofer IZM soll die Sensorik für das autonome Fahren in Zukunft nicht nur kostengünstiger, sondern auch deutlich leistungsfähiger werden. Gemeinsam mit führenden Industriepartnern wurde ein innovatives Radarsystem entwickelt, das eine außergewöhnliche Trennschärfe von unter einem Grad und einen Erfassungswinkel von 180 Grad aufweist. Das hat den großen Vorteil, dass weniger als die Hälfte der herkömmlichen Radarsensoren an einem Fahrzeug angebracht werden müssen. Möglich machen das eine geschickte Kombination neuartiger Elektronik- und Gehäuselösungen sowie der Einsatz künstlicher Intelligenz zur Auswertung der Radarsignale.
Ab 2030 mehr Neuwagen mit Autopilot unterwegs
Einfach Ziel eingeben, anschnallen und zurücklehnen, während das Fahrzeug mühelos und autonom durch die Straßen navigiert: Dank stetiger technologischer Fortschritte und sich ändernder rechtlicher Rahmenbedingungen zeichnet sich ab, dass autonome Mobilität schon bald auf Europas Straßen Einzug halten wird. Die einen freuen sich darauf, die anderen wollen sich die Freiheit, selbst das Steuer in der Hand und den Fuß auf dem Gaspedal zu halten, nicht nehmen lassen.
Auch wenn die Einführung des autonomen Fahrens in den vergangenen Jahren nur schrittweise erfolgte, deuten Analysen auf einen bevorstehenden Wandel hin: Ab 2030 soll die Zahl der Neufahrzeuge mit mindestens einer Pilotfunktion auf Autobahnen und Landstraßen deutlich steigen. Dies ist das Ergebnis einer Studie, die Prognos im Auftrag des ADAC erstellt hat. Wir müssen daher damit rechnen, dass die Fahrt mit dem Pkw immer weiter automatisiert wird.
Weitere Forschung notwendig
Bis im Jahr 2030 die Anzahl der autonom fahrenden Autos ansteigen kann, wartet jedoch noch einiges an Arbeit. Expertinnen und Experten aus Forschung und Industrie sind in der Pflicht, die Erkennungssicherheit von automatisierten Fahrzeugen weiter zu verbessern. Die integrierten Sensorsysteme müssen äußerst zuverlässig bei der Erfassung der Umgebung agieren, um selbst kleinste Objekte im Umkreis von mindestens 100 Metern rund um das Fahrzeug präzise erkennen zu können.
Darüber hinaus ist eine präzise Unterscheidung zwischen Menschen, Tieren und anderen Gegenständen von größter Bedeutung, um die Sicherheit auf höchstem Niveau zu gewährleisten. Einen Schritt in Richtung mehr Sicherheit beim autonomen Fahren hat nun das Fraunhofer IZM vollzogen, indem Sie ein neues Radarsystem entwickelt haben, das mit Hilfe von KI arbeitet. Dass es zusätzlich noch kostengünstiger ist als bisherige Systeme, macht es doppelt wertvoll.
Neues Radarsystem misst genauer
Mit dem Ziel, zukünftige Fahrzeuge sicherer und autonomer durch den Straßenverkehr zu führen, hat das Fraunhofer IZM in Zusammenarbeit mit der InnoSenT GmbH, der KSG GmbH, der Creonic GmbH und der Universität Bielefeld im Projekt KI-Radar ein neuartiges Sensorsystem entwickelt. Dieses Sensorsystem besitzt eine Trennschärfe von unter einem Grad und einen großen Erfassungswinkel von 180 Grad.
Im Vergleich dazu erreichen heutige Radarsensoren lediglich eine Trennschärfe von zwei Grad bei einem Erfassungswinkel von 90 Grad. Durch die Entwicklung des neuen Radarsystems konnte somit die Winkelauflösung und der Erfassungsbereich verdoppelt werden. Dies eröffnet die Möglichkeit, Objekte, die sich in einem Abstand von weniger als einem Grad zueinander befinden, klar und eindeutig voneinander zu unterscheiden und zu detektieren.
KI-Algorithmen halfen bei der Entwicklung
Um die Grenzen heutiger Radarsysteme zu überwinden und einen weiteren großen Schritt in Richtung autonomes Fahren zu machen, musste sich das Forscherteam etwas einfallen lassen. Schließlich sollten die neuen Systeme zusätzlich einen Winkelbereich von idealerweise 90 Grad abdecken. Um den Erfassungsbereich der Radarsysteme auf die bisher unerreichten 180 Grad zu erweitern, setzten die Forscher dreidimensionale Antennenstrukturen ein. Die Herausforderung dabei war, dass bei einem größeren Erfassungsbereich die sensorische Detailgenauigkeit leiden kann.
Dennoch gelang es den Forschern, die hohe Winkelauflösung der Radarsysteme trotz des erweiterten Sichtfeldes beizubehalten. Dr. Christian Tschoban, Projektverantwortlicher und Gruppenleiter am Fraunhofer IZM, erläutert die Grundidee: „Geholfen haben uns die KI-Algorithmen: Mit ihnen konnten wir die Messwerte einzelner Radarsensoren koppeln und so die Winkelauflösung entscheidend erhöhen“.
Neues Radarsystem erfolgreich getestet
Nach Fertigstellung der Einzelkomponenten durch die Projektteilnehmer wurden zwei Demonstratoren entwickelt und ausgiebig getestet. Besonders hervorzuheben ist der Technologiedemonstrator, der mit seinen 3D-Antennen und der integrierten KI seine Leistungsfähigkeit bereits in ersten Tests unter Beweis gestellt hat. Mit einem Winkelauflösungsvermögen von weniger als einem Grad hat er sich als äußerst zuverlässig in der Detektion erwiesen.
In einer späteren Phase, kurz vor Abschluss des Projekts, setzten die Forscher den zweiten Funktionsdemonstrator realen Bedingungen aus. An einem Fahrzeug montiert, erkannte er zuverlässig Hindernisse auf der Fahrbahn.
Der erweiterte Erfassungsbereich der neuen Radarsensoren ermöglicht es, die Anzahl der benötigten Sensoren pro Fahrzeug drastisch zu reduzieren. Statt der bisher üblichen rund 16 Radarsensoren pro Fahrzeug sind nun nur noch sechs Sensoren notwendig, um eine 360-Grad-Erfassung mit dem geforderten Sicherheitsniveau zu gewährleisten. Dadurch können die Herstellungskosten der Radarsysteme auf weniger als die Hälfte reduziert werden, so das Forschungsteam in einer Pressemitteilung.
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