Neue Autokennzeichen: Welche mittelgroßen Städte profitieren?
Mehr als 320 mittelgroße Städte in Deutschland könnten bald eigene Autokennzeichen erhalten. Das soll die lokale Identität stärken. Doch wie realistisch ist das Vorhaben?
Autokennzeichen begleiten uns auf jeder Fahrt, doch für viele sind sie mehr als nur eine Identifikationsnummer. Sie sind Symbol der Heimatverbundenheit und ein Stück lokaler Identität. Ein neues Vorhaben könnte bald vielen Städten in Deutschland die Möglichkeit bieten, eigene Kennzeichen zu verwenden. Doch wie realistisch ist das? Welche Städte sind betroffen? Und was wäre nötig, um diese Idee in die Tat umzusetzen?
Inhaltsverzeichnis
Das Vorhaben im Detail
Der Vorschlag, der auf den Tisch gekommen ist, betrifft über 320 mittelgroße Städte in Deutschland. Diese Städte haben bislang keine eigenen Ortskennungen. Professor Ralf Bochert von der Hochschule Heilbronn, Experte für Destinationsmanagement, sieht hier eine Chance, die lokale Identität zu stärken. Laut Bochert sei das Autokennzeichen „ein wichtiges Mittel im Stadtmarketing“. Städte könnten sich mit eigenen Kürzeln besser präsentieren und die Zugehörigkeit ihrer Einwohnerinnen und Einwohner fördern. Es ginge dabei weniger um Bürokratie, sondern vielmehr um ein Symbol der Heimat.
Bochert betont: „Es ist ein kleines, aber nettes Thema. Natürlich haben die Kommunen größere Sorgen, aber hier geht es ausnahmsweise mal ums Herz, um Identifikation und Heimat.“
Regionale Kennzeichen – Ein bekanntes Konzept?
Das Konzept der regionalen Kennzeichen ist in Deutschland nicht neu. Bereits 2012 gab es eine Liberalisierung der Kennzeichenvergabe. Seitdem können sich Autofahrende in einigen Regionen zwischen verschiedenen alten Kennzeichen entscheiden, die früher durch Gebietsreformen verschwanden. Ein Beispiel: Im Bodenseekreis gibt es neben dem Kürzel FN (Friedrichshafen) auch ÜB (Überlingen) und TT (Tettnang). In anderen Regionen sind altbekannte Kennungen ebenfalls zurückgekehrt.
Wichtig dabei: Diese Regelung betraf bislang ausschließlich ausrangierte Kennzeichen. Ganz neue Ortskürzel sind nur in Ausnahmefällen möglich. Hier setzt der neue Vorschlag an, der für 320 Städte eine Erweiterung der bisherigen Praxis fordert.
Welche Städte könnten profitieren?
Im aktuellen Entwurf von Professor Bochert geht es um Städte mit mehr als 20.000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Einige dieser Städte fühlen sich durch das Fehlen eigener Kennungen im Nachteil, insbesondere im Bereich Marketing. Ein paar der vorgeschlagenen neuen Kennzeichen sind:
- BEN – Bensheim (Hessen)
- BUX – Buxtehude (Niedersachsen)
- DOM – Dormagen (Nordrhein-Westfalen)
- GMR – Germering (Bayern)
- NOS – Norderstedt (Schleswig-Holstein)
- HZA – Herzogenaurach (Bayern)
- RAD – Radebeul (Sachsen)
- TEL – Teltow (Brandenburg)
- WIE – Wiesloch (Baden-Württemberg)
Insgesamt sind 320 Städte im Gespräch. Besonders die Frage nach lokaler Identität spielt hier eine große Rolle. Viele Bürgerinnen und Bürger wünschen sich, dass ihre Stadt auf den Straßen erkennbar wird. Hier geht es zur vollständigen Liste.
So soll das mit der Einführung klappen
Die Einführung eines neuen Kennzeichens ist recht unkompliziert. Ein Land stellt beim Bundesverkehrsministerium einen Antrag auf Änderung der Fahrzeugzulassungsverordnung. Anschließend geht dieser Antrag in den Bundesrat. Laut Bochert sei der Vorgang einfach: „Im Prinzip muss man nur zwei Sätze streichen und ergänzen, dass weitere Kennzeichen möglich sind. Dann ist das Ding durch.“
Nach diesem Schritt müssten die Länder die neuen Kennungen beim Bund anmelden. In der Praxis würden solche Anträge oft auf Wunsch eines Landkreises gestellt. Ein Kreistagsbeschluss oder eine Entscheidung des Landrats sei oft nötig. „Ob die Städte eine eigene Kennung bekommen, hängt letztlich von der politischen Situation vor Ort ab“, erläutert Bochert.
Wie groß sind die Chancen?
Die Idee, neue Kennzeichen für Städte einzuführen, stößt vielerorts auf positive Resonanz. Zahlreiche Bürgermeisterinnen und Bürgermeister haben bereits ihr Interesse bekundet. So sagte Dormagens Oberbürgermeister Erik Lierenfeld: „Es sind zwar nur zwei oder drei Buchstaben, doch diese Buchstaben zeigen, wo man herkommt, wo man hingehört.“
Auch aus der Politik gibt es Unterstützung. Oliver Luksic, Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, erklärte, dass man den Wunsch nach mehr lokaler Verortung „wohlwollend prüfen“ werde.
Kritische Stimmen
Nicht alle sehen den Vorschlag positiv. Der Landkreistag äußerte Bedenken. Deren Präsident Achim Brötel sagte: „Es gibt wesentlich dringlichere Probleme, die unsere gesamte Aufmerksamkeit und Kraft erfordern.“ Zudem sehe er keinen Mehrwert in der Einführung neuer Kennzeichen. Stattdessen warnt er vor einem unnötigen Mehraufwand durch eine „Zersplitterung der Kennzeichenlandschaft“. (mit dpa)
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