BMW stellt Produktion komplett um: „Vollkommen neue Möglichkeiten“
Die Digitalisierung soll bei BMW die Autoproduktion deutlich effizienter gestalten. Ziel ist es, alle Prozesse virtuell zu planen. Die Fabrik von morgen lässt sich dadurch simulieren und sogar ein Abbild an Vertragspartner weiterreichen. Das dürfte auch zu erheblichen CO2-Einsparungen führen.
Am Computer ist es leicht, Fabriken passgenau zu planen und umzugestalten, insofern es die Prozesse erfordern – zumindest, wenn alle notwendigen Informationen hinterlegt sind. Im besten Fall lassen sich sogar verschiedene Varianten testen, um das optimale Fabriklayout zu finden. Dieses Prinzip nimmt in der Industrie 4.0 immer mehr Gestalt ist. BMW hat jetzt angekündigt, es zu perfektionieren. Die BMW Group will bis Anfang nächsten Jahres weltweit für jedes Fahrzeugwerk einen digitalen Zwilling erschaffen, also ein virtuelles Abbild, mit dem sich die realen Gegebenheiten am Computer nachvollziehen lassen.
„Wir eröffnen uns dadurch vollkommen neue Möglichkeiten, sowohl umfangreiche Neuplanungen, als auch kleinere Umbauten in bestehenden Strukturen hoch effizient, präzise und flexibel umzusetzen“, sagt Michele Melchiorre, Leiter Produktionssystem, Planung, Werkzeug- und Anlagenbau der BMW Group.
Wie digital-fit ist Ihr Unternehmen?
BMW hat bereits Millionen von Quadratmetern für digitale Zwillinge erfasst
Tatsächlich ist BMW schon längst dabei, die Daten der eigenen Werke zu erfassen. Ein wichtiger Partner ist dabei das Münchner Start-up NavVis, das sich im Bereich Reality Capturing und Digital Twins einen Namen gemacht hat. Über mobile 3D-Laserscanner fertigen die Mitarbeitenden fotorealistische Panoramabilder der BMW-Werke an, Grundrisse und Punktwolken. Wichtig ist dabei, dass die Aufnahmen jedes Detail erfassen. Die kleinste Nische wird gescannt, bis sämtliche Gebäudestrukturen, Anlagen und Außenbereiche als Datensätze vorliegen.
Seit November 2020 haben die Beschäftigten von NavVis bereits mehr als vier Millionen Quadratmeter Innenbereiche sowie neun Millionen Quadratmeter Außenbereiche der Werksflächen gescannt. Neben tragbaren mobilen Scan-Systemen setzten sie Drohnen ein. Für das Werk im US-amerikanischen Spartanburg, das Stammwerk in München und das Werk in Regensburg liegen bereits vollständige digitale Zwillinge vor.
Digitalisierung wird ausgebremst: Was Unternehmen jetzt tun müssen
Mehr als 15.000 Mitarbeitende der BMW Group können jetzt auf diese Daten zugreifen und sie mit der Software BMW Factory Viewer betrachten und beispielsweise spezifische Punkte der Produktion vermessen. Zudem ist es möglich, einzelne Bereiche aus den 3D-Scans zu kopieren, um sie zum Beispiel externen Lieferanten zur Verfügung zu stellen.
Virtuelle Planung in Echtzeit – an Standorten auf der ganzen Welt
Das Praktische an den mobilen 3D-Scannern ist die kurzfristige Einsatzmöglichkeit. Beschließt BMW beispielsweise, in einem Werk kleine Umbauten vorzunehmen oder sogar das Fabrik-Layout umfangreich anzupassen, kann NavVis einen sogenannten Re-Scan-Prozess durchführen, um den digitalen Zwilling an die veränderte reale Welt anzupassen. Langfristig sollen das sogar autonome Scan-Roboter übernehmen, die vollständig autark die Daten aktualisieren. Dafür setzt die BMW Group unter anderem auf den selbst entwickelten Smart Transport Robot (STR) des BMW Group Tochterunternehmens IDEALWORKS.
Ein wichtiger Aspekt bei der Digitalisierung der Produktion ist die virtuelle Planung. BMW möchte alle Prozesse am Computer planen können. Dank der Virtualisierung soll das in Echtzeit über verschiedene Orte und unterschiedliche Zeitzonen hinweg möglich werden. „Die Produktionsplanung kann das virtuelle Produkt frühzeitig in die virtuelle Fabrik integrieren. Dadurch reduzieren sich der Planungsaufwand und die Investitionen, gleichzeitig erhöhen sich die Effizienz der Prozesse und die Stabilität im Anlauf“, glaubt Melchiorre.
BMW simuliert schon jetzt Prozesse in künftigen Werken
Mit den virtuellen Zwillingen soll die Fabrikplanung auf ein neues Niveau gehoben werden. Alle Expertinnen und Experten des Unternehmens könnten die Werke virtuell besuchen und Fertigungssysteme in der simulierten Welt gemeinsam entwickeln. Es soll auch möglich sein, Best-Practice-Vergleiche durchführen. „Auf dieser Basis planen und entwickeln wir unser neues Fahrzeugwerk im ungarischen Debrecen“, sagt Melchiorre: „Bereits heute, rund drei Jahre vor Serienstart, sind wir in der Lage, die Kernprozesse in unserem zukünftigen Werk virtuell zu simulieren.“
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