VW Golf verliert Pole Position in Europa
Der VW Golf hat schon viele Generationen auf der Straße begleitet. Doch nun ist das Modell von Volkswagen entmachtet. Seit Februar 2020 zählt ein Franzose zu den meistverkauften Autos in Europa.
Der VW Golf ist nicht länger die Nummer 1 in Europa. Wie die Beratungsagentur Jato Dynamics berichtet, wurden im Februar 2020 24.735 Exemplare des Kompaktklassikers in den EU- und Efta-Staaten neu zugelassen. Das entspricht einem Rückgang um 21 %. Platz 1 eroberte der Renault Clio.
Trotz eines Rückgangs um 4 % liegt der Clio mit 24.914 Exemplaren europaweit ganz vorne. Mit einem Plus von 7 % legten Peugeot 208 und Opel Corsa ebenfalls zu. Auf Platz 5 folgte der Fiat Panda mit 17.680 Verkäufen, was einem Plus von 10 % entspricht.
Diesen Februar wurden 1.063.264 Autos neu zugelassen – ein Rückgang von 7 % gegenüber dem Vergleichsmonat 2019. Grund dafür kann die Coronakrise sein, so Jato Dynamics.
Bestseller seit 1974
Von dem Bestseller VW Golf VII wurden seit 1974 mehr als 29 Millionen Einheiten gebaut. Er führte stetig die Spitze der deutschen Zulassungsliste an. Während in der Vergangenheit vor allem der Opel Kadett/Astra mit dem Golf konkurrierte, gibt es jetzt viele ernsthafte Wettbewerber. Fest steht: Der Golf VII ist größer, leichter und sparsamer als sein Vorgänger.
Hochfeste Stähle machen den VW Golf VII leichter
Insbesondere die Verwendung hochfester Stähle – rund 25 % der Rohkarosse bestehen aus ultra-hochfesten, warm umgeformten Stählen, knapp 15 % aus höchstfestem Stahl – macht die Kompaktlimousine im Vergleich zum Vorgänger um bis zu 100 kg leichter. In der 7. Golf-Generation soll das Leergewicht bei 1150 kg liegen.
Bei den Sitzen, Motoren und der Elektrik haben die VW-Ingenieure ebenfalls abgespeckt. Gleichzeitig wächst der VW Golf in der Länge um knapp 6 cm auf 4,25 m. Optisch haben die Designer das Blechkleid behutsam weiterentwickelt. Im Innenraum wird es etwas mehr Platz geben. Das Gepäckraumvolumen steigt um 30 l auf 380 l an.
Neues Fertigungsprinzip senkt Produktionskosten des Golf VII
Beim Golf VII setzt der Konzern den „modularen Querbaukasten“ (MQB) ein. Beim MQB hat der Motor stets die gleiche Einbaulage und Architektur. Ebenso hat die Antriebswelle zum Motor die gleiche Position und die Lenkung zum Vorderrad. Zudem ist die Aufbaufolge der Karosserie definiert. Mit dem Konzept will VW bis zu vierzig Konzernmodelle, die quer eingebaute Motoren aufweisen, mit Gleichteilen bedienen.
Vor allem die Produktionskosten werden dadurch gesenkt. Ulrich Hackenberg, VW-Entwicklungschef, beziffert die Einsparung der „Einmal- und Stückkosten auf 20 %“. Außerdem verringern sich die „Fertigungszeiten um 30 %“. Insgesamt haben die Wolfsburger rund 2 Milliarden Euro investiert, sie rechnen aber schon mit Einsparungen von etwa 1 Milliarden Euro im kommenden Jahr. Bis 2017 will Hackenberg die Baukastenstrategie, die Qualitätsprobleme mit fehlerhaften Teilen noch schwerer verzeiht, weltweit umsetzen.
Neue Technologien hat VW schon sukzessive vor allem im Antriebsbereich eingesetzt. Dazu zählt der 103-kW-Benziner mit Direkteinspritzung und Zylinderabschaltung, der jetzt im Golf einzieht. Auf der Dieselseite ersetzt der jüngst im Audi A3 vorgestellte 2,0-l-Motor mit 110 kW den 103-kW-Vorgänger. Der 118-kW-Benziner mit Turbo-Kompressor-Aufladung (TSI Twincharger) soll künftig im Golf-Programm gestrichen werden. Alle neuen Aggregate müssen sukzessive die Euro 6-Norm einhalten können. Flottenversuche mit Plug-in-Hybrid und Elektroantrieb laufen schon lange bei VW, in der kommenden Generation erwarten Insider ein zeitnahes Angebot für die Golf-Kunden.
VW Golf VII verbraucht deutlich weniger Sprit
Die Verfolger, darunter die neue Mercedes A-Klasse, will Wolfsburg nicht zuletzt mit einer deutlichen Reduzierung beim Verbrauch und Schadstoffausstoß abwehren. Demnach sinkt der Spritverbrauch um bis zu 23 %. Bei den Benzinern soll die sparsamste Version nur 4,8 l/100 km, bei den Dieselmotoren lediglich 3,3 l/100 km im genormten Mix konsumieren. Dem Greenpeace-Sprecher Wolfgang Lohbeck ist dies noch zu viel. Nach Berechnung der Umweltschützer seien beim Diesel 2,9 l/100 km zu erreichen.
Aufgerüstet wird der Golf mit Fahrerassistenzsystemen: Die inzwischen im Kompaktsegment angekommenen Hilfen bei der Spurhaltung und Warnung vor Überholenden im toten Winkel gehören genauso dazu wie die Verkehrszeichenerkennung und der radargestützte Abstandsregel-Tempomat. Als weitere Option gibt es den Notbremsassistenten für den Stadtverkehr.
Infotainment im Golf VII
Weiterentwickelt wird im Golf VII auch die Infotainment-Technik. Der modulare Infotainment-Baukasten (MIB) erlaubt marken- und baureihenübergreifend eine Elektronikstruktur. Anders als im Schwestermodell Audi A3 ist der Bildschirm im VW Golf berührungssensibel ausgelegt. Der Monitor lässt sich optional um Komponenten wie Navigation, Digitalradio oder Echtzeit-Verkehrsinformationen aufstocken.
Als Nächstes werden die Nachfolger von Seat Leon und Skoda Octavia auf dem MQB aufbauen. Seat wird den Leon etwas kantiger als bisher und ein paar Zentimeter kürzer zeichnen. Der Octavia der dritten Generation wird erstmals in drei Karosserievarianten kommen und soll deutlich bei den Verkaufszahlen zulegen. Das nächste angepeilte Ziel heißt schließlich, jährlich über 10 Millionen Fahrzeuge aus dem VW-Konzern auszuliefern.
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