Musk baut Tunnel für Turbobus zum Flughafen Chicago
Einen Hyperloop für Busse, die 200 km/h schnell sind, wird der Unternehmer Elon Musk zwischen der City und dem Flughafen Chicago bauen. Die unterirdische Hochgeschwindigkeitsbahn soll die Fahrtzeit gegenüber dem Zug von 40 auf 12 Minuten verkürzen. Der Zeitplan ist ambitioniert. Bereits in drei Jahren sollen die ersten an gläserne Kleinbusse erinnernden Vehikel Fahrt aufnehmen.
Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen: Wenn dieses Bonmot des früheren Bundeskanzlers Helmut Schmidt stimmt, dann wäre Tesla-Chef Elon Musk Dauergast im Wartezimmer seines Hausarztes. Denn nach der Tesla-Vision von der schnellen und reichweitenstarken Elektromobilität und der SpaceX-Vision einer privaten Raumfahrt zielt seine neueste Vision in die Tiefe der Erde. Musk will mit seiner Ende 2016 gegründeten Firma „The Boring Company“ – der Name ist ein lustiges Wortspiel aus langweilige Firma und bohrende Firma – ein riesiges Untergrundnetzwerk aus Tunneln errichten, die in bis zu 30 Schichten über- und untereinander verlaufen. „Wir haben Wolkenkratzer mit all ihren Stockwerken“, sagte Elon Musk der Nachrichtenagentur Bloomberg. „Aber unser Straßensystem ist flach und eindimensional.“
Hochgeschwindigkeitsbahn soll Chicagos Innenstadt mit Flughafen verbinden
Nun kann Musk beweisen, dass seine Vision auch in der Wirklichkeit funktioniert. Die Stadt Chicago hat die Musk-Firma beauftragt, über eine Röhre die Innenstadt von Chicago mit dem O’Hare International Airport zu verbinden. Die Strecke ist rund 27 Kilometer lang.
Die Stadt Chicago drückt dabei ordentlich aufs Tempo. Die Arbeiten an der „Chicago-Express-Loop“ genannten Hochgeschwindigkeitsbahn sollen innerhalb der nächsten zwölf Monate beginnen und in weniger als drei Jahren abgeschlossen sein. Laut Elon Musk können die für den Chicago-Express-Loop ausstehenden Aufsichts- und Umweltgenehmigungen in drei bis vier Monaten erteilt werden.
Bisher keine ausgewiesene Expertise im Tunnelbau
Fakt ist: Eine ausgewiesene Expertise im Bau von Tunneln kann Elon Musk und „The Boring Company“ bisher nicht vorweisen. Bislang bohrt Musk lediglich auf einem Parkplatz gegenüber des Hauptquartiers seines Weltraumunternehmens SpaceX in Hawthorne Los Angeles. Allerdings führt dieser Tunnel nirgendwo hin, denn für weitläufigere Experimente wären zahlreiche Genehmigungen nötig.
Bei den Bohrexperimenten kommt eine Tunnelbohrmaschine des deutschen Herstellers Herrenknecht zum Einsatz. Soviel ist sicher: Die Ingenieure von Herrenknecht verstehen ihr Handwerk, denn sie sind überall auf der Welt mit ihren imposanten Maschinen erfolgreich unterwegs. So wurde auch der Gotthardtunnel mit den Maschinen von Herrenknecht gebohrt – Millimeter genau und pünktlich.
Fahrscheine kosten zwischen 20 und 25 Dollar pro Fahrt
Die Realisierung der unterirdischen Hochgeschwindigkeitsbahn wird rund eine Milliarde US-Dollar verschlingen. Finanziert wird das aus zwei Tunnelröhren bestehende Projekt dabei vollständig von „The Boring Company“. Musk betonte, dass er kein Problem sehe, Investoren für das Projekt zu finden.
Elon Musks Firma wird das unterirdische Nahverkehrssystem selbst betreiben. Einnahmen sollen nicht nur über den Fahrpreis von 20 bis 25 Dollar pro Fahrt generiert werden. In den Fahrzeugen soll Werbung für zusätzliches Einkommen sorgen, zudem soll es in den Wagen digitale Einkaufsmöglichkeiten für die Passagiere geben, die über Touchscreens im Fahrgastraum abgewickelt werden können.
Nur 12 Minuten Fahrtzeit
Viel Zeit zum stöbern in Online-Shops haben die Passagiere auf ihrer rasanten Fahrt zum Flughafen allerdings nicht. Denn die elektrisch betriebenen Fahrzeuge, die ein wenig an gläserne Kleinbusse erinnern, rasen mit gut 200 km/h durch den Tunnel. Dadurch schrumpft die Fahrtzeit von heute 40 Minuten mit den Zügen der Blue Line der Hoch- und U-Bahn von Chicago auf in Zukunft nur noch zwölf Minuten mit dem Chicago-Loop-Express.
Elon Musk will ein dicht getaktetes Netz seiner Elektrofahrzeuge realisieren. Die gläsernen Kleinbusse sollen an jedem Wochentag 20 Stunden lang fahren. Alle 30 Sekunden soll sich ein gläserner Wagen auf den Weg machen. Jedes Fahrzeug kann dabei zwischen 8 und 16 Menschen transportieren. Technisch basieren die Elektrobusse auf einem modifizierten Chassis des Elektroautos Model X.
Forderung nach einer öffentlichen Anhörung
Der Chicago-Express-Loop findet allerdings nicht nur begeisterte Fans, sondern ruft auch Kritiker auf den Plan. So fordert Alderman Scott Waguespack, der noch viele offene Fragen sieht, dass die unterirdische Hochgeschwindigkeitsbahn einer öffentlichen Anhörung unterzogen werden sollte. Er bezweifelt, dass der Chicago-Express-Loop den gut 2,7 Millionen Einwohner der drittgrößten Stadt der Vereinigten Staaten viel Nutzen bringt. „Bürgermeister Emanuel stellt die Interessen von Milliardären und großer Konzerne vor die sehr realen und unmittelbaren Bedürfnisse von Chicagos Steuerzahlern und Vierteln“, sagt der Lokalpolitiker Waguespack. In seinem Wahlkreis liegt der O’Hare Airport, einer der mit fast 80 Millionen Fluggästen pro Jahr meistfrequentierten Flughäfen der Welt.
Der Chicagoer Bürgermeister Rahm Emanuel hält dagegen. Er sagt, dass der Chicago-Express-Loop gemeinsam mit der 8,5 Milliarden Dollar schweren Expansion des Flughafens die Stadt für künftige Generationen stärke. Der Bürgermeister, einst unter Barack Obama Stabschef des Weißen Hauses, glaubt an Elon Musk und dessen Fähigkeiten, Projekte voranzutreiben. „Wir wetten auf einen Kerl, der nicht gerne verliert“, sagte er der „Chicago Tribune“ zufolge. „Es fahren Teslas auf den Straßen. Er hat Space X zusammengefügt. Er hat einiges bewiesen.“ Soweit stimmt das: Zum Arzt braucht Elon Musk ganz sicher nicht zu gehen. Außerdem entsteht gerade in Frankreich eine echte Teststrecke des Hyperloop.
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