Mit Dedave vom Fließband die Tiefsee erforschen
Die Tiefsee: Kaum zu glauben, dass sie schlechter erforscht ist als der Mond. Damit wir schon bald mehr wissen von den Tiefen mit der ewigen Dunkelheit haben Fraunhofer-Forscher ein kleines U-Boot entwickelt, das nicht nur in bis zu 6000 m Tiefe autonom agiert. Es soll sogar in Serie gehen.
Die Tiefsee ist nicht nur für Forscher interessant: Ölfirmen suchen dort nach neuen Lagerstätten und Rohstoffkonzerne nach wertvollen Mineralien, die man künftig durch Meeresbergbau gewinnen will. Hinzu kommen Tausende Kilometer Pipelines und Unterwasserkabel, die gewartet werden müssen.
Zwar gibt es bereits seit Jahren autonome Unterwasserfahrzeuge, kurz AUV, mit denen das Meer erkundet wird. Sie gleiten kabellos und selbstständig durch die Tiefe, sammeln Beobachtungsdaten und kehren von allein zum Forschungsschiff zurück. Aber: Es handelt sich dabei um teure Einzelanfertigungen. Kompliziert gebaut und schwierig zu handhaben. Meist ist ein Schiffskran nötig, um sie zu Wasser zu lassen. Das soll sich ändern.
Autonomes U-Boot Dedave ist robust
Dedave haben die Fraunhofer-Forscher ihr Gefährt genannt und finden, dass es vom Aussehen ein wenig an ein Space Shuttle erinnert. Robust, leicht und leistungsfähig: So beschreiben die Forscher der Institute für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB in Ilmenau und Karlsruhe das von ihnen entwickelte autonome Unterwasserfahrzeug. Es ist das erste seiner Art, bei dem von Anbeginn der Planung konsequent die spätere Fertigung in Serie berücksichtigt und vorbereitet wurde.
Herausgekommen ist ein 700 kg leichtes und mit 3,5 m Länge platzsparendes Gerät. Ein klarer Vorteil, denn an Bord eines Schiffes werden AUV in Überseecontainern gelagert. Für gewöhnlich findet darin nur eines Platz. „Wir hingegen können gleich vier unterbringen“, sagt Projektleiter Prof. Thomas Rauschenbach. Kommen gleich vier der Unterwasserroboter zum Einsatz, können in sehr viel kürzerer Zeit größere Meeresgebiete untersucht werden als bisher.
Trotz seiner geringen Größe bietet das Unterwasserfahrzeug viel Platz für die Zuladung. Die Ladebucht ist etwa einen Meter lang, so dass gleich mehrere Sensoren für die Erkundung des Meeresbodens hinein passen.
Schlanke Kabelleitung vom Auto abgeguckt
In dem autonomen Wasserfahrzeug hat das Team um Rauschenbach Technologien eingebaut, die man bei der Konstruktion von AUV bislang nicht berücksichtigt hat. Vorbild war die Technik im Auto: Um den bisher üblichen Kabelsalat zu vermeiden, der häufig zu Störungen führt, wurde ein CAN-BUS-System installiert. Das ist eine schlanke Kabelleitung, an die sich sämtliche Steuergeräte und Elektromotoren koppeln lassen. „Viele Experten, die uns besuchen, sind erstaunt, wie aufgeräumt es im Dedave aussieht“, sagt Thomas Rauschenbach.
Weniger ist hier mehr: Durch die geringe Zahl an Kabeln und Anschlüssen werden Defekte vermieden. Zudem lassen sich an den standardisierten CAN-BUS schnell und einfach neue Module, Sensoren oder Prüfgeräte für Tests koppeln.
Einfacher und schneller Batteriewechsel
Das Unterwasserfahrzeug wird mit acht Batterien betrieben, die je 15 kg wiegen. Eine Batterieladung reicht für bis zu 20 Stunden Fahrzeit. Dann lassen sie sich dank eines Schnellverschlusses mit wenigen Handgriffen auswechseln. Ebenso wie die Datenspeicher. Damit entfällt das mühsame Herunterladen der gesammelten Beobachtungsdaten, wie es bei bisherigen AUV üblich ist. Diese Zeit lässt sich auf See besser nutzen.
Mehrwöchiger Abschlusstest in Spanien
Die Software für das ausgeklügelte Batteriemanagement wurde am Fraunhofer-Institut für Silziumtechnologie ISIT in Itzehoe entwickelt. In den kommenden Wochen wird Dedave in Zusammenarbeit mit dem Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und mit einer spanischen Forschungseinrichtung vor Gran Canaria mehrere Wochen lang in der Tiefsee getestet.
Und dann soll es an die Produktion gehen. Dafür wird eine eigene Firma aus dem Fraunhofer IOSB ausgegründet. Experten aus der Automobilindustrie wurden bereits engagiert, um die Serienfertigung technisch vorzubereiten.
Die Geomar-Ingenieure sind echte Spezialisten: Sie unterstützen auch die Suche nach der verschollenen Boeing 777 von Air Malysia (Flug MH 370).
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